Im Hauptbahnhof Zürich grünt der „GaiaMotherTree“
Zurzeit spannt sich grüne, rote, gelbe und orangefarbene Baumwolle durch die Wannerhalle des Zürcher Hauptbahnhofs. Sie soll aus ihr einen Ort des Innehaltens und der Meditation machen. Das ist die Idee des brasilianischen Künstlers Ernesto Neto. Er ist der Schöpfer der Installation „GaiaMotherTree“, die noch bis Ende Monat beim Umsteigen oder vor dem auf den Zug eilen bewundert werden kann. – Hinter der Aktion steht die Fondation Beyeler in Riehen, wo ebenfalls Werke des Künstlers zu sehen sind, unter anderem den „Altar for a Plant“ im Garten des Museums.
Die baumartige Struktur besteht aus 10‘220 Metern Baumwollstoff und ist von 27 Personen in Fingerhäkeltechnik geknüpft worden. Das Gebilde spannt sich über eine Fläche von 40 mal 28 Metern und ist 20 Meter hoch. Stabilisiert wird es mit Gegengewichten aus total 420 Kilogramm Gewürzen: Kurkuma, Nelken, Kreuzkümmel und schwarzer Pfeffer. Im unteren Bereich verankern zusätzliche 840 Kilogramm Erde das Häkelwerk auf dem Boden.
Ein kleiner, ebenfalls gewirkter Tunnel führt ins Zentrum des Gespinstes. Wer das Innere betritt soll die Schuhe abstreifen: „Die Wirkung des Ausziehens der Schuhe hat einen rituellen, wie auch einen praktischen Aspekt“, sagt Neto. Es verbinde einen stärker mit dem Boden. „Diese sofortige Beziehung mit Mutter Erde macht uns unsere eigene Existenz stärker bewusst.“
Was von aussen betrachtet etwas gar esoterisch anmutet, hat einen realen Hintergrund: Seit wenigen Jahren arbeitet Neto mit den Huni Kuin zusammen, einer indigenen Bevölkerungsgruppe aus dem Amazonasgebiet nahe der peruanischen Grenze. Ihre Weltanschauung und ihr spirituelle Verbindung zur Natur haben seine Kunst geprägt. Seither befasst er sich unter anderem mit Fragen der Nachhaltigkeit sowie der Beziehung des Menschen zur Natur. (mai)
Das Werk wird von einem kleinen Veranstaltungsprogramm aus Workshops und Konzerten ergänzt. Mehr dazu auf www.fondationbeyeler.ch/ernestoneto/