11:20 VERSCHIEDENES

Innovation im Bauwesen: Impact Printing-Verfahren der ETH Zürich

Geschrieben von: Marianne Kürsteiner (kür)
Teaserbild-Quelle: Gramazio Kohler Research, Robotic Systems Lab, Chair of Sustainable Construction, ETH Zürich

Die ETH Zürich hat ein neues, robotergestütztes Druckverfahren entwickelt, das die Art und Weise, wie wir bauen, grundlegend verändern könnte. Das sogenannte «Impact Printing» nutzt Erdmaterialien und verzichtet komplett auf Zement, um umweltfreundliche, kostengünstige und schnellere Bauweisen zu ermöglichen.

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Quelle: Gramazio Kohler Research, Robotic Systems Lab, Chair of Sustainable Construction, ETH Zürich

Das «Impact Printing» nutzt Erdmaterialien und verzichtet auf Zement.

Das «Impact Printing»-Verfahren stellt einen Paradigmenwechsel im Vergleich zu traditionellen Bauverfahren dar. Während herkömmlicher 3D-Druck auf der schichtweisen Ablage von Material basiert, nutzt Impact Printing eine hochgeschwindigkeitsbasierte Materialabgabe. Ein Roboter schleudert das Material mit Geschwindigkeiten von bis zu zehn Metern pro Sekunde auf eine Fläche, wo sich das Material beim Aufprall zu einer festen Struktur verbindet. Diese Methode eliminiert die Notwendigkeit von Verfestigungsphasen und ermöglicht einen kontinuierlichen Bauprozess. 

Guter ökologischer Fussabdruck 

Die von der ETH Zürich verwendeten Materialien bestehen aus lokal verfügbarem Sekundärrohstoff, Schluff und Ton. Diese umweltfreundliche Mischung kommt ohne Zement aus, was nicht nur die Kosten senkt, sondern auch den ökologischen Fussabdruck reduziert. Durch das Vermeiden von Zement wird eine nachhaltigere Bauweise gefördert, da die Zementproduktion erhebliche CO2-Emissionen verursacht.

Impact Printing bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber traditionellen Bauverfahren. Die Verwendung von Erdbasis-Materialien und der Verzicht auf Zement macht das Verfahren besonders umweltfreundlich. Durch die kontinuierliche Materialabgabe ohne notwendige Verfestigungsphasen wird der Bauprozess beschleunigt, was zu geringeren Arbeitskosten und einer schnelleren Fertigstellung führt. Darüber hinaus ermöglicht das Verfahren den Bau von massstabsgetreuen, frei geformten Strukturen, was neue Möglichkeiten für architektonische Gestaltung eröffnet. 

Das Verfahren wird derzeit in einem Experimentellen Setup an der ETH Zürich getestet, wo zwei Meter hohe Prototypen hergestellt werden. Zukünftige Pläne umfassen die Integration dieser Technologie in mobile Bagger, um den Bau vor Ort zu erleichtern.

Forschung nicht abgeschlossen 

Trotz der vielversprechenden Vorteile bringt das Impact Printing-Verfahren auch einige Herausforderungen mit sich. Die Eigenschaften des verwendeten Erdbasis-Materials können variieren, was sich auf die Konsistenz und Festigkeit der finalen Struktur auswirken kann. Die Kontrolle des Materialausstosses mit hoher Geschwindigkeit kann komplex sein und erfordert präzise Steuerung. 

Der langfristige Erhalt der strukturellen Integrität, insbesondere bei grösseren und komplexeren Bauwerken, erfordert weitere Forschung. Zusätzlich könnten Umweltbedingungen wie Feuchtigkeit und Temperatur die Materialbindung und Trocknung beeinflussen, was die Robustheit der Struktur beeinträchtigen könnte.

Zukunftsperspektiven 

Die ETH Zürich arbeitet aktiv an der Weiterentwicklung des Impact Printing-Verfahrens. Dazu gehören die Verbesserung der Materialkonsistenz, die Erhöhung der Präzision und die Gewährleistung der strukturellen Integrität grösserer Bauwerke. Langfristige Studien und Simulationen sollen helfen, die Haltbarkeit der Strukturen zu optimieren und das Verfahren weiter zu verfeinern.

Projektmitarbeitende

  • Dr. Lauren Vasey, Kunaljit Chadha, Victor Leung, Ananya Kango, Gramazio Kohler Research (GKR), 
  • Prof. Fabio Gramazio, Prof. Matthias Kohler,  Dr. Coralie Brumaud, Julie Assunção, Chair of Sustainable Construction (CSC), 
  • Prof. Guillaume Habert, Filippo Spinelli, Grzegorz Malczyk, Robotic Systems Lab (RSL), Professor Dr. Marco Hutter.

Nachgefragt bei... Dr. Lauren Vasey und Team, ETHZ

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Quelle: Gramazio Kohler Research, Robotic Systems Lab, Chair of Sustainable Construction, ETH Zürich

Die Teammitglieder Julie Assunção (links) und Dr. Coralie Brumaud (rechts) besprechen die Materialentwicklung.

Wie planen Sie, die Materialkonsistenz zu verbessern, um die Variabilität und Festigkeit der gedruckten Strukturen zu optimieren? 

Am Lehrstuhl für Nachhaltiges Bauen der ETH Zürich wurde durch Julie Assunção und Dr. Coralie Brumaud eine Rezeptur für ein lehmbasiertes Material mit bis zu 2 MPa Druckfestigkeit entwickelt, welches den Eigenschaften im Einsatz von traditionellen Stampflehmverfahren ähnelt und sich für tragende Strukturen von bis zu zwei Stockwerken eignet. Hauptbestandteil ist Aushubmaterial, welches bisher ungenutzt anfällt. Zudem arbeitet der Lehrstuhl an Strategien, um die Materialfestigkeit weiter zu erhöhen, ohne den Einsatz von Zusatzstoffen, die die Nachhaltigkeit beeinträchtigen würden – diese Arbeiten sind jedoch noch unveröffentlicht. 

Kunal Chadha und ich (Dr. Lauren Vasey), treiben nun die Kommerzialisierung der auf Robotik basierenden Drucktechnologie durch ein ETH-Spin-off voran und konzentrieren uns zunächst auf die Anwendung in der Vorfertigung. Im Gegensatz zum traditionellen 3D-Druck passt sich ihr adaptives Robotersystem der Materialbeschaffenheit an und reguliert die Fertigungsgeschwindigkeit entsprechend, um Flexibel auf heterogene Materialeigenschaften reagieren zu können. 

Welche spezifischen Herausforderungen sehen Sie bei der Skalierung des Impact-Druckprozesses für grössere Bauprojekte, und welche Lösungen könnten berücksichtigt werden? 

Die Skalierung unserer Technologie ist weniger eine Frage der Grösse der Bauprojekte, sondern ist vielmehr abhängig von der weiteren Erhöhung des Automatisierungsgrades und der Robustheit unserer Prozesse. Wir haben bereits erfolgreich Strukturen mit einer Höhe von bis zu drei Metern mithilfe eines autonomen Schreitbaggers ausserhalb unseres Labors realisiert. 

Derzeit untersuchen wir weitere Möglichkeiten, die Materialzufuhr effizient zu skalieren. Stattdessen setzen wir auf ein Material mit hoher Fliessgrenze und gesteigerter Grünstandfestigkeit, das in der Lage ist, das Eigengewicht selbst bei hoher vertikaler Bauhöhe zu tragen. 

Welche Faktoren haben Ihre bisherigen Tests beeinflusst, und welche Massnahmen planen Sie, um diesen entgegenzuwirken? 

Ein wesentlicher Vorteil unseres Systems liegt in der Verwendung eines sehr festen Materials, das entscheidend für die erhöhte Frühfestigkeit und die damit verbundene Baugeschwindigkeit ist. 

Der nächste Schritt besteht darin, innovative Strategien für die Materialzufuhr zu evaluieren. Weitere Tests konzentrieren sich auf die Optimierung der Motorsteuerungen und -einstellungen, um die Bauzeit weiter zu verkürzen, sowie auf dynamische Automatisierungskonzepte für adaptive Randbegrenzungen bei höheren Strukturen. 

Wie lief der Prozess ab, einen autonomen Bagger in den Impact-Druckprozess zu integrieren, und wie profitiert das Projekt durch diese Technologie? 

Wir nutzen einen autonomen Schreitbagger, der im Robotics Systems Lab der ETH Zürich entwickelt wurde. Das System hinter dem sogenannten HEAP-Bagger (Hydraulic Excavator for an Autonomous Purpose) erlaubt eine präzise Synchronisation zwischen Druckwerkzeug und der Bewegung entlang der vordefinierten Pfade. Der HEAP-Bagger verwendet LiDAR-Technologie, um seine Position im Raum genauestens zu bestimmen, während die Software der Forschenden Grzegorz Malczyk und Filippo Spinelli sicherstellt, dass er sich mit einer Positionsabweichung von unter drei Zentimetern entlang der Trajektorien bewegt. Das Druckwerkzeug ist so intelligent, dass es Material lädt und nur dann freigibt, wenn der Bagger in der exakten Position ist. Diese Plattform ermöglichte es uns, eine drei Meter hohe Struktur zu bauen. 

Wie wird die langfristige Haltbarkeit von Strukturen, die durch Impact-Druck entstehen, überwacht und getestet, um sicherzustellen, dass sie den erforderlichen Standards für langlebige Gebäude entsprechen? 

Die Dauerhaftigkeit von Gebäuden ist für uns von zentraler Bedeutung, da sie die angestrebte Nutzungsdauer erfüllen sollen. Gleichzeitig steht das Prinzip der Langlebigkeit häufig im Spannungsfeld mit dem Ziel der Kreislauffähigkeit im Bauwesen. 

Unsere Materialien bieten im Vergleich zu konventionellen Bauweisen den Vorteil Rezyklierbarkeit. Darüber hinaus erforschen wir automatisierte Verfahren zur Oberflächenveredelung mit Robotern für den Innen- und Aussenbereich. Diese Putzschichten verbessern die Wasserbeständigkeit und können am Ende der Lebensdauer entfernt werden, um die Rezyklierbarkeit zusätzlich zu erleichtern. Zur Gewährleistung der Dauerhaftigkeit unterziehen wir unsere Prototypen einer ständigen Qualitätskontrolle. Im Querschnitt zeigt sich beispielsweise, dass durch das Impact-Printing-Verfahren eine hohe Verdichtung des Materials erreicht wird, was zu einer starken Bindung führt – vergleichbar mit dem Stampflehmverfahren, dessen Langlebigkeit durch jahrhundertealte Bauwerke bewiesen ist. (Interview: Marianne Kürsteiner)

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