Von Jägern der Eiszeit gebauter Steinwall in der Ostsee entdeckt
In der Ostsee, auf dem Grund der Mecklenburger Bucht in der Nähe des Ostseebads Rerik, ist bei geologischen Untersuchungen ein Steinwall entdeckt worden. Fachleute sind zum Schluss gekommen, dass ihn vor rund 11’000 Jahren eiszeitlichen Jägern errichtet haben.
Quelle: Michał Grabowski
So könnte der Wall auf dem Ostseegrund ausgesehen haben, als er für die Jagd gebraucht wurde und noch nicht unter Wasser stand.
Der Wall erstreckt sich über eine Länge von 970 Metern, hat eine Höhe
von rund einem Meter und setzt sich aus etwa 1’500 tennis- bis
fussballgrossen Steinen zusammen sowie aus einigen grösseren Findlingen.
Laut Analysen einer Forschungsgruppe des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, der Universität Rostock und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben eiszeitliche Jäger die Struktur vor rund 11’000 Jahren für die Rentierjagd errichtet. Weitere Untersuchungen zeigen, dass er sich wohl einst an einem ehemaligen See oder Moor befunden hat. Somit müsste er bevor der Wasserspiegel nach dem Ende der letzten Eiszeit stark angestiegen ist, errichtet worden sein. Dies sei zuletzt vor etwa 8500 Jahren geschehen, grosse Teile der bis dahin begehbaren Landschaft seien damals überschwemmt worden, heisst es dazu in der Medienmitteilung.
“Es wird angenommen, dass in dieser Zeit nicht mehr als 5’000 Menschen in ganz Nordeuropa lebten. Ein Hauptnahrungsmittel dieser Gruppen waren Rentiere, die im jahreszeitlichen Rhythmus in Herden durch die vegetationsarme nacheiszeitliche Landschaft zogen", erklärt dazu Marcel Bradtmöller von der Universität Rostock. “Wahrscheinlich diente der Wall dazu, die Rentiere am Rande eines Sees in die Enge zu treiben, sodass sie von den steinzeitlichen Jägern mit Jagdwaffen erlegt werden konnten.“ Solche Jagdtechniken und Strukturen sind auch aus anderen Teilen der Welt bekannt. Dies gilt zum Beispiel für eine vergleichbare Mauer auf dem Grund des Lake Huron im US-Bundesstaat Michigan: Wie Archäologen nachweisen konnten, diente sie der Treibjagd von Karibus.
Ältestes menschliches Bauwerk in der Ostsee
Weil sich das Klima vor zirka 11'000 Jahren erwärmte und die Wälder sich ausbreiteten, und in der Folge mit den letzten Rentieren auch die letzten wandernden Herdentiere aus der Region verschwanden, wird die Steinmauer kaum später nach diesem Zeitpunkt erbaut worden sein. “Die Steinmauer wäre damit das älteste jemals in der Ostsee entdeckte menschliche Bauwerk", heisst es in der Medienmitteilung.
Zwar
sind in der Region zahlreiche gut erhaltene archäologische Fundstellen
aus der Steinzeit bekannt. Aber wie Jens Auer vom Landesamt für Kultur-
und Denkmalpflege erklärt, liegen diese aber in deutlich geringeren
Wassertiefen und datieren meist in die Mittel- und Jungsteinzeit. Das
heisst sie sind zwischen 9000 und 4500 Jahre alt. (mai/mgt)
Quelle: Anukrati Omar, Unsplash
Rentiere waren in der Eiszeit auch im Süden Europas zu Hause, etwa in den Pyrenäen. Mit den steigenden Temperaturen zogen sie sich nach und nach in den Norden zurück.