Wakkerpreis 2019 geht an Langenthal
Die Stadt Langenthal wird vom Schweizer Heimatschutz mit dem diesjährigen Wakkerpreis ausgezeichnet. Das Zentrum des bernischen Oberaargaus erhält die Auszeichnung für seinen Umgang mit dem baulichen Erbe der Industriegeschichte.
An der Jahrtausendwende schwächelten in Langenthal BE bedeutende Industriefirmen, weshalb die Stadt damals weit über 1000 Arbeitsstellen verlor. Nicht zuletzt dank einer Rückbesinnung auf die Qualitäten vor Ort und mit Mut zur Innovation überwand man jedoch die Krise, und heute ist Langenthal ein prosperierendes Zentrum. Für diese Leistung ist die Stadt vom Schweizer Heimatschutz mit dem diesjährigen Wakkerpreis ausgezeichnet worden, wie es in einer Mitteilung heisst.
Besonders im Umgang mit dem reichen gebauten Erbe der Industriegeschichte hat sich Langenthal nach Jahren der wirtschaftlichen Krise wie Phönix aus der Asche erhoben. Fabrikareale, Arbeitersiedlungen, öffentliche Gebäude und Villenanlagen wurden systematisch inventarisiert und als zentrale Ankerpunkte für die künftige Entwicklung in der Planung festgeschrieben.
Vorbildlicher Umgang mit der „Porzi“
Wie der Heimatschutz schreibt, steht die gemeinschaftliche Testplanung für das Areal der Porzellanfabrik sinnbildlich für die Herangehensweise der Stadt. Sie verlange von den Investoren Verantwortung und eine Gesamtsicht bei der Entwicklung neuer Werte und sei im Gegenzug bereit, Fachwissen und Geld in einen Prozess einzubringen, der Qualität und Langfristigkeit sichern soll.
Gut 100 Jahre lang wurde in den vom Architekt Hector Egger gebauten Fabrikgebäuden auf dem „Porzi“-Areal das Langenthaler Geschirr hergestellt. Ein solches Service fehlte in kaum einem Schweizer Haushalt oder Restaurant. In den 1990er-Jahren setzte mit der zunehmenden Konkurrenz aus Osteuropa und Asien aber der Niedergang an. Der Zusammenbruch dieser wichtigen Firma hatte damals eine regelrechte Schockwirkung auf die Stadt.
Prozess umgekehrt
Ein weiteres Verdienst von Langenthal sieht der Heimatschutz auch bei der baulichen Verdichtung in wertvollen Quartieren. Hier setze die Stadt auf Weitsicht und Dialog. Ein Workshop-Verfahren kehre in Langenthal die üblichen Prozesse um: Fachleute des Städtebaus und der Denkmalpflege bewerten ein Projekt nicht erst bei der Vorlage eines Baugesuchs, sondern begleiten Architekten und Investoren von der Ideensuche bis zur Baueingabe. „Dieser relativ kostengünstige, auf kurze 60 Tage angelegte Prozess klärt Interessen und Wünsche frühzeitig und schafft im Idealfall Mehrwerte für Eigentümerschaft und Öffentlichkeit“, heisst es im Communiqué dazu.
Das Selbstbewusstsein einer Stadt
Langenthal hat in den letzten Jahren nicht nur markant in die Aufwertung der öffentlichen Räume im Zentrum und an wichtigen Achsen investiert, sondern auch in die Renovation und Aktualisierung vieler Bildungsbauten oder des Stadttheaters. Der Heimatschutz schreibt: „Mit diesen Massnahmen erklärt die Stadt selbstbewusst, dass sie ein lebendiges und urbanes Zentrum einer grösseren ländlichen Region sein will.“
Die offizielle Übergabe des Wakkerpreises findet am 29. Juni im Rahmen einer öffentlichen Feier in Langenthal statt. (pd/mt)