Neues römisches Amphitheater in Kaiseraugst entdeckt
Bei Ausgrabungen im Zuge der Bauarbeiten für den Neubau eines Bootshauses am Rhein in Kaiseraugst wurde ein bislang vollkommen unbekanntes römisches Amphitheater ausgegraben. Der Fund ist damit erst der zweite seiner Art im Kanton Aargau.
Quelle: Kantonsarchäologie Aargau, © Kanton Aargau
Das neu entdeckte Amphitheater von Kaiseraugst unmittelbar am Rheinufer in einer Drohnenaufnahme.
Anfang Dezember 2021 wurden die Bauarbeiten für den Neubau eines Bootshauses des Basler Ruderclubs am Rhein in Kaiseraugst durch die Grabungsequipe der Kantonsarchäologie Aargau begleitet. Da das Bauprojekt einen römischen Steinbruch tangiert habe, rechnete man nicht mit Mauern, heisst es in einer Mitteilung der Kantonsarchäologie Aargau von Mittwoch. Umso überraschter seien die Archäologen gewesen, als sie einen ovalen Mauerring zutage förderten.
Ein Amphitheater aus der Spätantike
Die Funktion des ovalen Mauerrings sei zunächst unklar gewesen. Erst im Verlauf der Ausgrabung habe sich die These erhärtet, dass es sich dabei um ein römisches Amphitheater handle. Die Anlage ist rund 50 Meter lang und 40 Meter breit und liegt in der Senke eines noch in römischer Zeit aufgegebenen Steinbruchs unmittelbar westlich des Kastells Kaiseraugst, dem Castrum Rauracense. Im Süden der Anlage konnte gemäss Mitteilung zudem ein grosses Tor freigelegt werden, das beidseits von zwei Seiteneingängen flankiert war.
Vom westlichen Seiteneingang war noch eine Schwelle aus Sandsteinquadern erhalten. An der Westseite befand sich ausserdem ein weiterer Zugang in die Arena, der wiederum mit einer grossen Sandsteinschwelle erkennbar ist. Die Innenseite der Arenamauer war laut der Kantonsarchäologie verputzt. Die Tribünen bestanden aus einer Holzkonstruktion, was gemäss Mitteilung durch einen Abdruck eines Holzpfostens nachgewiesen werden konnte.
Quelle: Kantonsarchäologie Aargau, © Kanton Aargau
Freigelegt ist etwa ein Viertel des Mauerovals.
Fund unterstreicht Bedeutung des Castrum Rauracense
All diese Indizien – das Oval, die Eingänge und die Pfostensetzung für eine Tribüne – würden für die Deutung als Amphitheater sprechen, heisst es weiter. Aufgrund der verwendeten Baumaterialien, der Funde und der Tatsache, dass es im aufgegebenen Steinbruch errichtet worden ist, wird die Anlage von der Kantonsarchäologie in die Spätantike, wahrscheinlich ins 4. Jahrhundert nach Christus, datiert. Damit sei dies das jüngste, bekannte Amphitheater des Imperium Romanum, heisst es weiter.
Das Monument unterstreiche dadurch die Bedeutung des Castrum Rauracense im 4. nachchristlichen Jahrhundert. Das Kastell war eine wichtige Siedlung mit militärischer Funktion an der römischen Grenze, aber auch ein administratives Zentrum. Als archäologische Fundstelle «Römerstadt Augusta Raurica» bilden die kaiserzeitliche Stadt Augusta Raurica und das spätantike Kastell Castrum Rauracense eine Einheit. Heute erstreckt sich die Fundstelle sowohl auf Aargauer wie auch auf basellandschaftlichem Gebiet.
Quelle: Kantonsarchäologie Aargau, © Kanton Aargau
Eine verputzte Mauer umschliesst die ovale Arena des Amphitheaters.
Monument bleibt im Boden erhalten
Das Amphitheater von Kaiseraugst ist nach demjenigen von Vindonissa (Windisch) das zweite Amphitheater im Kanton Aargau, wie aus der Mitteilung hervorgeht. In der Römerstadt Augusta Raurica ist es das dritte derartige Monument. Schweizweit seien nun acht solcher Bauten bekannt.
So gibt es neben Vindonissa und Augusta Raurica ein Amphitheater in Avenches (Aventicum), Martigny (Forum Claudii Vallensium), Nyon (Colonia Iulia Equestris) und auf der Engehalbinsel in Bern (Brenodurum). In römischer Zeit wurden in diesen Arenen Spiele wie Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen dargeboten, die sich damals grosser Beliebtheit erfreuten.
Dank der engen und guten Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft konnte das Bauprojekt gemäss Mitteilung so angepasst werden, dass das Amphitheater von Kaiseraugst im Boden erhalten bleibt. Die archäologische Substanz werde durch eine Aufschüttung geschützt. Darüber wird der Neubau errichtet. Das Monument bleibe dadurch an seinem originalen Platz und sei optimal geschützt, sodass es für die Zukunft erhalten bleibt. (mgt/pb)
Quelle: Kantonsarchäologie Aargau, © Kanton Aargau
Die Schwelle des Seiteneingangs besteht aus einem Sandsteinblock.