09:48 VERSCHIEDENES

«Wir schaffen Schnittstellen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik»

Geschrieben von: Claudia Porchet (cet)
Teaserbild-Quelle: FRZ

Rahel Kindermann Leuthard leitet die FRZ Flughafen­region Zürich seit einem Jahr. Den Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln und die Mitglieder noch stärker miteinander zu vernetzen, ist ein zentrales Anliegen der erfolgreichen Geschäftsführerin. Den Zeitgeist hat die High-Performerin schon längst erkannt: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Leadership, Mobilität sowie Alters- und Gender-Diversity sind weitere Bereiche, die sie zusammen mit dem FRZ-Vorstand als Schwerpunktthemen festgelegt hat.

Rahel Kindermann Leuthard FRZ

Quelle: FRZ

Die FRZ-Geschäftsführerin Rahel Kindermann Leuthard bleibt trotz des Trubels gelassen und fokussiert.

Rahel Kindermann Leuthard, Sie sind nun seit einem Jahr Geschäftsführerin der FRZ Flughafenregion Zürich. Was bereitet Ihnen dabei die grösste Freude?

Die vielen Begegnungen sind bereichernd und gewinnbringend für unsere unterschiedlichen Mitglieder und Stakeholder. Auch mir machen diese Treffen grosse Freude. Ebenso begeistern mich unsere zahlreichen Events und Formate. Damit möchten wir unseren Mitgliedern neue spannende Inhalte vermitteln. Und toll ist natürlich die Arbeit mit einem schlagkräftigen starken Team und dem FRZ-Vorstand!

Was fordert Sie bei Ihrem Job am meisten heraus?

Das Grösse des Gebiets und die beiden unterschiedlichen Bereiche, die wir in unseren Namen aufgenommen haben: «FRZ Flughafenregion Zürich, Wirtschaftsnetzwerk & Standortentwicklung» sowie 800 Stakeholder aus der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Da braucht man einen klaren gemeinsamen Blickpunkt am Horizont! Diese Vielseitigkeit bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich, eröffnet aber auch enorme Chancen.

Als ich im Herbst 2022 zur Nachfolgerin des erfahrenen Geschäftsführers Christoph Lang bestimmt wurde, war mir bewusst, worauf ich mich einlasse, da ich die Organisation während meiner langjährigen Tätigkeit bei der Flughafen Zürich AG bereits kannte. Die Zeit bis zu meinem Amtsantritt nutzte ich unter anderem, um mit dem Vorstand an der Strategie und an unserem Purpose zu arbeiten.

In einem Workshop mit dem Vorstand legten wir beispielsweise die strategische Aus­richtung der Organisation fest und definierten für meine Amtszeit sechs Schwerpunktthemen.

Welche wären das?

Diese umfassen den «Digital Hub», den regionalen Knotenpunkt unserer digitalen Infrastruktur. Auch sehen wir uns der ökologischen und sozialen Nachhal­tigkeit sowie der Alters- und Gender-Diversität verpflichtet. Weiter fördern wir den Nachwuchs und unterstützen junge Talente. Zu diesem Auftrag gehört natürlich auch die Arbeit am Fachkräftemangel. Wichtig ist uns zudem der Ausbau nachhaltiger Mobilitätslösungen. Grundlegend ist für uns last but not least das Leadership: die Entwicklung und Stärkung der Führungskompetenzen.

Was haben Sie bereits umgesetzt?

Wir haben einen umfassenden Nachhaltigkeitsnavigator entwickelt, der einen festen Rahmen für unsere Projekte bildet. Darüber hinaus haben wir bereits konkrete Initiativen in verschiedenen Bereichen umgesetzt. Beispielsweise engagieren wir uns für eine nachhaltige Digitalisierung. In Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen haben wir unser erstes Projekt im Bereich der ICT-Kreislaufwirtschaft zusammen mit dem neu gegründeten ICT-Fachbeirat gestartet.

Bedeutet faktisch was?

Die Wiederverwendung und das Upcycling von ICT-Hardware tragen dazu bei, den CO2-Ausstoss und Rohstoffbedarf zu verringern. Unternehmen, die sich daran beteiligen, erhalten einen Kreislaufwirtschaftsbericht, der sie bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele unterstützt.

Wie fördern Sie Diversität?

Diese erfolgt auf mehreren Ebenen: Wir achten bei der Auswahl der Referentinnen und Referenten auf eine ausgewogene Vertretung verschiedener Perspektiven und Hintergründe. Wir gehen insbesondere auf jene Unternehmen als potenzielle neue Mitglieder zu, die sich für Innovation, Nachhaltigkeit und Diversität engagieren. Diese Firmen sind in der Regel auch wirtschaftlich erfolgreich. Und wir betonen immer wieder, wie wichtig es ist, Diversity ebenso als Erfolgsfaktor zu sehen und die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Ich freue mich darauf, unsere junge Organisation noch mehr zu vernetzen und den Standort verstärkt weiterzuentwickeln.

Rahel Kindermann Leuthard

Rahel Kindermann Leuthard

Wie unterstützt die FRZ junge Unternehmen?

Um die Gründungsphase zu erleichtern, erhalten Start-ups in den ersten beiden Jahren ihrer Mitgliedschaft eine Vergünstigung von 50 Prozent. Ausserdem möchten wir zukünftige junge Unternehmen mithilfe von Men­torinnen und Mentoren aus ihrem Netzwerk fördern. Eine Umfrage unter den Mitgliedern ergab eine hohe Bereitschaft, an diesem Mentorenprogramm teilzunehmen.

Wie wollen Sie Wirtschaft, Wissenschaft und Politik miteinander vernetzen?

Wir kooperieren mit dem Start-up-Netzwerk «Impact Hub» und mit verschiedenen Hochschulen. 2023 arbeiteten wir mit der Universität Zürich zusammen, ein Beispiel ist die «Innovation Challenge».

Was hat die FRZ 2024 zu bieten?

Mehr Qualität statt Quantität. Unser Ziel ist es nicht, innerhalb eines Jahres möglichst viele Veranstaltungen durchzuführen. Wir möchten Mitglieder gewinnen, die gemeinsame Werte und Schwerpunktthemen mit uns teilen.

Was bedeutet «Mehrwert» konkret?

Die FRZ organisiert beispielsweise erstklassige Ver­anstaltungen, an denen Koryphäen ihres Fachs referieren. Zentral sind hier der Immobilien-Summit und das Wirtschaftsforum. Diese beiden Platt­formen sind immer gut besucht. Wir schaffen Schnittstellen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Es entstehen Diskussionen über Branchen, Berufe, Fachgebiete, Kompetenzen und Organisationsformen. Wichtig ist aber auch der Austausch von persönlichen Erfahrungen. So lernen sich die Leute kennen. Je intensiver der Austausch, desto grösser wird unsere Community.

Sie haben zwei Veranstaltungen erwähnt.

Bei uns gibt es noch viel mehr: Unsere Business-Lunchs, Open-Doors, CEO- Events und Best-Practice-Workshops
bilden weitere Treffpunkte. Die FRZ hat kürzlich sechs Botschafterinnen und Botschafter ernannt. Diese unabhängigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner beantworten Fragen zu einer FRZ-Mitgliedschaft, gehen aber auch auf andere Anliegen ein. Unser Netzwerk wird sich ebenfalls dank dieser «Ambassadors» erweitern.

Welche Rolle spielen Flagship-Events wie etwa der Immobilien-Summit am 12. Juni?

Wir erwarten bis zu siebenhundert Gäste. Der Immobilien-Summit ist einer unserer wichtigsten Veranstaltungen. Die Referentinnen und Referenten zeigen aktuelle Trends und neuste Entwicklungen im Immobilienbereich auf. Dabei vermitteln sie innovative Denkansätze, frische Impulse und überraschende Beispiele aus der Praxis. Dies löst natürlich Diskussionen unter unseren Mitgliedern und Partnern aus. Dabei werden auch neue Geschäftsbeziehungen aufgegleist.

Zudem stösst der Immobilien-Summit jeweils auf ein grosses mediales Interesse. Wir freuen uns über die grosse Reichweite. Dies verstärkt die Präsenz der Flughafenregion immens.

Wie sieht die Flughafenregion Zürich in zehn bis zwanzig Jahren aus?

Diese wird weiter wachsen und sich qualitativ weiterhin verbessern – noch stärker auf Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Diversität fokussiert. Mit ihrer «True North Star»-Strategie ist die FRZ gut unterwegs. Im besten Fall können wir mit wichtigen gesellschaftlichen Themen Zeichen setzen.

Welche Bauprojekte werden die Region künftig verändern?

Auf dem Flugplatz Dübendorf entsteht der Switzerland-Innovation-Park-Zurich. In den nächsten Jahren werden in einer ersten Bauetappe sieben neue Gebäude mit 3’500 Arbeitsplätzen erstellt. Wenn alles fertig ist, werden dort über 10’000 Menschen arbeiten. Zudem eröffnet die künftige Ära der «Space Economy» die kommerzielle Nutzung des Weltraums, weitere Expansionschancen für die Flughafenregion Zürich.

Wie meinen Sie das?

Die Flughafenregion Zürich könnte sich als wichtiger Standort in der global wachsenden «Space Economy» etablieren. Es wäre durchaus möglich, dass der neue «UZH Space Hub» im Innovationspark Dübendorf unser neues Zentrum werden könnte. Dies wäre nicht nur für die Luft- und Raumfahrtindustrie in der Region von Bedeutung. Auch angrenzende Sektoren wie die ICT, Forschung und Entwicklung sowie das Innovationsökosystem insgesamt könnten davon profitieren. Space gehört zusammen mit der Robotik, Mobilität und dem «Advanced Manufacturing» zu den Kern­themen des Innovationsparks. Diese Bereiche revolutionieren die Art und Weise, wie in verschiedenen Branchen Produkte eingesetzt und Prozesse entwickelt werden.

Sie kriegen Lob und Kritik. Wie gehen Sie damit um? 

Man kann es nie allen recht machen. Grundsätzlich freue ich mich über Kritik, denn ich will ja besser werden. Diesen Anspruch habe ich übrigens nicht nur an mich selbst, sondern auch an mein Team und an die FRZ Flughafenregion Zürich.

Wie und wo können Sie sich entspannen?

Grundsätzlich beim Sport. Ich schwimme täglich vor der Arbeit und bewege mich auch sonst sehr viel. Natürlich bei meiner Familie und bei meinen Kindern. Da relativiert sich dann vieles wieder. Wenn ich Zeit habe, während meiner Reisen besonders in der Natur von Alaska, das zu meinem zweiten Zuhause geworden ist. (Interview: Claudia Porchet)

Sie hat es geschafft!

Der Vorstand der FRZ Flughafenregion Zürich Wirtschaftsnetzwerk & Standortentwicklung, hat Rahel Kindermann Leuthard 2022 zur neuen Geschäftsführerin ernannt. Die offizielle Stabübergabe fand am 8. Juni 2023 statt.

Sie ist die Richtige, denn die erfahrene und kompetente High-Performerin ist sportlich unterwegs und kann anpacken.

Die Beraterin hat Herz: Gesellschaftliche Themen sind ihr wichtig. Als Leiterin eines 70-köpfigen Teams der Stadt Zürich vermittelte sie Menschen in den ersten Arbeitsmarkt. Sie war während zehn Jahren Teamleiterin im Care-Team der Swiss und bei Einsätzen infolge von Flugzeugunglücken und Katastrophen mit dabei.

Die Managerin ist ein Organisationstalent: Am Flughafen Zürich leitete sie bis 2021 sämtliche Grossveranstaltungen. Rahel Kindermann war der kreative Kopf und Mitbegründerin des «Zauberparks», einem inzwischen etablierten und erfolgreichen Musik- und Lichtfestival im magisch illuminierten Park des «Circle».

Die Betriebsökonomin mit Spezialisierung auf Changemanagement beweist Geschäftssinn: 2005 begann sie erfolgreich, die Besucherservices am Flughafen Zürich einzurichten. 2010 und 2011 konzeptionierte und realisierte die Projektleiterin den Bau der Zuschauerterrasse B - nach wie vor ein grosser Besuchermagnet.

Neben ihrem Job als FRZ-Chefin betreibt die erfahrene Privatpilotin und Aviatikexpertin ihre eigene Unternehmensberatung «#clearedtoland», in der sie unter anderem mit Tools aus dem Cockpit vermittelt, unter Hochdruck innerlich ruhig zu bleiben, um fokussiert zu arbeiten.

Sonderausgabe zur Flughafenregion Zürich

Die FRZ Flughafenregion Zürich veröffentlicht am 24. Mai 2024 gemeinsam mit dem Baublatt eine Sonderausgabe. In Fachbeiträgen werden unter anderem laufende oder geplante Projekte vorgestellt und die aktuelle Situation der Region beleuchtet. Alle Beiträge des Hefts werden in unserem Dossier «Die Flughafenregion Zürich im Fokus» gesammelt.

Spezialausgabe herunterladen (PDF)

Geschrieben von

Redaktorin Baublatt

Claudia Porchet ist Philologin und interessiert sich für Architekturgeschichte, Kunst am Bau und Design. Ebenso begeistern sie neue Forschungsresultate aus allen Bereichen. Zudem ist sie für die Kolumnen zuständig und steht deshalb in Kontakt mit allen grossen Verbänden.

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