«The Golden City»: Metallveredelung in der Erzstadt Kiruna
Norwegen schwimmt im Ölgeld. Doch das Land platzt aus allen Nähten. Warum nicht beim Nachbarland anklopfen, das über genügend Platz verfügt, dachten sich die norwegischen Promotoren des Projekts «The Golden City». In der Nähe von Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens und auch bekannt durch den Erzabbau, soll daher das bahnbrechende Projekt realisiert werden, das durch viele technische Raffinessen besticht.
Quelle: Jean-Baptiste Bélange
Die Gestalt des aussergewöhnlichen Entwurfs ist speziell auf die Klima- und Lichtverhältnisse im und am Polarkreis ausgerichtet. Das Modell im Massstab 1:10 steht bei Kiruna.
Lichtempfindliche Module für den Norden
Die Aussenhülle des architektonischen Wurfs ist speziell an die Klima- und Lichtverhältnisse in den nördlichsten Breitengraden angepasst. Die Oberfläche der einzelnen Module weist eine spezielle Nanobeschichtung auf, die als technische Weltneuheit in hohem Masse lichtdurchlässig ist. Auch die Form der Module ist darauf ausgerichtet, in der Winterzeit, wenn sich auf der nördlichen Hemisphäre die Sonne nur für kurze Zeit über dem Horizont befindet oder gar ganz dahinter verschwindet, das spärliche Licht einzufangen. Die Zahl der Module ist mit 52 nicht zufällig gewählt, ändert sich doch der Lichteinfall jede Woche.
Mit den hochempfindlichen Panelen kann sogar der Mondschein
genutzt werden, um dem nördlichen Dauerdämmerlicht und den damit einhergehenden
Stimmungsschwankungen entgegenzuwirken und das Gebäudeinnere mit
Tageslichtstärke zu beleuchten. Bei Leermond ist das gestreute Licht der
Aussenbeleuchtung im nahen Kiruna ausreichend, um gemäss den Projektverfassern
im Innern eine angenehme Lichtintensität zu erreichen. Die dünnen Panelen sind
ebenfalls hochisolierend gegen Kälte. Je nach Situation schaltet ein Teil der
Aussenhülle automatisch auf die Produktion von Wärme und Strom um. Die
selbsttragende Struktur des Gebäudes, der perfekten Symmetrie einer Eierschale
nachempfunden, soll schliesslich nördlichen Polarwinden möglichst wenig
Angriffsfläche bieten.
Wenig von kubistischer Architektur überzeugt
Allerdings hat es die Promotoren einiges an Nerven gekostet, den Baugrund zu finden. Davon zeugt nur schon die Architekturgeschichte. Denn in Norwegen hatte moderne Architektur in der Vergangenheit einen schweren Stand. Diese Erfahrung mussten bereits namhafte Architekten machen. Inspiriert von der kubistischen Malerei wollten diese bereits in den 1920er- und 1930er-Jahren das Königshaus und die Bevölkerung auf dem Lande von einer radikal vereinfachten architektonischen Formensprache überzeugen.
Doch der Modernismus hatte keine Chancen. Zu stark war der Adel bei Gebäudegestaltung von der ästhetischen Wirkung des Neubarocks und vergoldetem Rankenwerk geblendet. Und die Bevölkerung auf dem Lande hatte für den Kubus als Alternative für die traditionellen Koten, einer Art Sommer-Iglu aus natürlichen Materialien, nur eine müdes Lächeln übrig und Bedenken, die Statik könnte dem Druck der enormen Schneemassen nicht standgehalten. Auch eine weitere Variante, dem Oval von Eiern nachempfunden, fand keine Gnade. Der Verweis auf einen mittlerweile in Vergessenheit geratenen Seefahrer half nichts, hatte dieser doch auf seiner ersten Indienreise bei der Fahrt über den Atlantik in stürmischen Nächten mit langen Testreihen die Standfestigkeit von Eiern bereits eindeutig bewiesen.
Quelle: mosiunterwegs, Pixabay-Lizenz
Von Sitzungszimmern für die «Business Area» existiert bereits ein Prototyp. Dem Funktionalismus verpflichtet, reizen die Gestalter die reduktionistische Formensprache auch im Innern exzessiv aus.
Ähnliche Erfahrungen mit der ästhetischen Eigenart des skandinavischen Landes machten auch Mies van der Rohe und Walter Gropius. Auch wenn Norwegen über Jahrhunderte unter der Knute dänischer und schwedischer Könige stand, als eine Art Retourkutsche mit den Mitteln der Architektur wollen die kreativen Entwerfer den Bau in Kiruna aber nicht verstanden wissen. Mit den schwedischen Planungsbehörden wurden sich die Promotoren jedenfalls schnell einig.
Siedlung und Geschäftsviertel für 3000 Personen
Der Prototyp eines Gebäudes im Massstab 1:10 steht schon. Die Raumfahrtbehörden ESA und Nasa haben Interesse bekundet am Konzept für die Eroberung und Besiedelung unserer kalten Nachbarplanten. In einer ersten Phase soll hienieden aber bis 2026 zuerst eine Siedlung von Tiny Houses für 3000 Personen gebaut werden, wobei für die begüterte Klientel und Glitterati mehrere Gebäude zu Grossbungalows und «Living Zones» sowie «Business Areas» zusammengeschlossen werden. Geplant sind in «The Golden City» auch fünf Hochhäuser in dieser einzigartigen Form, wobei zwei davon Schweizer Investoren bauen werden. Das Baugesuch für die Siedlung wird heute am ersten April eingereicht.
April, April :-)
Die «Golden City» ist reine Fiktion. Aber: Dieses goldene Ei gibt es tatsächlich, jedoch ist es «nur» eine Sauna. Mehr dazu hier. (bb)