Ziegler-Keramik und Industriegeschichte im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen
In seiner aktuellen Sonderausstellung rollt das Museum zu Allerheilligen in Schaffhausen ein Stück Schweizer Industriegeschichte auf: Sie ist der Tonwarenfabrik Ziegler gewidmet, deren Keramiken während über 100 Jahren kaum aus Schweizer Haushalten wegzudenken waren.
Quelle: Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesamt für Kultur, Gottfried Keller-Stiftung, Bern
Ab 1860 verband ein Holzsteg das Areal auf Schaffhauser Boden mit jenem am zürcherischen Ufer des Rheins, der Steg sollte bis 1943 bestehen bleiben. (Aquarell aus dem Jahr 1861 von Emanuel Labhardt, 1810-1874)
Alles begann mit dem Winterthurer Industriellen Jakob Ziegler: 1828 pachtete er die Ziegelhütte der Stadt Schaffhausen, am westlichen Ende des Mühlenen-Quartiers. Allerdings beschränkte sich der umtriebige Geschäftsmann nicht auf die im Pachtvertrag vereinbarte Produktion von Ziegeleiwaren und führte bald ein breites Sortiment: chemische Gefässe, Baukeramik, Sanitärkeramik aber auch Koch- und Gebrauchsgeschirr. Daneben bot die Tonwarenfabrik Ziegler auch Exklusiveres für das elegante Heim, zum Beispiel Imitationen des schwarzen, englischen Wedgwood-Geschirrs, auch «black basalt ware» oder «schwarzes Steingut» genannt.
Firmenareal in Schaffhausen und Zürich
Das Geschäft blühte. Und so expandierte Ziegler 1831 ans genüberliegende zürcherische Rheinufer, nach Furlingen, wo er seine Fabrik um einen Gebäudekomplex mit Wasserkanal und Kraftwerk erweiterte. Als der Industriepionier der er war, steckte er auch stets viel Energie in Erfindungen und in die Forschung. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung eines Schiesspulvers «ohne Explosionsgefahr». Allerdings kam es bei einem der Versuche mit dem Sprengstoff in seinem Haus in Winterthur zu einem Unfall, bei dem eine Hausangestellte ums Leben kam. In der Folge wurde Ziegler wegen fahrlässiger Tötung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, er starb aber noch vor Antritt der Strafe, am 18. Januar 1863.
Quelle: Jürg Fausch, Museum zu Allerheiligen
Kaffeeservice mit Umdruckdekor um 1870-1910,
Neben der vielfältigen Firmengeschichte stellt die Ausstellung vor allem die Keramiken ins Zentrum und präsentiert Höhepunkte aus der eigenen Sammlung von rund 1'600 Ziegler-Keramiken aus den Anfängen des Unternehmens bis in die Siebzigerjahre. Ergänzt werden die Exponate mit Einzelstücken aus öffentlichen und privaten Sammlungen. Dabei geht es allerdings nicht nur um den Wandel von Ästhetik und die Design, sondern auch um die Entwicklung innovativer Produkte, umd neuartige Herstellungstechnologien und Arbeitsprozesse.
Kunst und Keramik
Die Tonwarenfabrik Ziegler beschäftigte schon früh eigene Fabrik-Modelleure, gleichzeitig pflegte man den Austausch mit Künstlern. Das gilt für die künstlerische Zusammenarbeit mit dem Schaffhauser Bildhauer Johann Jakob Oechslin (1802-1873) die 1838 ihren Anfang nahm und rund 25 Jahre dauern sollte.
Oechslin schuf herausragende Terrakotta-Arbeiten. Eine davon ist der Figurenfries von 1846 für das Basler Museum aus der Feder von Melchior Berri an der Augustinergasse, der vermutlich in Schaffhausen gebrannt worden ist. Der Berri-Bau gilt als erstes eigentliches Museum von Basel, heute ist hier das Naturhistorische Museum untergebracht. Oechslin gestaltete auch Medaillons, Portraitbüsten und Skulpturen berühmter Persönlichkeiten. Auch Jakob Ziegler liess hatte sich von ihm in Ton verewigen.
Quelle: Jürg Fausch / Museum zu Allerheiligen
Johann Jakob Oechslin verewigte um 1846 den Firmengründer Jakob Ziegler mit einem Medaillon.
Im 20. Jahrhundert florierte die «Kunstabteilung» unter Gustav Spörri (1902-1976). Die Firmenleitung hatte Spörri 1949 wegen zunehmender Konkurrenz aus dem Ausland als Leiter einer neu aufzubauenden Kunstabteilung verpflichtet, die er mit seinem charakteristischen Stil prägen sollte. Er entwarf Formen und Dekore, die nach seinen Vorlagen vervielfältig wurden, aber auch zahllose Einzelstücke, die heute begehrte Sammlerobjekte sind. (mai/mgt)
Ziegler-Keramik - Begehrte Schaffhauser Tonwaren 1828-1973 bis 9. Juli
Öffnungszeiten von Dienstag bis Sonntag jeweils von 11 bis 17 Uhr
Weitere Informationen auf www.allerheiligen.ch
Quelle: zvg, Museum zu Allerheiligen
Der Künstler Gustav Spörri im Jahr 1956 bei der Arbeit.
Quelle: Ruedi Habegger, Museum zu Allerheiligen
Henkelvase von Gustav Spoerri, polychrom glasiert, um 1959, ,
Quelle: Jürg Fausch, Museum zu Allerheiligen
Briefbeschwerer von Johann Jakob Oechslin, um 1840.
Quelle: Stadtarchiv Schaffhausen
Blick ins Malatelier der Tonwarenfabrik Ziegler, um zirka 1928.
Quelle: Jürg Fausch (Foto), Museum zu Allerheiligen
Eine Seite aus einem Warenkatalog aus der Zeit zwischen 1915 und 1926, sie dokumentiert, wie gross die Auswahl an Formen und Dekoren von Vasen, Schalen, Wandteller und Übertöpfen damals gewesen ist.
Quelle: Jürg Fausch (Foto)
Werbeteller "Ziegler'sche Thonwarenfabrik Schaffhausen", Steingut mit Schablonendekor, um 1900,