Videotipp: Abgesang auf den Kapselturm
Wohnen oder übernachten in der Kapsel ist in Japan nichts Aussergewöhnliches. Eine Ikone in diesem Zusammenhang ist der Nagakin-Kapsel-Turm in Tokio. Ein Team von US-Dokumentarfilmern wollte in dem legendären Gebäude übernachten und stellte Trauriges fest.
Living in a Long Forgotten Future from Nesby Darbfeld on Vimeo.
Der Nagakin-Turm aus der Feder von Kisho Kurokawa in Tokios Ginza-Quartier ist eine Architekturikone: Er besteht aus vielen, gleich grossen Würfeln. Dabei handelt es sich um vorfabrizierte Module, die ausgetauscht werden
können und über einen Kernbereich miteinander verbunden sind. Kurokawas Idee hinter dem 1972 errichteten Bau: Ein Gebäude soll sich seinen Bewohnern anpassen und mit ihnen verändern können. Im Laufe der Jahrzehnte nagte der Zahn der Zeit am Turm. Sein Zustand ist äusserst desolat, undichte Wasserrohre sowie Wasser- und Asbestschäden legen nahe, ihn abzureissen und neu zu bauen.
Das war auch der Plan der Eigentümer der einzelnen Kapseln gewesen. Doch dann machte ihnen die japanische Finanzkrise einen Strich durch die Rechnung. Das Bauvorhaben wurde schlicht zu teuer. Derweil setzte sich eine Gruppe von Bewohnern für den Erhalt des Wohn- und Bürohauses ein, etwa über eine Publikation zum Bauwerk, die sie mittels Crowdfunding ermöglichten. Zusätzlich versuchte das «Nagakin Capsule Tower Preservation and Rehabilitation Project» zum Verkauf stehende Kapseln an Architekturfreunde zu vermitteln. Obwohl der Bau noch immer steht, konnte dieses Engagement kaum etwas ändern wie ein Video des US-Dokumentarfilmers Kevin Tadge zeigt. Er hatte geplant in dem Gebäude zu übernachten und musste feststellen, dass sich in den Kapseln kaum mehr wohnen lässt. (mai)