Stabile Schweissnähte für die Luft- und Raumfahrt
Die Schweissnähte an Treibstofftanks einer Rakete müssen beim Start immense Kräfte aushalten. Für solche Nähte wird das Verfahren des Rührreibschweissens genutzt. Wissenschaftler der TU München wollen diesen Prozess effizienter machen.
Quelle: Giacomo Costanzi / TUM
Andreas Bachmann (links) beobachtet durch ein Sicherheitsglas, wie ein Roboter zwei Metallplatten mit dem schnell drehenden Schweissstift zusammenschweisst.
Das Verfahren des Rührreibschweissens kommt immer öfters bei
Bauteilen zum Einsatz, deren Nähte besonders dicht und stabil sein müssen.
Anwendungsbereiche sind beispielsweise der Rumpf eines Flugzeuges, das
Kühlsystem eines Autos oder auch der Treibstofftank einer Rakete. Im Gegensatz
zu anderen Verfahren wird hierbei kein zusätzliches Schweissmaterial benötigt
und die Temperaturen bleiben in der Regel unter dem Schmelzpunkt.
Aus diesem Grund eignet sich das Verfahren vor allem für temperaturempfindliche
Materialien wie leichtes Aluminium. Bei dem Verfahren wird der rotierende Schweissstift
des Geräts an der Grenzfläche der eingespannten Bauteile entlanggeführt. Der
Stift weicht dabei das Material durch Reibungswärme auf, ohne es zu schmelzen. Im
Zuge des Prozesses verrührt der Stift die beiden Bauteile an der Grenzfläche und
sorgt nach dem Abkühlen für eine besonders feste Naht.
Bei dieser erst 30 Jahre alten Methode gibt es laut der Technischen
Universität München (TUM) aber ein Problem: fehlende Erfahrungswerte. So müssen
für jedes neue Bauteil oder Material die Einstellungen des Geräts durch Austesten
bestimmt werden. Mit einer automatischen Regelung, die die Einstellungen selbst
bestimmt und anpasst, liesse sich die Effizienz des Verfahrens verbessern. Dr.
Andreas Bachmann hat für seine Forschungsarbeit an der TUM ein Regelungskonzept
entwickelt.
Positronen finden «Löcher» im Metall
Bachmann untersuchte zunächst anhand einer in der Raumfahrt
eingesetzten Aluminiumlegierung, inwiefern die Temperatur und Schweissgeschwindigkeit
den Prozess beeinflussen. Dazu nutzte er die Positronenquelle «NEPOMUC» der
Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II). Der Positronenstrahl
der Anlage wird vor allem für Grundlagenexperimente in der Materialforschung
genutzt, da sich damit Defekte im Atomgitter erkennen und Atomsorten
unterscheiden lassen.
Mit der sogenannten Doppler-Verbreitungsspektroskopie konnte
das Team demnach die Defekte im Metall in und nahe der Schweissnaht finden, wie
Bachmann in einer Mitteilung der Universität erklärt. Hierfür schiessen die
Forscher Positronen in das Metallgitter, wo sie von den ebenfalls positiv
geladenen Atomrümpfen im Gitter abgestossen werden.
Danach bewegen sie sich von selbst zu Leerstellen, wo sie wiederum auf ihr Antiteilchen treffen: ein Elektron. Die Teilchen löschen sich dabei gegenseitig aus und senden Energiestrahlen aus, die wiederum detektiert werden. Genau diese gemessenen Strahlen geben Auskunft über die Position und Häufigkeit von atomaren Leerstellen – und somit zu Defekten im Metall.
Quelle: Giacomo Costanzi / TUM
Beim Rührreibschweissen weicht der rotierende Schweissstift das Material durch Reibungswärme auf, ohne es zu schmelzen.
Defekte sind temperaturabhängig
Die Forscher fanden bei ihren Untersuchungen weniger Defekte bei höheren Schweisstemperaturen um die 500 Grad Celsius. «Im Vergleich zu anderen Schweissverfahren sind 500 Grad allerdings immer noch sehr niedrig», so Bachmann. Der Forscher erklärt: Eine geringere Schweisstemperatur ist für die temperaturempfindlichen Materialien zwar besser, wenn sie aber zu gering ist, wirkt sich das negativ auf die Festigkeit der Naht aus.
Die ideale Schweisstemperatur ist für jedes Material also unterschiedlich und muss jeweils bestimmt werden. Vor diesem Hintergrund entwickelte Bachmann eine Regelung, bei der die optimale Temperatur eingestellt wird. Ein Sensor misst dabei die Temperatur in Echtzeit, während ein Algorithmus bestimmt, wie schnell sich das Werkzeug drehen muss, damit die Abweichung zwischen Soll- und Ist-Wert 0 beträgt. «Eine Schweissnaht mit Regelung war im Test 1,5-Mal so fest wie ohne Regelung», erklärt der Forscher.
Die Forschungsarbeit zeigt zudem auf, dass theoretisch auch eine Regelung ohne Temperatursensoren möglich wäre. Dabei wird der Widerstand beim Drehen des Schweissstiftes gemessen und auf diese Weise die Temperatur bestimmt. «Je wärmer das Metall ist, desto leichter lässt es sich umformen und mit dem Werkzeug verrühren». Wie leicht oder wie schwer sich das Metall verrühren lässt, könne über das am Motor anliegende Moment gemessen werden. Dieser Ansatz könnte nun weiterentwickelt werden, um den Einsatz dieser Regelung in der Praxis zu erleichtern. (mgt/pb)
Zur Mitteilung der Technischen Universität München: www.tum.de