Reste einer Pfahlbausiedlung zeigen: Luzern ist 2000 Jahre älter als angenommen
Die Kantonsarchäologie Luzern ist im Zuge der Verlegung der Seewasserleitung auf Spuren eines versunkenen, rund 3000 Jahre alten Dorfes aus der Bronzezeit gestossen. Der Fund beweist: Luzern ist 2000 Jahre älter als bisher angenommen.
Quelle: zvg / Kantonsarchäologie Luzern
In der Nähe der Werftestrasse konnte am Donnerstag auf Boten live mitverfolgt werden, wie Holzpfähle der einstigen Siedlung aus der Seetiefe ans Tageslicht befördert wurden.
Die Kantonsarchäologie präsentierte die Erkenntnisse zur frühen Geschichte der Stadt Luzern am Donnerstag bei einer Medienorientierung. In der Nähe der Werftestrasse konnte auf Boten live mitverfolgt werden, wie Holzpfähle der einstigen Siedlung aus der Seetiefe ans Tageslicht befördert wurden. Die Fundstücke der bislang ältesten Siedlung von Luzern bestätigen laut der Kantonsarchäologie, dass an dieser Stelle bereits vor 3000 Jahren Menschen siedelten.
Stadt Luzern ist rund 2000 Jahre älter
Damit wird die Stadt Luzern auf einen Schlag um rund 2000 Jahre älter, als dies bisher belegt werden konnte. Luzern stellt sich damit nun in die Reihe bedeutender Städte wie Zürich oder Genf und belegt gemäss einer Mitteilung mit dem Fund, dass auch in der Zentralschweiz die Lage am Ausfluss grosser Seen seit Urzeiten begehrt und die wirtschaftliche Entwicklung förderte.
Die Stadt Luzern wurde vor 800 Jahren gegründet, ihre Geschichte ist laut Kantonsarchäologie aber älter. So gehen einige archäologischen Überreste in der Altstadt bis ins 10. Jahrhundert zurück und das bei der Hofkirche gelegene frühere Kloster St. Leodegar erscheint in schriftlichen Quellen bereits im 8. Jahrhundert. Was aber vor dieser Zeit war, war bislang nicht bekannt.
Nur einzelne verstreute Fundstücke aus der Stein- und Römerzeit sowie archäobotanische Proben zeugten davon, dass Luzern im frühen Mittelalter nicht einfach «aus dem Nichts» entstanden war und auch vorangegangene Epochen Teil Ihrer Geschichte sein mussten. Bis vor kurzem fehlte es hierbei aber an Belegen für die Lokalisierung älterer Siedlungen.
Seespiegel war fünf Meter tiefer
Grund für das Fehlen älterer Siedlungsreste ist der markante Pegelanstieg des Vierwaldstättersees bis zirka ins 15. Jahrhundert, wie die Kantonsarchäologie erklärt. So brachte der Kriensbach bei Unwettern grosse Mengen an Geröll und Geschiebe Richtung Reuss und engte den Seeausfluss zunehmend ein. Ab dem 9./10. Jahrhundert beschleunigte sich der Seespiegelanstieg zusätzlich durch den Eingriff des Menschen.
Quelle: Emanuel Ammon/AURA
Taucher der Unterwasserarchäologie Zürich über dem Leitungsgraben.
Dies aufgrund der Errichtung eines Stauwehrs für die Mühlen und wegen Bauten der mittelalterlichen Stadt in die Reuss hinaus, die den Seeausfluss zusätzlich schmälerten. Vor diesen Ereignissen stand der Seespiegel rund fünf Meter tiefer als heute, so dass das Seebecken trocken lag und ein ideales Siedlungsgebiet bildete. Das Seeufer verlief damals zudem etwa auf der Linie Verkehrshaus – Tribschen und bildete hinter dem Tribschenhorn eine kleine Bucht.
Eine Wasserleitung bringt den Durchbruch
Das seichte Luzerner Seebecken steht deshalb seit langem im Fokus der Archäologie, wie aus der Mitteilung hervorgeht. Bislang fehlte es hierbei jedoch an gezielten Hinweisen auf diese «versunkenen Siedlungen», da der Seegrund von einer dicken Schlammschicht bedeckt ist. Mit der Verlegung der Seewasserleitung für das See-Energiezentrum Inseliquai der ewl AG bot sich die Gelegenheit, einen Einblick in die Schichtverhältnisse des Seegrunds zu erhalten.
Im Zuge dessen kontrollierte und dokumentierte die Tauchequipe der Unterwasserarchäologie des Amts für Städtebau der Stadt Zürich seit Dezember 2019 die jeweils freigelegten Leitungsgrabenabschnitte. Die Arbeiten fanden in rund drei bis vier Metern Tiefe statt und sind – nach ein paar ergänzenden Tauchgängen im Februar 2021 – nun abgeschlossen.
Bagger hob prähistorische Bauhölzer aus
Bereits im März 2020 hob der Bagger neben Schwemmsedimenten zahlreiche Holzpfähle aus dem Wasser, wie die Kantonsarchäologie weiter mitteilt. Den Taucharchäologie-Fachleuten war schnell klar, dass es sich bei den Pfählen um prähistorische Bauhölzer handelte.
Bald kamen auch Keramikscherben zum Vorschein. Der Leitungsgraben führt somit mitten durch ein Areal mit Resten von Pfahlbausiedlungen. Die Datierung der Bauhölzer und die Analyse der Keramik belegen die Datierung dieser Siedlungsreste in die späte Bronzezeit, in die Jahre um etwa 1000 v. Chr. (mgt/pb)