Stromnetz: Freileitungen sollen Vorrang erhalten
Bewilligungsverfahren für den Um- und Ausbau der Stromnetze sollen speditiver verlaufen. Deshalb will der Bundesrat im Gesetz verankern, dass Übertragungsleitungen künftig prinzipiell als Freileitungen erstellt werden müssen.
Eine entsprechende Revision des Elektrizitätsgesetzes schickte der Bundesrat heute in die Vernehmlassung. Derzeit können in der Schweiz Leitungen des Übertragungsnetzes als Freileitung oder als Erdkabel ausgeführt werden. In einer umfassenden Interessenabwägung sei zu ermitteln, welche Übertragungstechnologie im Einzelfall eingesetzt werden solle. Wenn nun im Gesetz Freileitungen prinzipiell der Vorrang gewährt werde, bestehe mehr Planungssicherheit, wie es in den Erläuterungen zur Vorlage heisst.
Prüfung zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bleibt
Die Wahrscheinlichkeit für Differenzen unter den beteiligten Behörden oder einer gleichlautenden Beurteilung durch die gerichtlichen Beschwerdeinstanzen werde reduziert. Dies beschleunige den Planungsprozess und die Dauer von Bewilligungs- und Beschwerdeverfahren.
Quelle: zvg
Um die Bewilligungsverfahren zu beschleunigen, ist mit der Revision des Elektrizitätsgesetzes auch vorgesehen, dass der Ersatz von bestehenden Leitungen auf dem bisherigen Trassee künftig ohne Sachplanverfahren erfolgen soll.
Künftig soll eine Verkabelung einer Leitung nur noch dann geprüft werden müssen, wenn eine Freileitung den Schutz vor nichtionisierender Strahlung beeinträchtigen würde. Ebenfalls eine Prüfung würde nötig, wenn es um den Schutz von Objekten geht, die gemäss Natur- und Heimatschutz von nationaler Bedeutung sind. Durch den Freileitungsgrundsatz sänken zudem die Kosten für den Netzausbau, schreibt der Bundesrat in der Mitteilung. Das entlaste die Strombezügerinnen und -bezüger finanziell.
Kein Sachplan mehr bei Leitungsersatz
Laut dem Bundesrat erreicht in den nächsten Jahrzehnten ein Grossteil der Leitungen im Übertragungsnetz der Schweiz das Ende ihrer technischen Lebensdauer und muss deshalb erneuert werden. Die Bewilligungsverfahren dauerten oft zu lang. Das bremse den Netzausbau, der für die zunehmende Elektrifizierung der Schweizer Energieversorgung nötig ist.
Zur Beschleunigung der Verfahren sieht der Bundesrat nun auch vor, dass der Ersatz von bestehenden Leitungen auf dem bisherigen Trassee künftig ohne Sachplanverfahren erfolgen soll. Dies aber weiterhin unter Einhaltung der Bestimmungen zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung und Lärm, wie er schreibt. Auch für Transformatorenstationen im Niederspannungsnetz soll neu ein vereinfachtes und damit rascheres Verfahren angewendet werden.
Entscheid der Gerichte innerhalb von 180 Tagen
Die Landesregierung will auch festlegen, dass das Interesse an der Realisierung von neuen Anlagen des Übertragungsnetzes anderen nationalen Interessen grundsätzlich vorgehen soll. Ausserdem sollen die Kantone künftig zu Plangenehmigungsgesuchen innerhalb eines Monats Stellung nehmen.
Für Plangenehmigungsverfahren nach dem Elektrizitätsgesetz soll ausserdem künftig kein bundesinternes, formelles Differenzbereinigungsverfahren mehr stattfinden. Die betroffenen Stellen werden jedoch weiterhin angehört. Eidgenössische Gerichte sollen künftig über Einsprachen gegen Plangenehmigungen für Netzprojekte im Übertragungsnetz oder für Leitungen, die Anlagen von nationalem Interesse erschliessen, innerhalb von 180 Tagen nach Abschluss des Schriftenwechsels entscheiden.
Elektrizitätsunternehmen sagen «Ja, aber...»
Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) begrüsste die Vorlage in einer Medienmitteilung. Es brauche nicht nur den sogenannten Beschleunigungserlass zur Straffung der Verfahren für den Bau von Produktionsanlagen in der Schweiz. Es brauche auch den Ausbau der Netze. Der VSE merkt aber an, nicht nur für die Übertragungs-, sondern auch für die Verteilnetze brauche es Beschleunigungsmassnahmen. Die zunehmende Dezentralisierung, insbesondere die vielen dezentralen Photovoltaik-Anlagen und die steigende Anzahl von Elektroautos und Wärmepumpen, beanspruchten die Verteilnetze besonders. Deshalb müsse der Bundesrat mit der Gesetzesvorlage «zwingend für die Netze aller Ebenen mehr Tempo bringen». (sda/sts)