Wasserkraft: Elektro-LKW statt Stausee und Speicherwerk
Bei der „Electric Truck Hydropower“ braucht es weder Speicherwerke, noch Turbinen und Staumauern, um im Gebirge die Wasserkraft zu nutzen, sondern Elektrofahrzeuge. Entwickelt hat die Technologie Team vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA), einem unabhängigen Forschungsinstitut mit Sitz im österreichischen Laxenburg, das sich unter anderem mit Themen der Nachhaltigkeit auseinandersetzt.
Quelle: Markus Gempeler, Unsplash
Die Strasse am Julierpass genügt den Anorderungen der Electric Truck Hydropower nicht, da sie an der Stelle mit der stärksten Steigung eine Steigung von lediglich rund 11.8 Prozent aufweist.
Obwohl das Wasserkraftpotenzial in den Bergen hoch ist, bleibt es dort oft ungenutzt, weil dafür je nach dem grosse Stauseen angelegt werden müssen. Geht es nach Julian Hunt vom IIASA und einem internationalen Forschungsteam, braucht es derart aufwendige Infrastrukturen nicht: Bei der „Electric Truck Hydropower“-Technologie reichen die vorhandenen Strassen im Gebirge aus.
Wasser aus Flüssen und Bächen
Für die Stromproduktion wird in der Höhe das Wasser aus Flüssen und Bächen gesammelt, in Container abgefüllt und dann Elektro-LKW verladen und den Berg hinunter transportiert. Unterwegs wird dann die Bremsenergie in Strom umgewandelt und in Akkus gespeichert. Damit dies funktioniert, müssen die Verkehrswege allerdings eine Steigung von über 15 Prozent aufweisen. Sind die LKW im Tal angekommen, wird die Energie aus den Akkus ins Stromnetz eingespeist. Die Container werden in die nahegelegenen Gewässer entleert und sind wieder bereit für die nächste Ladung.
Eine minimale Infrastruktur braucht die „Electric Truck Hydropower“ dennoch: Es müssen eine an das Stromnetz angeschlossene Batterieanlage sowie Lade- und Entladestationen eingerichtet werden. Wie Hunt erklärt, ähneln letztere kleinen Parkplätzen.
Für „Electric Truck Hydropower“ eignen sich laut Hunt am besten Bergregionen, in denen Elektro-LKW an verschiedenen Standorten eingesetzt werden können. Das heisst, dass sie jeweils dort hinfahren, wo es gerade ausreichend Wasser gibt. „Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Wasser verfügbar ist."
Anden und Himalaya
Hunt und seine Kollegen nehmen an, dass sich mit ihrer Erfindung jährlich aif der ganzen Welt etwa 1,2 Petawattstunden Strom erzeugen liessen. Dies entspricht laut IIASA etwa 4 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs im Jahr 2019.
Das grösste Potenzial für „Electric Truck Hydropower“ sehen sie im Himalaya und den Anden. Aufgrund ihrer grossen Flexibilität böte die Technomogie eine interessante Alternative zur herkömmlichen Stromerzeugung, sagt Hunt. „Befindet sich ein Land beispielsweise in einer Energiekrise, kann es mehrere elektrische Lastwagen kaufen, um Strom aus Wasserkraft zu erzeugen. Ist die Krise vorüber, können die LKW für den Gütertransport genutzt werden.“ (mai)
Die Studie erschien im Fachmagazin Energy. Hier geht es zum PDF des Artikels (englisch): https://reader.elsevier.com