Verkehrshaus Luzern: Das Gotthardbahnmodell ist zurück
Das Gotthardbahnmodell ist wieder im Verkehrshaus Luzern: Frisch restauriert und mit neuen Details wie dem Gotthardbasistunnel versehen. In über 12'000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit sorgte ein Team dafür, dass das Kultmodell den Fans wieder ein originalgetreues Bahnerlebnis bietet.
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Quelle: zvg
Zurück im Verkehrshaus Luzern: Das neue Gotthardbahnmodell.
Endlich! Das Gotthardbahnmodell steht wieder an seinem
angestammten Platz im Verkehrshaus Luzern. Hier hatte es sechzig Jahre lang
Gross und Klein erfreut. Bis 2020 die Schienenhalle, in der die Anlage stand,
abgerissen und zu einer Mehrzweckhalle umfunktioniert wurde. Vier Jahre war das
Bauwerk, das den Verlauf der Nordrampe vom Bahnhof Erstfeld bis zum
Naxberg-Tunnel zeigt, an verschiedenen Orten ausgelagert – zuletzt im
bernischen Bleienbach. Der Transport war eine knifflige Sache: Weil sich das
Modell nicht auseinander nehmen liess, wurde eigens eine Transport-Holzkiste
mit den Ausmassen 6 × 15 × 4 Meter angefertigt.
Beinahe hätten die Fans des Gotthardbahnmodells noch zehn
weitere Jahre warten müssen, um das Meisterwerk wieder zu Gesicht zu bekommen:
Die Halle, in der es nun steht, wird nämlich 2033 ebenfalls renoviert. Dies
erzählt Emil Galliker von den Rothenburger Eisenbahn Modellbau Freunden (REMF).
Er ist der Chef eines 20-köpfigen Teams aus Mitgliedern der REMF und der
Eisenbahn- und Modellbaufreunde Luzern (EMBL). Galliker hat mit Techniker Joe
Fessler das Konzept für die Neuerstellung ausgearbeitet, das in über 12'000 ehrenamtlichen
Arbeitsstunden umgesetzt wurde. Die EMBL hatte die ursprüngliche
Anlage in den Jahren von 1957 und 1959 in rund 30'000
Stunden Freizeitarbeit erstellt – unter grossem
Zeitdruck, um rechtzeitig zur Eröffnung des
damals neuen Verkehrshauses Luzern fertig zu sein.
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Quelle: zvg
Beim Restaurieren einer Brücke mussten Emil Galliker und seine Kollegen bis zu Tausend Teile neu zusammenlöten.
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Quelle: zvg
Überall stehen noch Utensilien herum für die Fertigstellung des Gotthardbahnmodells.
Wie ein Sackmesser aufgeklappt
«Die Frage war: ‹Überlebt das sechzig Jahre alte Modell eine
weitere Einlagerung über eine weitere Dekade?›», führt Galliker aus. «Wir waren
der Meinung: ‹Nein›. Deshalb steht die überarbeitete Anlage jetzt schon wieder
im Verkehrshaus.» Um den unausweichlich kommenden, erneuten Umzug und allgemein
den Transport des Riesenmoduls zu vereinfachen, wurde die einst U-förmige
Anlage in der Mitte zerschnitten und wie ein Sackmesser aufgeklappt. Nun misst
die Anlage 31,5 Meter in der Länge und 3,5 Meter in der Breite. «Das war keine
einfache Geschichte. Statt ein Stück sind es nun drei Module plus ein Kommando-
und Wendemodul mit der PC-Steuerung. So ist es einfacher, das Modell
auseinanderzunehmen und zu befördern», sagt Galliker.
Die Vorgabe des Verkehrshauses, Altes an der Anlage zu
erhalten, stellte die Modellfreunde vor Herausforderungen. So mussten sie etwa
Brücken mit bis zu tausend Teilen auseinandernehmen und originalgetreu wieder
zusammenbauen – die Lötstellen hielten nicht mehr. Während der vielen Jahre im
Verkehrshaus hatte das Modell eine Menge Staub angesetzt. Es wurde abgewaschen,
jeder einzelne Baum herausgenommen, entstaubt, mit Haarspray fixiert und an der
ursprünglichen Stelle wieder eingesetzt. «Das werden wir in Zukunft wohl alle
zwei Jahre machen müssen», meint Galliker. Ein «Putzzug» sorgt dafür, dass die
Geleise regelmässig gereinigt werden.
Vieles musste nicht nur entstaubt, sondern erneuert werden.
So stellten die Modellbauer die Beleuchtung des gesamten Modells auf LED um.
Bei vielen Häusern sowie der Kirche von Wassen mussten die Fenster neu
eingeklebt werden. Ersatz mit der Struktur von Kirchenglas zu finden, sei eine
knifflige Aufgabe gewesen, weiss Galliker. Zudem läutet nun regelmässig eine
Kirchenglocke.
Ebenfalls kaputt war das Material, das Wasserbereiche
darstellte. Hier fand Galliker mit Epoxidharz eine geeignete Alternative, auf
dessen Entdeckung er sichtlich stolz ist. Trotz der Auflage «Altes erhalten»
gibt es neue Objekte: So fügten die Modellbauer die Luftseilbahn
Intschi-Arnisee, die Burgruine Zwing-Uri und die SAC-Leutschachhütte hinzu. Die
Ende der 1980er-Jahren fertiggestellte Autobahn liess man bewusst weg, weil es
sie zum Zeitpunkt der Erstellung des Modells noch nicht gab.
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Quelle: Simone Matthieu
Emil Galliker zeigt das neue digital gesteuerte Zugsystem.
Zugsteuerung digitalisiert
Die Oberleitungen, die anfangs den Strom für die Eisenbahnen
lieferten, wurden zwar erneuert, haben heute aber keine Funktion mehr: Der
«Pfupf» kommt nun von den Schienen und ist digital gesteuert. Mit einem eigens
für Modelleisenbahnen erstellten Computerprogramm kann man den gewünschten
Verlauf der Züge steuern. Dies sieht der Besucher auf der Rückseite des
Modells, zusammen mit sechs Schattenbahnhöfen. Hinter diesen liessen die
Modellbauer die Sicht frei auf die ursprüngliche, alte Konstruktion des Gotthardbahnmodells:
Das Holzgestell, auf das ein Gittergeflecht gelegt wurde, das bereits in die
richtige Form gezogen war. Darauf wiederum wurden Stoffstreifen gelegt, die mit
einem speziellen Modellbaugips überzogen und danach angemalt wurden. Um eine
bessere Perspektive auf das ganze Werk zu haben, führt neu eine begehbare
Passerelle für Besucher über das Modell.
Auf den Gotthardbasistunnel wollte man trotz dem «Alten
bewahren» nicht verzichten. Er fährt durch eine durchsichtige Röhre an der
Vorderseite des Modells entlang. Zudem gibt es eine Absperrung zwischen
Publikum und Modell – zu viel wurde in der Vergangenheit stibitzt: Etwa das
schwarze Auto, das kurz nach Wassen in einer Kurve in einen Unfall «verwickelt»
ist. «An dieser Stelle gab es tatsächlich in der Realität viele Unglücksfälle»,
weiss Emil Galliker. «Der hier dargestellte Vorfall mit den Unfall-, Kranken-
und Polizeiwagen wurde authentisch nachgebildet – anhand echter Polizeifotos.»
Noch ist die Anlage nicht fertig. Überall liegen Leimtuben,
feine Zangen und kleine Kartonkisten voller Bäume herum. Auch die Besucher
sollen mithelfen dürfen, dem Gotthardbahnmodell den letzten Schliff zu geben:
Etwa indem sie einen der bisher nicht existenten Laubbäume basteln und
platzieren. Die Modellbauer gehen mit Elan und Freude an ihre Arbeit. «Wir sind
wie Buben», meint Galliker lachend. «An Weihnachten muss sicher auch ein
Christbaum hin, der leuchtet.»
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Quelle: zvg
Das neue Modell wurde Ende November ins Verkehrshaus geliefert. Einweihung ist im Sommer 2025.
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Quelle: zvg
Zuschauer bewundern das neue Modell im Verkehrshaus.
Nachbauen der Realität
Für Emil Galliker bedeutet der Bau am Gotthardbahnmodell die
Königsklasse. «Das ist das grösste Element, an dem ich je mitgebaut habe», sagt
der 70-Jährige erfreut. Seit er ein kleiner Junge gewesen sei, habe er jeden
Franken in eigene Modelleisenbahnen gesteckt. «Insgesamt habe ich elf Anlagen
gebaut.» Die Faszination, im Verkehrshaus aktiv zu sein, sei das detailgetreue
Nachbauen der Realität. «Und der Mythos Gotthard hat natürlich seinen eigenen
Reiz, etwas ähnlich Verlockendes wäre nur noch das Albulatal.» Für seine
privaten Bauten taucht er in eine Fantasiewelt ein, die er für sich aufleben
lässt – gespickt mit realen Bauten wie dem Landwasserviadukt der Rhätischen B
ahn oder dem Bahnhof Luzern dessen aktuellen Kopfbahnhof er zu einen
Durchgangsbahnhof umgestaltet hat. Seine «Madame» Zuhause habe ihm sogar
erlaubt, seine Anlage statt im Keller in einem Zimmer der Wohnung
unterzubringen.
Was den Rentner etwas betrübt, ist der fehlende Nachwuchs
beim Modellbauen. «Schauen Sie sich mal hier um, wir sind alle Senioren.» Seine
Enkel seien zwar, als sie noch klein waren, beeindruckt gewesen von Grossvaters
Werk. Das Interesse habe allerdings über die Jahre nachgelassen.
Nun werden noch Anpassungen vorgenommen und die komplette
Inbetriebnahme vorbereitet. «Wir haben uns eine eigene Vorgabe gesetzt: Bis
Weihnachten muss alles laufen», verrät Galliker. Ab Januar 2025 wird die Anlage
dann vollständig betriebsbereit sein. Die definitive Einweihung des
Gotthardbahnmodells findet am 18. Juni
2025 im Rahmen der Eröffnung der neuen Ausstellung «Bahnerlebnis Schweiz» statt.
Damit ist die Arbeit von Gallikers Team jedoch nicht vorbei. Wie schon früher werden die Modellbauer auch jetzt im Turnus einmal pro Woche den Unterhalt der Anlage sichern, Kontakte und anderes flicken. «Anfangs sind wir aber sicher täglich vor Ort.» Wenn Galliker wünschen dürfte, würde er den vier Elementen ein fünftes oder sechstes hinzufügen: Die Südrampe nach Biasca. «Die Gotthardbahn-Route besteht ja nicht nur aus der Nordrampe.» Vielleicht wird ein solches Unterfangen während der nächsten Auslagerung 2033 ja Wirklichkeit.