Historische Gärten leiden unter der Klimaerwärmung
Der Klimawandel gefährdet historische Gärten: In manchen sind bis zu 80 Prozent der Bäume von steigenden Temperaturen bedroht. Weil sich die Pflanzenwelt im Zuge der Klimaerwärmung wandelt, müssen Gartendenkmäler angepasst werden, damit ihr Wert für die Gesellschaft und Natur erhalten bleibt.
Quelle: L. Prang & Co., H. A. Ferguson, gemeinfrei
Joy Bridge im Central Park um 1869. (Lithographie nach einem Ölgemälde von H.A. Ferguson).
Zu den Folgen des Klimawandels werden in der Regel schmelzendes Polareis, brennende Regenwälder oder aus-getrocknete Seen assoziiert – aber kaum historische Gärten. Derweil ist wegen extremen Wetterereignissen wie Dürre, Starkniederschläge, Stürme und veränderten Bodenverhältnisse der Kreislauf vieler Gärten aus dem Gleichgewicht geraten. Dies wiederum bedeutet für historische Gärten und geschützte Gartendenkmäler einige Herausforderungen.
Der Central Park in New York, aber auch die Uferpromenade am Zürichsee, die sich auf Stadtboden um beinahe das gesamte Seebecken zieht, sind Beispiele für his-torische Gärten. Damit ein Garten als Gartendenkmal gilt, ist jedoch vor allem die Zeit, aus der er stammt, entscheidend. Auch ein kleiner Quartiergarten kann somit ein Gartendenkmal sein. In der Schweiz gibt es rund 30 000 historische Gärten, die vor 1960 angelegt worden sind. «Entscheidend ist, wie und mit welcher Intention eine Gartenanlage kreiert worden ist», sagt Susanne Karn, Kursleiterin des CAS «Gartendenkmalpflege an der OST» – Ostschweizer Fachhochschule und Landschaftsarchitektin. «Ein Gartendenkmal hat eine kulturgeschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche oder städte-bauliche Bedeutung, die sich zu erhalten lohnt.»
Starke Schäden an den Bäumen von Sanssouci
Im Gegensatz zu anderen Kunstwerken sind historische Gärten ungeschützt jeg-lichen Wetterereignissen ausgesetzt. Darum sind sie vom Klimawandel besonders betroffen. Bestehen sie doch grösstenteils aus belebten Materialien wie Bäumen, Sträuchern, Blumen, Rasen und Gewässern, die ohne Pflege rasch verfallen.
Quelle: Johann Friedrich Schleuen
Plan des Parks von Sanssouci von 1772; Stich nach einer der Zeichnung von Friedrich Zacharias Sal(t)zmann (1731–1801). Heute sind rund vier Fünftel des Baumbestands von der Klimaerwärmung bedroht.
«In fast jedem Schloss- und Stadtgarten sind die Veränderungen durch den Klimawandel bereits sichtbar», erklärt Karn. «Im Schlosspark Sanssouci in Potsdam erwartet man bei 80 Prozent der Bäume sehr starke Klimaschäden und dass viele davon absterben werden. Wertvolle Anlagen mit einem grossen alten Baumbestand müssen jetzt in eine neue Phase geführt werden.» Ebenfalls bedroht sind seltene Pflanzen- und Tierarten, die oft ebenfalls in historischen Gärten zu Hause sind. «Das Schlimme ist, dass ein alter Baum das Biotop schlechthin ist. Wenn ein solcher Baum fallen muss, ist das ein grosser Einschnitt in die Biodiversität», meint Karn. Es gibt verschiedene Strategien, wie Garten-denkmalpflegerinnen und Gartendenkmalpfleger auf die Auswirkungen des Klimawandels reagieren können.
Alte Bewässerungssysteme fürneue Herausforderungen
Möglichst viele Bäume sollen in den historischen Gärten erhalten bleiben, indem man den Standort zum Beispiel durch einen Austausch der Erde optimiert. Eine grosse Herausforderung stellt dabei die Trockenheit dar. Immerhin gibt es laut Karn Strategien, wie man damit umgehen kann: «Es sind zum Beispiel Bestrebungen im Gange, dass man historische Zisternensysteme saniert und somit diese alten Bewässerungssysteme wieder aktivieren kann.» Wichtig sei ausserdem, dass Besucherinnen und Besucher nicht von herunter-fallenden Ästen verletzt werden, weshalb man die trockenen Bäume zurückschneidet.
Kann ein Baum jedoch nicht mehr gerettet werden und seine Art aufgrund des Klimawandels nicht mehr nachwachsen, wird diese durch eine klimaresistentere Art ersetzt. Dies trifft einen wunden Punkt in der Denkmalpflege, wie Karn erklärt. «Das widerspricht dem Verständnis der Pflege eines Denkmals, denn eigentlich wollen wir dafür sorgen, dass die nächste Generation genau das gleiche Material, die gleiche Räumlichkeit und den gleichen gestalterischen Ausdruck vermittelt bekommt.» Der Klimawandel stellt diesen Anspruch der Denkmalpflege jedoch in Frage und beschert der Gartendenkmalpflege grosse Herausforderungen. Die interessierte Öffentlichkeit ist laut Karn zum Teil erschrocken, wenn ein Baum klimabedingt ersetzt werden muss. Und sie ergänzt: «Man darf aber nie vergessen, dass Gärten ohnehin immer Orte des Wandels waren.» n(mai/mgt)
CAS Gartendenkmalpflege: Der Garten wächst, vergeht, wird im Laufe seiner Geschichte umgestaltet und weiterentwickelt. Unangemessene Nutzung und mangelnde Pflege können zu Schäden führen. Der Garten hat mit neuen Ansprüchen und knappen Finanzen zu kämpfen. Wie man mit einem historischen Garten umgeht, zeigt der berufsbegleitende CAS Gartendenkmalpflege an der OST – Ostschweizer Fachhochschule auf. Mehr dazu auf www.ost.ch/de/weiterbildung/weiterbildungsangebot/raum-und-mobilitaet/bau-und-planung/cas-gartendenkmalpflege.