Internettipp: 200 Jahre Schweizer Gewässerschutz durchforsten
Eine Zeitreise in Text und Bild durch 200 Jahre Schweizer Gewässerschutz: In ihrer neuen Wasser-Timeline zeigt die Eawag, wie der Wandel zum nachhaltigeren Management natürlicher Ressourcen gestaltet werden kann.
Quelle: PantaRhei wikimedia CC BY-SA 4.0
Der untere Thurwasserfall bei Unterwasser im Kanton St. Gallen. (Symbolbild)
Wie lassen sich natürliche Ressourcen nachhaltiger als
bisher nutzen? Diese Frage steht im Zentrum vieler Debatten rund um den
gesellschaftlichen Wandel. Auch am Wasserforschungsinstitut Eawag beschäftigen
sich Forscher der Abteilung Umweltsozialwissenschaften intensiv mit
Veränderungsprozessen hin zu mehr Nachhaltigkeit.
«Wir haben in der Schweiz den Vorteil, aus dem Wandel im
Schweizer Wassermanagement in den letzten 200 Jahren lernen zu können», erklärt
Christian Binz, Gruppenleiter an der Eawag, in einer Mitteilung des Instituts von Dienstag. Der
Gewässerschutz stehe zwar immer noch vor grösseren Herausforderungen wie dem
Verlust der Artenvielfalt, Zersiedelung von Lebensräumen und
Mikroverunreinigungen. Seit den 1950ern konnten laut Binz aber in verschiedenen
Bereichen grosse Fortschritte erzielt werden.
Dies dokumentiert nun die neue Wasser-Timeline. Sie soll der
Fachwelt, der Verwaltung, Bildungsinstitutionen und der breiten Öffentlichkeit
eine Fallstudie für den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit zugänglich machen. Dafür
veranschaulicht die Timeline die Geschichte des Schweizer Gewässerschutzes seit
Beginn des 19. Jahrhunderts mit rund 200 Meilensteinen in Bild und Text. Im
Fokus stehe die Vernetzung von technologischen, gesellschaftlichen und
ökologischen Elementen.
Wasser-Nutzung im Wandel der Zeit
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts durchlebten die Gewässer in
der Schweiz zahlreiche Wechsel, wie aus der Mitteilung hervorgeht. Sie seien
intensiv genutzt, mit Abfall und Abwasser verschmutzt, in enge Kanäle und teils
in unterirdische Leitungen gezwängt worden. Später seien sie wieder mehr und
mehr aus dem «Korsett» befreit, an die Oberfläche gebracht, geklärt, gesäubert
und letztlich per Gesetz unter Schutz gestellt worden.
Die Wasser-Timeline führt anhand konkreter Ereignisse durch
diese Vergangenheit. Sie startet bei den Gewässerverbauungen und der Elektrifizierung
durch die Wasserkraft im 19. Jahrhundert. Es folgen erste Probleme wie
Fischsterben oder Cholera im Trinkwasser, später erste Lösungsansätze wie
Badeverbote, erste Kläranlagen und Phosphatverbot für Waschmittel.
Forschungsinstitute wurden gegründet und Messnetze zur
Beobachtung der Wasserqualität aufgebaut. Die Reise durch die Zeit ende in der
Gegenwart mit dem Gewässerschutzgesetz von heute und den neuen
Herausforderungen des Klimawandels. Die Timeline liefert dazu gemäss Mitteilung
spannende Details, zeigt Verbindungen auf und verlinkt auf weiterführende
Informationen.
Komplexe Vernetzung für mehr Nachhaltigkeit
Bemerkenswert ist laut Eawag, wie komplex ein solcher
Veränderungsprozess hin zu mehr Nachhaltigkeit ist. So zeige die
Wasser-Timeline: Es brauchte kollektive Anstrengungen in vielen Bereichen, um
den Wandel im Gewässerschutz voranzutreiben. Verschiedene Einzelpersonen,
private Organisationen, Unternehmen und Umweltverbände engagierten sich für das
Wasser in der Schweiz.
Die Politik erliess daraufhin Gesetze und Verordnungen, um
die Gewässer zu schützen. Parallel wuchs in der Bevölkerung das Bewusstsein für
die Ressource Wasser als wichtige Lebensgrundlage. Zudem brauchte es den
technischen Fortschritt, um die Gewässer in der Schweiz effizient zu schützen
und nachhaltig zu managen.
Und nicht zuletzt trug auch die Forschung zum Schutz des
Wassers bei, indem sie Daten und Informationen lieferte und frühzeitig vor
neuen, noch unbekannten Gefahren warnte, heisst es weiter. Zum Beispiel vor der
Verschmutzung des Wassers mit Pflanzenschutzmittelen, Medikamenten,
Haushaltschemikalien oder Körperpflegeprodukten.
Klimawandel und Biodiversitätsverlust als Herausforderung
Das Beispiel des Gewässerschutzes soll laut Mitteilung Inspiration
bieten, wie mit anderen natürlichen Ressourcen umgegangen und auf
Herausforderungen wie Klimawandel und Biodiversitätsverlust reagiert werden
kann. Eins zu eins liessen sich die Lektionen aber natürlich nicht übertragen. Simple
Rezepte, die für alle passen, gebe es nicht, so Manuel Fischer, Gruppenleiter
an der Eawag, der gemeinsam mit Christian Binz das Projekt «Wasser-Timeline» ins
Leben gerufen hat.
«Dennoch können wir aus dem Beispiel Wasser lernen, wie wir
tiefgreifende, strukturelle Veränderungen angehen können. Wir hoffen daher,
dass politische und akademische Kreise die Informationen der Timeline aufgreifen,
um die nachhaltige Entwicklung weiter voranzutreiben.» Vielleicht gelinge es
damit auch, einen vertieften Dialog zwischen den relevanten Akteuren zu
initiieren, so Fischer. (mgt/pb)
Zur Wasser-Timeline: www.wassertimeline.ch