Strom im Flug gewinnen
Ein Schweizer Start-up lässt Energiedrohnen an einem Zugseil auf bis zu 300 Meter steigen. Die autonomen Fluggeräte sollen die gleichmässigeren Höhenwinde für die Stromproduktion nutzbar machen. Solche mobilen Kraftwerke brauchen weder Fundament noch Turm.
Klassische Windparks produzieren den Strom in Bodennähe. Doch den wuchtigen, turmhohen Windrädern mit ihren grossen Fundamenten erwächst oft zäher Widerstand. Das mobile Windenergiesystem der Dübendorfer Twingtec AG zeigt, wie man alternativ Strom produzieren kann. Das Start-up hat eine Drohne entwickelt, die Höhenwinde zur Energiegewinnung nutzt. In grosser Höhe wehen die Winde nämlich stärker und konstanter als in Bodennähe: Es herrschen also ideale Produktionsverhältnisse für ein Flugwindkraftwerk.
Das Herzstück des Schweizer Systems TT100 ist der sogenannte Twing – kurz für «tethered wing» (angebundener Flügel). Diese eher einem Segelflugzeug ähnelnde Drohne mit einer Spannweite von 15 Metern steigt auf bis zu 300 Meter Höhe. Mittels Zugseil und Seilwinde treibt das autonome Flugobjekt einen Stromgenerator an, der sich am Boden in einem Container befindet. Die generierte Leistung liegt bei 100 Kilowatt. Flaut der Wind einmal ab, landet die Drohne automatisch auf dem Containerdach. Weil das System ohne Turm und Fundamente auskommt, spart es im Vergleich zu einer klassischen Windturbine 95 Prozent des Materials.
Potenzial für sein System ortet Twingtec primär in sogenannten Off-Grid-Märkten, also dort, wo heute ohne Netzanschluss, Strom mit Dieselgeneratoren zu hohen Kosten produziert wird. «Weltweit verbrennen wir jedes Jahr Diesel im Wert von 50 Milliarden US-Dollar, um an abgelegenen Orten Strom zu produzieren», so Twingtec-CEO Rolf Luchsinger gegenüber dem St. Galler Tagblatt. Flugwindkraftwerke können an solchen Orten wirtschaftlich sauberen Strom produzieren – dies im Gegensatz zu klassischen Windturbinen.