Wasserstoff: Elektrolyse-Grossanlage bei Hamburg geplant
Die Stadt Hamburg plant den Bau eines Elektrolyseurs zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Die Anlage mit einer Leistung von mindestens 100 Megawatt will das städtische Unternehmen Wärme Hamburg zusammen mit den Industriepartnern Shell, Vattenfall und Mitsubishi Heavy Industries bauen.
Quelle: ivan timov, unsplash.com
Damit wäre die Anlage eine der grössten ihrer Art in Europa.
Dazu sei eine Absichtserklärung unterzeichnet worden, teilen die Unternehmen
mit. Vorbehaltlich einer finalen Investitionsentscheidung solle die
Wasserstofferzeugung am Kraftwerksstandort in Hamburg-Moorburg im Jahr 2025
starten. Der Antrag dafür soll mit einer ersten Projektskizze noch im ersten
Quartal gestellt werden.
Drehscheibe für Wasserstoffwirtschaft
Moorburg verfügt über ideale Voraussetzungen für die weitere
Nutzung. Das heutige Kraftwerksgelände liegt am seeschifftiefen Wasser, sodass
Wasserstoff auch per Schiff angeliefert werden kann. Denkbar sei dort ausserdem
eine Energieerzeugung aus Biomasse. Bis spätestens 2030 soll ein Grossteil der
Industrieunternehmen in der Region über das Netz mit zunächst 45 Kilometern
Länge mit klimaneutralem Wasserstoff versorgt werden. Das Gasleitungsnetz soll
dazu ab sofort für Wasserstoff ausgebaut werden.
Vorgesehen ist zudem die Entwicklung des Standorts zu einem
sogenannten «Green Energy Hub» und zu einer Drehscheibe der
Wasserstoffwirtschaft werden. Wasserstoff hat für die deutsche Regierung
zentrale Bedeutung bei der Energiewende und der Dekarbonisierung von Industrie,
Verkehr und der Gebäudenutzung.
Wasserstoff mit Windkraft
Am heutigen Kraftwerksstandort Hamburg-Moorburg wollen die
vier Unternehmen gemeinsam Wasserstoff aus Wind- und Solarkraft gewinnen. Das
flüchtige Gas soll fossile Brennstoffe wie Erdgas und Erdöl ersetzen und
zugleich eines der grossen Probleme der Energiewende lösen helfen: die
Speicherung der unstet verfügbaren Energie aus Wind und Sonne. Strom aus
erneuerbaren Energiequellen fällt vor allem von Windturbinen in der Nordsee an.
Bei einem Produktionsüberschuss könnte erneuerbare Energie mit Hilfe des
geplanten Elektrolyseurs in Wasserstoff umgewandelt und somit gespeichert
werden.
Energie für Fahrzeuge und Gebäude
Der Energieträger kann künftig Brennstoffzellenfahrzeuge
antreiben. Der elektrische Strom dafür liefert der Wasserstoff durch Umkehrung
der Elektrolyse. Wasserstoff und Luftsauerstoff reagieren dann zu Wasser, was
Wärme und elektrische Energie freisetzt. Die Brennstoffzellentechnik hat aber
auch Potenzial für die Energieversorgung von Einfamilienhäusern und kleineren
Mehrfamilienhäusern sowie von Gewerbebetrieben. Hochtemperatur-Brennstoffzellen
für stationäre Anwendungen könnten Gebäude mit Wärme und elektrischer Energie
versorgen.
Quelle: Hamburg Green Hydrogen Hub
Strom von den Offshore-Windparks in der Nordsee wird der Anlage in Moorburg für die Produktion von Wasserstoff zur Energiespeicherung zugeführt. Das flüchtige Gas kann dann wieder verstromt oder für Wärmeanlagen genutzt werden.
Drei wichtige Elektrolyse-Verfahren
Die am Bau beteiligten Industriepartner bemühen sich um
Fördermittel, mit denen die EU Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse
(IPCEI) anschiebt. Zu den wichtigsten Wasserelektrolysetechnologien zählen die
alkalische Elektrolyse (AEL), Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse (PEMEL)
und Feststoff-Oxid-Hochtemperatur-Elektrolyse (Solid Oxid Electrolysis, SOEL),
welche die EU-Kommission in einem Bericht an das Parlament vom letzten Herbst
über die Fortschritte bei der Wettbewerbsfähigkeit sauberer Energie nennt.
Bei der alkalischen Elektrolyse (AEL) handelt es sich um eine
ausgereifte Technologie. Forschungsschwerpunkte sind der Hochdruckbetrieb und
die Kopplung mit dynamischen Lasten, etwa von Windturbinen, bei denen die
Windlast wetterbedingt schwankt.
Die Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse (PEMEL) erreicht
deutlich höhere Energiedichten als die Verfahren AEL und SOEL. Die Dichte ist
das Mass für die Energie pro Raumvolumen eines Stoffes. Aufgrund der höheren
Energiedichte lassen sich laut dem Bericht der EU-Kommission die Kapitalkosten
weiter senken. Forschungsschwerpunkt der marktreifen Technik sind die Erhöhung
der flächenbezogenen Leistungsdichte bei gleichzeitiger Verringerung des
kritischen Rohstoffverbrauchs und die dauerhafte Performance.
Die grösste Effizienz weist laut dem Kommissionsbericht das
SOEL-Verfahren auf. Der Leistungsbereich der Kleinanlagen, die aber einen
Dauerbetrieb und die Koppelung an eine Wärmequelle erfordern, liegt in der
Regel bei 100 kW. Insgesamt befindet sich die SOEL-Technik noch in der
Entwicklungsphase, obwohl bereits Produkte dieser Kategorie auf dem Markt
erhältlich sind.
Skaleneffekte nutzen
Die Kapitalkosten für Elektrolyseure sind laut dem Bericht
in den letzten zehn Jahren um 60 Prozent gesunken und dürften sich dank
Skaleneffekten bis 2030 im Vergleich zu heute nochmals halbieren. Wasserstoff
aus erneuerbaren Energien ist momentan noch teurer als CO2-armer Wasserstoff
auf fossilen Energiequellen.
Prognosen gehen aber davon aus, dass 2030 grüner Wasserstoff
billiger sein wird als fossiler, wie es im Bericht heisst. Bis es soweit ist,
sind noch hohe Investitionen notwendig. Heute stammen weniger als ein Prozent
der weltweiten Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Quellen.
Quelle: Valeriano Di Domenico
Die erste kommerzielle Wasserstofftankstelle des Kantons Zürich befindet sich auf dem Areal der LARAG AG an der Riedgrabenstrasse 26 in Rümlang.
Erste kommerzielle Tankstelle im Kanton Zürich
Auch in der Schweiz nimmt die Wasserstofftechnik Fahrt auf. In
Rümlang wurde diese Woche die erste kommerzielle Wasserstofftankstelle im
Kanton Zürich in Betrieb genommen. Ab sofort können Personenwagen und
Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellentechnik nachhaltigen und in der Schweiz
produzierten Wasserstoff beziehen.
Es ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt. Denn ohne die
entsprechende Infrastruktur kommt die klimafreundliche Mobilität nicht voran.
Der Kanton Zürich hat sich im Verkehrskonzept 2018 das Ziel gesetzt, die
Verwendung von umweltfreundlichen Fahrzeugen zu unterstützen.