17:05 VERSCHIEDENES

Zentrum für Architektur Zürich: Ein Hauch Berliner Luft

Teaserbild-Quelle: Silva Maier

In der Villa Bellerive am Zürichsee ist das Zentrum für Architektur Zürich eingezogen: Es ist als Forum für Themen wie Architektur und Raum gedacht. Den Anfang macht eine Ausstellung über den Berliner Architekten Alfred Breslauer, aus dessen Feder die Villa stammt.

Villa Bellerive

Quelle: Silva Maier

In der Villa Bellerive befindet sich heute das Zentrum für Architektur Zürich.

Bis vor Kurzem war in der Villa Bellerive am Zürichhorn eine Dependance des Zürcher Kunstgewerbemuseums untergebracht. In den Räumen des nur wenige Meter vom Seeufer entfernten, herrschaftlichen Hauses fanden jeweils Designausstellungen statt. Nun ist hier das Zentrum für Architektur Zürich (ZAZ) eingezogen. Es soll als Forum zu den Themen Stadt, Architektur, Raum sowie Umwelt dienen und ist sowohl als Veranstaltungs- als auch Ausstellungsraum gedacht.

Den Anfang macht die Ausstellung «Zürich-Berlin, Geschichte der Villa Bellerive»: Sie ist dem Berliner Architekten Alfred Breslauer und seiner Tochter, der Fotografin Marianne Breslauer, gewidmet. Obwohl das Gebäude eigentlich als Werk des Architekten Erhard Gull gilt, sind sie beide Teil der Geschichte der Villa. Erhard Gull war der Sohn des Stadtbaumeisters und ETH-Professoren Gustav Gull. Gustav Gull hat die Architektur Zürichs zu seiner Zeit massgeblich geprägt. Aus seiner Feder stammen verschiedene öffentliche Bauten, wie das Landesmuseum, das Stadthaus oder die Amtshäuser an der Uraniastrasse.

Mondänes Berlin

Sein Sohn Erhard führte hingegen mehrere Male die Entwürfe anderer Architekten aus. Dies gilt auch für die Villa Bellerive: Gemäss neuesten
Erkenntnissen geht sie auf Entwürfe von Alfred Breslauer zurück. Er hatte sich mit seinem Büro in Berlin und Umgebung auf Villen und Landhäuser in spezialisiert und war damit äusserst erfolgreich. Seine Aufträge reichten weit über Deutschland hinaus. Wie viele Villen Alfred Breslauers hat auch die Villa Bellerive eine grosszügig dimen­sionierte Wohnhalle mit Kreuzgewölbe, mit Freitreppe und Kamin. Im eher linken Zürich um1930 waren eine solche Architektursprache aber auch die an aristokratische Vorbilder angelehnten Räume beinahe anachronistisch.

So geht es in der Schau auch um die Villenproduktion von Breslauers Büro, das wegen seiner Auftraggeber auch für eine untergegangene jüdische Welt steht. Breslauer selbst war 1938 nach St. Gallen emigriert. Ein Jahr später zog seine Tochter Marianne mit ihrem Gatten nach Ascona und liess sich später in Zürich nieder. Im Fokus der im ZAZ ausgestellten Fotografien stehen die Berliner Jahre, in welchen sich Marianne Breslauer mit Reisereportagen und Portraits einen Namen als Fotografin gemacht hatte. Damit thematisiert die Ausstellung auch das mondäne Berlin während des Endes der Weimarer Republik und stellt es in Bezug zu Zürich, konkret zum Haus und seiner Bauherrschaft.

Bei der Villa Bellerive handelt es sich eigentlich um die «Villa Bloch-Sulzberger», die während zehn Jahren von einer vierköpfigen jüdischen Familie und ihrem Hauspersonal bewohnt worden war. Bauherr war der Zürcher Textil­kaufmann Julius Bloch-Sulzberger (1883 – 1941). Nach dem zweiten Weltkrieg hatte das Haus verschiedene Mieter, bevor es 1958 an die Stadt Zürich verkauft wurde, die hier eine Filiale des Museums für Gestaltung einrichtete.

Der Geschichte lauschen

Das Schicksal der Bewohner bildet den Ausgangspunkt des Hörspiels von Andreas Liebmann, dem man im Obergeschoss lauschen kann. Zur Geschichte der Villa kommt eine weitere Zeitachse hinzu, die dem Wohnen am See nachgeht. So stand von 1675 bis 1924 an der Stelle der Villa Bellerive das Haus «Seeweid»: Es war das Gutshaus der Familie Landolt. Und im 19. Jahrhundert wurde es zum Schauplatz von Ida Bindschedlers Jugendroman «Die Turnachkinder im Sommer».(mai/mgt)

Zürich-Berlin, Geschichte der Villa Bellerive bis 4. November
Zentrum für Architektur Zürich
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag, 14 bis 18 Uhr
Weitere Infos: https://zaz-bellerive.ch

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