Lesetipp „Æther“: Die Alpen vor dem Massentourismus
Unterwegs im Alpenraum um 1750: Die jüngste Ausgabe von „Æther“ thematisiert die Alpen, bevor der Gebirgstourismus boomte. Die ETH-Onlinepublikation berichtet etwa vom Rätsel um das Blau des Himmels, von Forschern und Bergsteigern oder vom Einfluss der Rinderhaltung auf die Landschaft.
Quelle: Caspar Wolf, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaften, Inv. Nr. 26977, Gemeinfrei
Der Untere Grindelwaldgletscher mit Lütschine und dem Mettenber von Caspar Wolf um 1774. (Symbolbild)
„Und wie ungleich ist dieses Blau selbst im Zenith an demselben Orte zu verschiedenen Zeiten! Wie ungleich zu derselben Zeit an Orten, die höher oder tiefer liegen“, vermerkt die Allgemeine „Encyclopädie der Wissenschaften und Künste“ von 1831 unter dem Stichwort „Himmelblau“. Schon die Gemsjäger und Hirten der Alpen hätten sich vielfach darüber gewundert, wie der Himmel immer dunkler würde, je höher sie auf die Berge stiegen, heisst es weiter. Von der Tatsache, dass sich das Blau des Himmels je nach Höhenlage oder Witterung ändert war auch Horace-Bénédict de Saussure (1740-1799) fasziniert. Um das Blau des Himmels in den Bergen auf die bestimmen zu können, entwickelt der Genfer Wissenschaftler ein besonderes Messgerät, den „Cyanometer“: Ein Kreis aus 52 unterschiedlichen Blautönen, zwischen Weiss und Schwarz. De Saussure hatte sich vor allem mit Forschungsreisen in die Alpen einen Namen gemacht, über die er ein vierbändiges Werk verfasste.
Die Alpen: „Durchlöchert, bebaut und bestaunt“
Solche Geschichten erzählt die jüngste Ausgabe der Online-Publikationsreihe „Æther“, die unter dem Titel „Montan-Welten: Alpengeschichten abseits des Pfads“ die Alpen als Natur-, Lebens- und Wirtschaftsraum um 1750 thematisiert. „Bereits lange vor dem modernen Massentourismus wurden die Alpen bereist, bestiegen, bewirtschaftet, untersucht, durchlöchert, bebaut und bestaunt“, heisst es im Inhaltsverzeichnis auf https://aether.ethz.ch. So erzählen denn die einzelnen Beiträgen neben de Saussure etwa von den Naturforschern Albrecht Haller (1708-1777) und Conrad Gessner (1516-1565), die mit ihren Schriften ebenfalls bei ihrem Lesepublikum Faszination und Interesse am Gebirge geweckt hatten. Des Weiteren geht „Æther“ etwa der Frage nach, wie die Rinderhaltung die Alpen geprägt hat, sie rollt die Erforschung der alpinen Flora auf und sie berichtet von den ersten Alpinisten die untereinander um Erstbesteigungen konkurrierten.
Autoren des Online-Magazins sind Studenten: Anhand eines konkreten Gegenstandes – ein Ort, ein Archiv, ein Themenkomplex – erarbeiten sie gemeinsam an einer Publikation, die online open access sowie als Buch erscheint. Zudem wird entsprechendes Gewicht auf die Texte und Gestaltung gelegt und damit versucht „andere Lesergruppen“ zu erreichen. Entwickelt worden ist Aether an der Professur für Wissenschaftsforschung der ETH Zürich im Rahmen eines Lehrprojekts. (mai)
Wer „Æther“nicht online, sondern lieber auf Papier lesen will, bestellt das Magazin entweder direkt beim Intercom-Verlag oder kauft es in der Buchhandlung (Buchhandlungen, die das Magazin anbieten hier: https://aether.ethz.ch/about/)