18:12 VERSCHIEDENES

Smarte Seile geben Bescheid, wenn sie nicht mehr tragen

Teaserbild-Quelle: Sylvain Mauroux, Unsplash

Werden Hochleistungsfasern – etwa Tragseile für schwere Lasten auf der Baustelle oder Sicherheitsseile der Feuerwehr – hohen Temperaturen etwa durch Reibung oder Feuer ausgesetzt, büssen sie oft unbemerkt ihre mechanischen Eigenschaften ein. Die Empa hat eine Beschichtung entwickelt, die die Farbe wechselt, nachdem sie hohen Temperaturen ausgesetzt gewesen ist.

Bergsteiger (Symbolbild)

Quelle: Sylvain Mauroux, Unsplash

Im Bergsport aber auch auf Baustellen oder bei der Feuerwehr hängen Leben von Seilen ab.

Bislang gab es keine Möglichkeit, solchen Seilen diese Schäden anzumerken. Ein Forscherteam der Empa und der ETH Zürich haben nun eine Beschichtung entwickelt, die aufgrund der physikalischen Reaktion mit Hitze ihre Farbe wechselt und so deutlich anzeigt, ob ein Seil auch zukünftig noch die Sicherheit bietet, die es verspricht.

Masterarbeit als Basis

Im 2018 hatte ein Forschungsteam der ETH Zürich und der Empa anlässlich einer Masterarbeit ein Beschichtungssystem entwickelt, das das Empa-Team nun auf Fasern anwenden konnte. „Das war ein Prozess mit mehreren Schritten“, erklärt Dirk Hegemann von der Empa-Abteilung Advances Fibers. Die ersten Beschichtungen funktionierten lediglich auf glatten Oberflächen. Die Methode musste also zunächst einmal so angepasst werden, dass sie auch auf gekrümmten Flächen funktioniert. Die Empa verfügt beim Beschichten von Fasern über ein breites Know-How – so haben Hegemann und sein Team in der Vergangenheit bereits elektrisch leitfähige Fasern entwickelt. Das sogenannte Sputtering kam nun auch bei der neusten Beschichtung erfolgreich zum Einsatz.

Silber als Reflektor

Damit die Faser bei Hitze auch tatsächlich ihre Farbe verändern kann, brauchte es drei Schichten. Auf die Faser selbst - im Falle der Forschungsarbeit war es PET (also Polyester) und die Hightech-Faser Vectran - bringen die Forschenden Silber auf. Dieses dient als Reflektor oder vielmehr als metallische Basisschicht. Dann folgt eine Zwischenschicht aus Titan-Stickoxid, die dafür sorgt, dass das Silber stabil bleibt. Und erst dann folgt jene Schicht, die für die Farbveränderung sorgt: ein gerade einmal 20 Nanometer dünnes Germanium-Antimon-Tellurium (GST). Wird diese Schicht erhöhten Temperaturen ausgesetzt, kristallisiert sie; Dadurch verändert sich der Farbeindruck, etwa von blau nach weisslich.

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Quelle: Empa

Das beschichtete Polyester-Filament vor (rechts) und nach dem Hitzetest bei 150 Grad (links). Der Farbwechsel von blau nach weiss ist deutlich zu erkennen und die Sicherheit des Produktes nicht mehr gewährleistet.

Abhängig von der chemischen Zusammensetzung der temperatursensitiven Schicht lässt sich diese Farbveränderung auf einen Temperaturbereich zwischen 100 und 400 Grad einstellen und damit an die mechanischen Eigenschaften des Fasertyps anpassen.

Seile für Baustellen

Noch sind die möglichen Anwendungsgebiete der farbverändernden Fasern offen, und Hegemann ist derzeit auf der Suche nach möglichen Projektpartnern. Nebst Sicherheitsausrüstung für Feuerwehrleute oder Bergsteiger lassen sich die Fasern zum Beispiel auch für Lastseile in Produktionsstätten oder auf Baustellen nutzen.

Die Forschung am Thema ist jedenfalls noch längst nicht abgeschlossen. So lässt sich die Fasern zurzeit noch nicht über längere Zeiträume lagern: „Leider oxidieren die Phase-Change-Materialien im Verlauf von einigen Monaten“, so Hegemann. Das bedeutet, dass der entsprechende Phasenwechsel – die Kristallisation – selbst bei Hitze nicht mehr stattfindet und das Seil somit sein «Warnsignal» verliert. Dass das Prinzip funktioniert, ist jedenfalls bewiesen und die Haltbarkeit ein Thema zukünftiger Forschung, so Hegemann. „Sobald erste Partner aus der Industrie ihr Interesse für eigene Produkte anmelden, lassen sich die Fasern entsprechend ihren Bedürfnissen weiter optimieren“. (mgt/mai)

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