12:05 VERSCHIEDENES

Luftverschmutzung: Emissionen messen mit Claude Monet und William Turner?

Teaserbild-Quelle: Claude Monet

Der Grad der Luftverschmutzung lässt sich auch in der Kunst ablesen. Das legt eine Studie nahe, die aufzeigt, dass Gemälde von Claude Monet oder William Turner sichtbar machen, wie stark die Luftverschmutzung gewesen ist, unter der Städte wie London gelitten haben.

Waterloo Bridge um 1903, Claude Monet

Quelle: Claude Monet

Waterloo Bridge um 1903, Claude Monet

Im Zuge der Industrialisierung hatte die Luftverschmutzung massiv zugenommen. Von den steigenden Emissionen zeugen auch Werke von Claude Monet (1840-1926) und dem von ihm bewunderten William Turner (1775-1851). Das gilt für die  Eisenbahnbrücke im Dunst (Bild unterhalb des Artikels) ebenso wie für die schemenhafte Waterloo Bridge (Bild oben). Solche Bilder erzählen von besonderen Lichtstimmungen und vor allem aber von den Emissionen, die im 19. Jahrhundert  mit dem technischen Fortschritt ein bisher noch nie dagewesenes Ausmass erreicht hatten.

Diesen Schluss ziehen Anna Lea Albright vom Labor für dynamische Meteorologie der Sorbonne in Paris und Peter Huybers vom Department of Earth Sciences der Harvard Universität in einer Studie, die sie vor kurzem im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) haben.

Houses of Parliament in London um 1903-1904, Claude Monet.

Quelle: Claude Monet

Houses of Parliament in London um 1903-1904, Claude Monet.

Für ihre Untersuchung nahmen Albright und Huybers Ansichten Turners und Monets von Paris und London unter die Lupe. Monet und Turner hatten zum Teil dieselben Sujets wiederholt festgehalten. Damit konnten Albright und Huybers die Intensität von Dunst, Nebel und Smog in unterschiedlichen Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts miteinander vergleichen. Dabei gelangten zur Erkenntnis, dass sich in den Werken der Künstler eben auch die Luftverschmutzung widerspiegelt.

„Die Industrialisierung veränderte das Umfeld, in dem Turner und Monet malten“, schreiben sie.  „Unsere Forschungsresultate deuten darauf hin, dass sich in ihren Gemälden Veränderungen der visuellen Umgebung niedergeschlagen haben, die mit der zunehmenden Verschmutzung der Atmosphäre während der Industrialisierung zuammenhängen.“ (mai)

"Rain, Steam and Speed - The Great Western Railway" um 1844,  J. M. W. Turner

Quelle: J. M. W. Turner

"Rain, Steam and Speed - The Great Western Railway" um 1844, Joseph Mallord William Turner

Smog in London

Der Zug, den William Turner 1844 in seinem Werk „Rain, Steam and Speed“ über die Leinwand brausen liess, ist auf der Maidenhead Railway Bridge westlich von London unterwegs. Die Brücke gehörte zur Great Western Railway (GWR), die damals Bristol mit der Themsestadt verband. Letztere lässt sich auf dem Bild in weiter Ferne nur erahnen: Die Millionenmetropole, in der bereits damals über zwei Millionen Menschen wohnten,  dürfte unter einer Glocke aus Dunst und Smog gelegen haben.

Mit der Industrialisierung begannen sich in der damals grössten Stadt Europas auch die Umweltprobleme massiv zu verschärfen. Besonders katastrophal wirkte sich der Rauch der unzähligen Kohleheizungen im Winter aus, auch die zunehmenden Fabriken trugen das ihre dazu bei. Wegen der verdreckten Luft litten viele unter Lungenkrankheiten. Zudem sorgte die vernebelte Sicht für Probleme, so musste etwa an besonders smoglastigen Tagen die Strassenbeleuchtung tagsüber eingeschaltet bleiben und der Bahnverkehr kam zum Erliegen.

„The Great Smog“ von 1952

Ihren tragischen Höhepunkt erreichte die Luftverschmutzung mit der Smog-Katastrophe von 1952: „The Great Smog“ verursachte zwischen dem 5. und 9. Dezember bei Zehntausenden von Londonern Atemprobleme, Tausende starben, vor allem Kinder und ältere Menschen. Die Spitäler waren überlastet, wegen Personen, die unter akuter Atemnot litten.

Und die Wohnung zu verlassen war gefährlich geworden, weil die Sicht derart eingeschränkt war, dass man Gefahr lief, sich zu verirren oder zu stürzen. Die Sichtweite soll mancherorts zum Teil gerade Mal noch 30 Zentimeter betragen haben. Der Smog kroch zudem auch in die Gebäude, wo er ebenfalls alles dick einhüllte.

„Clean Air Act“: Ein Gesetz für bessere Luft

Immerhin sorgte „The Great Smog“ dafür, dass sich der Umgang mit der Luftverschmutzung zu ändern begann: Mit dem „Clean Air Act“ von 1956 wurde ein Massnahmenpaket zur Eindämmung des giftigen Dunstes geschnürt. Die Zahl der offenen Kamine, wie sie in London in vielen Häusern üblich waren, sollte reduziert werden. Es gab finanzielle Zuschüsse, wenn von Kohle- auf Gasheizungen umgestellt wurde. Allerdings  sollten diese Massnahmen nicht genügen.

1962 kam es zu einer abermaligen, wenn auch weniger heftigen Smogkatastrophe. Weitere Gesetze wurden ergriffen, mit dem Clean Air Act 1968 und jenem vom 1996. (mai)

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