Hochwasserschutz in Venedig: «MOSE» wird getestet
Die Lagunenstadt Venedig steht schon jetzt mehrmals im Jahr unter Wasser. Seit Jahren wird am milliardenschweren Schutzdammprojekt «MOSE»(Modulo sperimentale elettromeccanico) gebaut. Am 10. Julisoll es nun getestet werden.
Die Venezianer sind die regelmässigen Überschwemmungen schon gewohnt. Für Touristen stellen sie quasi ein zusätzliches Erlebnis, denn dann führen die Wege zu Sehenswürdigkeiten oder zum Hotel dann abenteuerlich über schmale Holzstege quer durch die Stadt. Doch die alte Bausubstanz Venedigs leidet, die ganze auf Holzstämmen stehende Stadt ist in Gefahr.
Am 13. November 2019 stieg in Venedig das Wasser bei starken Schirokko auf 187 Zentimeter über dem Meeresspiegel. Das war der höchste Wert seit der verheerenden Überschwemmung im Jahr 1966. Damals wurden 194 Zentimeter gemessen.
Quelle: gemeinfrei
Hochwasser gibt es inzwischen mehrmals pro Jahr in Venedig. Die Venezianer sind dafür gerüstet, doch die Wasserfluten gefährden die historische Bausubstanz.
Bollwerk gegen Überschwemmungen
Seit 2003 wird am «MOSE»-Projekt gebaut. Das Sturmflutsperrwerk besteht aus 79 Schleusentoren auf dem Meeresgrund. Sie können bei drohender Sturmflut durch Druckluft aufgerichtet werden.
Erste Ideen zu einem mobilen Deichsystem entstanden bereits nach der schweren Flutkatastrophe von 1966. Eine Machbarkeitsstudie für das Projekt wurde bereits 1984 erstellt. Dafür wurde die Lagune inklusiver aller Inseln, Sandbänke und Fahrrinnen als Model nachgebaut. Im Jahr 1996 wurde das Projekt dann durch die Regierung in Rom verabschiedet. Anfang 2003 erfolgte der erste Spatenstich.
Das Projekt ist nicht unumstritten. Selbst der ehemalige Bürgermeister Venedigs, Massimo Cacciari, widersetzte sich und untersagte damals die Nutzung von Teilen des Arsenals zur Fertigung von Bauteilen für das Projekt. Aufgrund der Proteste, mehrerer Baustopps und Budgetkürzungen verschob sich die geplante Fertigstellung im Jahr 2014 bis zum jetzigen Zeitpunkt.
Nach einer Testphase soll das Sperrwerk bis Ende kommenden Jahres fertiggebaut werden und dann einsatzbereit sein. Am 10. Juliwerden in Anwesenheit von Premier Giuseppe Conte, Verkehrsministerin Paola De Micheli und dem Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro, erstmals alle beweglichen Barrieren gleichzeitig aufgestellt.
Quelle: Chris 73_CC BY-SA 3.0 / Wikimedia Commons
Luftansicht des «MOSE»-Hochwasserschutzprojekts in Venedig.
Auf dem Meeresboden der Hafenmündungen installiert
«MOSE»besteht aus 4 Barrieren, mit78 unabhängigen mobilen Toren. Die Barrieren befinden sich an den Mündungen von Lido, Malamocco und Chioggia und können bei drohendem Hochwasser die drei Eingänge der Lagune versperren. Bei Normalwasserpegel liegen die Elemente mit Wasser gefüllt am Meeresgrund.
Steigt der Pegel auf 110 Zentimeter über den Normalwert, wird Luft in die Barrieren gepresst. Sie richten sich auf und der Flut wird den Weg in die Lagune abgeschnitten. Seit Dezember wurden bereits die beweglichen Barrieren einzeln getestet, beziehungsweise die einzelnen Eingänge probeweise komplett geschlossen.
«MOSE» soll Venedig und die Lagune in den nächsten 100 Jahren vor Gezeiten bis zu einer Höhe von 3 Metern und vor einem Anstieg des Meeresspiegels auf bis zu 60 Zentimeter schützen.Die Kosten für das System, die aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, sind im Laufe der Jahre extrem angestiegen. Sie sollenweit über den von der Regierung angegebenen sechs Milliarden Euro liegen.
Weitere Infos zum Projekt unter: https://www.mosevenezia.eu/
Quelle: Marrabbio2_CC BY-SA 3.0 / Wikimedia Commons
Bau der Barrieren des «MOSE»-Projekt von Punta Sabbioni aus gesehen.