Sri Lanka: Spektakuläre Bauwerke der Trend-Destination
Sri Lanka steht derzeit bei vielen weit oben auf der Reise-Wunschliste. Das Land – geprägt von seiner Kolonialgeschichte, Bürgerkriegen und vier Religionen – hat viel zu erzählen. Einen Monat lang haben wir uns in der beliebten Reisedestination umgeschaut. Das sind unsere Favoriten unter den geschichtsträchtigsten Sehenswürdigkeiten.
Quelle: Nadine Siegle
Die Bahiravokanda Vihara Buddha Statue thront hoch über der letzten Königsstadt Kandy.
Der Reiseführer Lonely Planet hat Sri Lanka zur Top-Reisedestination 2019 gekürt. Und dies aus gutem Grund: Das beliebte Reiseziel ist für seine aussergewöhnliche Vielfalt auf kleinem Raum bekannt – ob frisch verheiratete "Honeymooner" oder abenteuerlustige Backpacker, Sri Lanka hat für jeden Geschmack etwas im Angebot.
Besonders Architekturfreunden und Geschichtsinteressierten wird es auf der Träne Indiens, wie die Insel aufgrund ihrer Form und Lage ebenfalls genannt wird, nicht langweilig. Denn historische Bauwerke findet man in Sri Lanka an jeder Ecke. Dies sind die Favoriten der Baublatt-Redaktion:
1. Zahntempel in Kandy
Der "Sri Dalada Maligawa", unter Touristen als "Temple of the Sacred Tooth Relic" (zu Deutsch: Tempel der Zahnreliquie oder einfach nur Zahntempel) bekannt, ist ein buddhistischer Tempel in Kandy. Der Tempel ist eines der wichtigsten Pilgerziele Sri Lankas, denn er beherbergt der Überlieferung nach einen Eckzahn des ersten Buddhas. Buddhisten aus aller Welt reisen dafür nach Kandy.
Der Tempel wurde zwischen 1687 und 1782 gebaut. Seit 1988 gehört der Zahntempel zum Unesco Weltkulturerbe. Im mehrteiligen weissen Gebäudekomplex sind unter anderem eine Bibliothek, ein Museum und mehrere Schreine untergebracht.
Wo ist der Zahn?
Die Hauptattraktion, der Goldene Schrein, befindet sich auf der dritten Etage. Dort versammeln sich täglich unzählige Pilger zur Verehrung des heiligen Zahns, der sich im aufwendig verzierten hölzernen Schrein befindet. Dreimal täglich wird dieser geöffnet. Sehen kann man den Zahn jedoch nicht: Er ist in sieben goldenen Schatullen, sogenannten Dagobas, eingeschlossen.
Der Zahn spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle in der Politik, denn es galt: Wer den Zahn in seinem Besitz hat, regiert das Land. Wurde der Königssitz von einer Stadt in eine andere überführt, so wurde auch ein neuer Schrein für den Zahn gebaut. Kandy, das heutige Zuhause der Reliquie, war die letzte Königsstadt Sri Lankas.
2. Nine Arch Bridge in Ella
Die 24 Meter hohe Neun-Bogen-Brücke liegt zwischen der Bahnstation Demodara und Ella, einem touristischen Städtchen im zentralen Hochland, mitten im Teeanbaugebiet Uva. Die Brücke entstand als Teil der Eisenbahnlinie zwischen Colombo und Badulla, die quer durch die Insel führt. Eröffnet wurde die "Demodara Nine Arch Bridge" im Jahr 1921. Sie ist ein imposantes Beispiel für den Eisenbahnbau in der britischen Kolonialzeit.
Ganz ohne Stahl
Die Brücke besteht nur aus Ziegel, Stein und Zement. Beim Bau wurde komplett auf Stahl verzichtet. Erzählungen zufolge wurde sämtlicher Stahl beim Ausbruch des ersten Weltkriegs für Kriegszwecke gebraucht, weshalb für den Brückenbau nichts mehr übrig blieb und das Unterfangen gestoppt wurde. Danach habe die lokale Bevölkerung die Brücke ohne Stahl selbständig gebaut.
Heute ist die Brücke, auch "Bridge in the Sky" (zu Deutsch: Brücke im Himmel) genannt, eines der beliebtesten Instagram-Motive der Insel. Das Spazieren auf den Gleisen – und damit auch auf der Brücke – ist in Sri Lanka wegen des wenigen Bahnverkehrs vielerorts ungefährlich und sehr beliebt. So kann die Brücke vom Bahnhof in Ella der Bahnlinie entlang zu Fuss in etwa 30 Minuten erreicht werden. Die aus der Kolonialzeit stammenden Schienen wurden mit dem Tourismusboom in Sri Lanka zu äusserst beliebten Selfie-Hintergründen.
3. Löwenfelsen von Sigiriya
Der Löwenfelsen, der seit 1982 zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten des Landes. Auf einem 200 Meter aus dem Boden ragenden Felsen befinden sich die Ruinen einer Festung, die vermutlich aus dem 5. Jahrhundert nach Christus nach stammen. König Kashyapa soll dort im Jahr 473 seine Residenz errichtet haben, nachdem er sich mit der Ermordung seines Vaters die Thronfolge sicherte, die eigentlich seinem Halbbruder zugestanden hätte. Aus Sicherheitsgründen wählte er den Felsen für seinen neuen Palast aus. Lange hielt sich Kashyapa allerdings nicht. Schon 495 nach Christus wurde er von seinem Halbbruder gestürzt.
Von den früheren Palastgebäuden sind heute nur noch die Grundmauern übrig. Ursprünglich führte der Weg zum letzten Teil des Aufstiegs durch ein Tor in Löwenform – durch den Mund des Löwen. Heute sind an dieser Stelle allerdings nur noch zwei riesige Tatzen zu sehen. Oben bietet sich dem Besucher ein eindrückliches 360-Grad-Panorama auf die umliegende Ebene.
Nachbarfels für Budgetbewusste
Der Eintrittspreis zum Sigiriya Rock schockiert manch einen Besucher: Zwischen 25 und 30 US-Dollar kostet es je nach Wechselkurs, um den Felsen und die umliegende Garten- und Parkanlage zu besichtigen. Viele Touristen entscheiden sich stattdessen, den etwa einen Kilometer entfernten Pidurangala Rock – für ungefähr fünf US-Dollar – zu besteigen. Am Fusse des Pidurangala findet man Überreste eines Klosterbaus. Auch dieser Aufstieg wird mit einer schönen Aussicht belohnt – mit dem Unterschied, dass man dabei auch den Sigiriya-Felsen im Blick hat.
4. Altstadt und Festung von Galle Fort
Die Stadt Galle liegt an der Südwestküste Sri Lankas, rund 100 Kilometer südlich von Colombo. Sie verkörpert die Kolonialgeschichte der Insel besonders augenscheinlich.
Der Hafen von Galle diente bereits weit vor der Kolonialisierung durch die Portugiesen im 16. Jahrhundert als wichtiger Handelsknoten, unter anderem für die Griechen, Perser, Araber und Inder. 1505 erreichten die Portugiesen Sri Lanka als erstes über den Hafen in Galle. Sie errichteten hier erste, einfache Festungsmauern.
Bedeutungsverlust unter den Briten
Die Niederländer eroberten die Stadt im Jahr 1640 und gestalteten den Wiederaufbau der Festung nach ihren Vorstellungen. Sie entschieden, die ganze Halbinsel mit Mauern zu umgeben. Der Grossteil der Bauarbeiten geschah im Jahr 1663. Die Wallanlage ist insgesamt knapp drei Kilometer lang. Die Gebäude und Strassen der Altstadt, die sie umschliesst, wurden in einem übersichtlichen Raster angeordnet.
Die Niederländer machten Galle zur Hauptstadt von Niederländisch-Ceylon und nahmen bis ins frühe 18. Jahrhundert weitere Ergänzungen an der Festung vor. Für die Briten, die das Land 1796 übernahmen, diente Galle lediglich noch als örtliches Verwaltungszentrum. Der Hafen in Galle verlor immer mehr an Bedeutung, nachdem die Kolonialmacht ihre Basis in Colombo einrichtete und dort ein grösserer Hafen entstand. Die Briten nahmen aber dennoch weitere Veränderungen an der Festung in Galle vor. Sie bauten etwa einen Leuchtturm, der heute noch ein Wahrzeichen der Stadt ist.
Europäische Architektur und südasiatische Tradition
Galle Fort ist eines der wichtigsten historischen Bauwerke, das den Einfluss der Europäer in Südasien verdeutlicht. Ein Spaziergang durch die Altstadt gleicht einer Zeitreise, die Gebäude sind heute noch im typischen niederländischen Kolonialstil gestaltet. Gemäss der Unesco, welche die Festung und die darin liegende Altstadt 1988 als Weltkulturerbe anerkannte, zeigt Galle Fort auf einzigartige Weise die Verbindung europäischer Architektur und südasiatischer Tradition.
5. Höhlentempel von Dambulla
Der "Dambulla Cave Temple" ist der grösste und am besten erhaltene Höhlentempelkomplex der Insel. Die Klosterhöhlen befinden sich in einem 160 Meter hohen Granitfelsen und umfassen über 80 Höhlen. Davon sind fünf grosse Höhlen mit ihren Buddha-Statuen und Malereien die Hauptattraktion für Touristen.
Der Tempelkomplex stammt aus den ersten Jahrhunderten vor Christus. Die Höhlen boten König Vattagamini Abhaya während 15 Jahren ein Versteck vor den Südindern, als diese die damalige Königsstadt Anuradhapura besetzten. Nach seiner Rückkehr auf den Thron soll er aus Dankbarkeit den Bau eines Höhlentempels in Auftrag gegeben haben. Spätere Könige taten es ihm gleich und so wuchs der Komplex bis ins 11. Jahrhundert zu einer wichtigen religiösen Stätte heran, die es bis heute geblieben ist. Seit 1991 gehört die Sehenswürdigkeit unter dem Namen "Goldener Tempel von Dambulla" zum Weltkulturerbe der Unesco.
Malereien und heilendes Quellwasser
In den Dambulla-Höhlen findet man über 150 Buddha-Statuen, die aus unterschiedlichen Epochen stammen. Besonders berühmt sind die Höhlen für die insgesamt 2100 Quadratmeter abdeckenden Wand- und Deckenmalereien aus der Kandy-Ära, der Zeit des Königreichs Kandy in Zentral- und Ost-Sri Lanka zwischen 1469 und 1815. Es wird angenommen, dass die Höhlen schon vor der Kandy-Zeit verziert wurden, diese Bemalungen aber später restauriert und übermalt wurden.
Die zweite der fünf Höhlen ist die grösste. Sie misst rund 37 auf 23 Meter und ist stellenweise bis zu sieben Meter hoch. Auch findet man über 50 Buddha-Statuen, flächendeckende Malereien, die vom ersten Buddha und der Geschichte Sri Lankas berichten, sowie zwei Königsstatuen, einer davon Vattagamini Abhaya. In der Höhle befindet sich zudem eine kleine Quelle, deren Wasser Heilkraft besitzen soll.
Bauboom versus Zerfall
Nicht überall werden Gebäude so gepflegt, wie sie es nötig hätten. Auch Ruinen der Neuzeit sind kein seltener Anblick bei einer Reise durch Sri Lanka. Auf der anderen Seite sorgt der rasant wachsende Tourismus für einen landesweiten Bauboom. So begegnet man einem etwas bizarren Nebeneinander von vernachlässigten Häusern und riesigen Baustellen der Hoteliers.