Studie: Warum viele noch nicht aufs Elektroauto umsteigen möchten
Was sind die Hindernisse für die Einführung von Elektroautos? Forscher der Universität Genf (UNIGE) zeigen in einer Studie auf, was viele Menschen in psychologischer Hinsicht noch davon abhält, umzusteigen. Unter anderem wird die Batteriereichweite unterschätzt.
Quelle: Alexander Popov/unsplash
Im Jahr 2020 machten laut der Universität Genf strombetriebene Autos einschliesslich der Hybridfahrzeuge nur ein Prozent der weltweiten Fahrzeugflotte aus.
Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen sind für fast 18 Prozent
der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Ihre Elektrifizierung sei daher zu
einer der grössten Herausforderungen in der Energiewende geworden, schrieb die UNIGE kürzlich in einer Medienmitteilung.
Zwar nehme die Zahl der Elektrofahrzeuge in vielen Ländern
zu, sie seien aber noch immer weit von der Erreichung des Marktanteils entfernt, mit dem Emissionen deutlich verringert werden können. Im
2020 machten laut der Universität strombetriebene Autos einschliesslich der Hybridfahrzeuge nur ein Prozent der
weltweiten Fahrzeugflotte aus. Um die Klimaziele
für 2030 zu erreichen, müsse aber ein Anteil von mindestens 12 Prozent erreicht
werden.
Vorurteile gegenüber Elektrofahrzeugen
Finanzielle und technologische Hindernisse lassen sich – wie das Team der UNIGE festgestellt hat – mittels tieferer Anschaffungspreise, finanzieller
Anreize und einem dichteren Netz von Ladestationen beseitigen. Welche Faktoren stehen
einer breiten Akzeptanz also noch im Weg? Ein grosser Teil der Antwort liegt
laut der Studie in dem fehlenden Wissen von Autofahrern.
Initiativen für Elektroautos im Zusammenhang mit der Energiewende hätten sich im Allgemeinen bisher auf die technischen und finanzielle Hindernisse beschränkt. «Psychologische Faktoren wurden nur wenig berücksichtigt», sagt Mario Herberz, Erstautor der Studie und Forscher im Labor für Verbraucherentscheidungen und nachhaltiges Verhalten an der Universität Genf.
Kapazität der Batterien wird unterschätzt
Für die Studie wurden mehr als 2‘000 Autofahrer in Deutschland
und den Vereinigten Staaten befragt. Die Autoren stellten eine «kognitive Voreingenommenheit» fest. Tobias Brosch, Studienautor und Leiter des Labors erklärt: «Die
Teilnehmer unterschätzten systematisch die Kompatibilität der auf dem Markt
erhältlichen elektrischen Batteriekapazitäten mit ihren tatsächlichen Bedürfnissen.»
Mit anderen Worten: Die Verbraucher gehen davon aus, dass
die Speicherkapazität der aktuellen Batterien nicht für ihre täglichen
Fahrten ausreicht. Diese Annahme ist offenbar relativ verbreitet – die Forscher schätzen sie auf etwa 30 Prozent.
Um die Verbraucher dahingehend zu beruhigen, sollten laut
den Forschern aber nicht nur das Netz der Ladestationen verdichtet und die Kapazität der Batterien
erhöht, sondern auch Informationen bereitgestellt werden, die
auf die spezifischen Bedürfnisse der Autofahrer zugeschnitten sind. Dies, um ihre
Bedenken bezüglich der Anschaffung eines Elektroautos zu verringern.
Trend zu mehr Leistung
Das Forschungsteam stellte daneben auch fest, dass mehr als
90 Prozent der Fahrten mit E-Fahrzeugen mit einer Reichweite von 200 Kilometern
möglich sein könnten, was laut der Universität unter den heute verfügbaren Batterien eine bescheidene Reichweite ist. Bei
Elektrofahrzeugen gehe der Trend zurzeit hin zu mehr Leistung, heisst es
weiter.
Die Forscher kamen aber auch zum Schluss, dass eine grössere
Reichweite – zum Beispiel über 300 Kilometer – die Alltagstauglichkeit nicht erhöht:
Sie wirke sich nur geringfügig auf die Anzahl zusätzlicher Fahrten aus,
die mit einer elektrischen Ladung zurückgelegt werden könnten. «Die
Vergrösserung der Batterien ist also kein Schlüsselelement der Energiewende»,
sagt Mario Herberz. (pb/mgt)
Die Studie wurde vom Bundesamt für Energie (BFE)
mitfinanziert und im Fachmagazin «Nature Energy» veröffentlicht.