Gartenschläfer ist Tier des Jahres
Er erinnert entfernt an ein niedliches Pokémon: der Gartenschläfer. Ursprünglich vor allem im Wald unterwegs hat er sich im Laufe der Zeit im Umfeld des Menschen neue Lebensräume erschlossen. - Pro Natura hat ihn zum Tier des Jahres gekürt und will damit zum besseren Schutz der Wildnis aufrufen.
Quelle: Biosphoto / Frédéric Desmette
Maske, Schwanzquaste, grosse Ohren: Der Gartenschläfer ist unverwechselbar.
Zurzeit schläft er tief und fest in einer Mauerspalte, in der verborgenen Ecke einer Scheune, einem Vogelnistkasten oder in einer Höhle: Von Oktober bis April hält der nur in Europa beheimatete Gartenschläfer Winterschlaf. Allerdings droht dem putzigen Nager laut Pro Natura im Frühling immer öfter ein böses Erwachen. Der Wald als sein ursprünglicher Lebensraum sei stark in Bedrängnis. Gerade mal 6.3 Prozent der Schweizer Waldfläche seien Ende 2018 als Waldreservate mit Vorrang für den Naturschutz gesichert gewesen.
Immerhin konnte der Gartenschläfer diesen Verlust im Laufe der Zeit mit seiner Anpassungsfähigkeit ausgleichen, er hat als sogenannter Kulturfolger überlebt. Er fand in den traditionellen Kulturlandschaften mit grossen Gärten, Weidewäldern, Hecken und ausgedehnten Hochstammobstgärten ein neues Zuhause. Trotzdem, auch solche Orte bieten dem kleinen Kerl mittlerweile weniger Alternativen: Denn während der Gartenschläfer im 19. Jahrhundert noch in allen Regionen der Schweiz vorgekommen und häufiger als seine bekannterer Verwandter, der Siebenschläfer, gewesen ist, schrumpft sein Bestand seit Jahrzehnten stark.
Lebensraum „dramatisch geschrumpft“
Steckt er im April seine Nase aus der Höhle, findet er meist weder wilde Wälder noch vielfältige Kulturlandschaften vor. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft ist der Lebensraum für Gartenschläfer laut Pro Natura auch ausserhalb des Waldes „dramatisch geschrumpft“. Deshalb steht er heute auf der Roten Liste, in der Kategorie «fast bedroht». Wie es in der Medienmitteilung von Pro Natura heisst, gilt er in der Schweiz als noch nicht bedroht, obwohl inzwischen erhebliche Verbreitungslücken bestünden.
Pro Natura fordert deshalb, dass, um das Überleben des Gartenschläfers und jener rund 25'000 Arten zu sichern, die auf Wildnis im Wald angewiesen sind, Bund und Kantone mehr Waldreservate schaffen müssen. (mai/mgt)
Aktion „Spurensuche Gartenschläfer“
Wie häufig Gartenschläfer in Gärten effektiv unterwegs sind, will Pro Natura mit dem Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ herausfinden: Die Naturschutzorganisation lädt ab jetzt bis Ende Oktober 2023 Interessierte ein, die Fährte des scheuen Tierchens im eigenen Garten aufzunehmen.
Geschehen soll dies, indem man an einem geeigneten Ort einen
Spurentunnel installiert und diesen allwöchentlich auf Spuren von
Gartenschläfern und anderen Tieren überprüft. Diese Beobachtungen werden dann
auf einem speziellen Formular vermerkt und Pro Natura eingeschickt, zusammen
mit den Blättern aus dem Tunnel, auf denen Gartenschläfer ihre Pfotenabdrücke
hinterlassen haben. Aus den so gewonnen Daten soll schliesslich eine Karte
erstellt werden. (mgt/mai)
Weitere Informationen und Link zum Mitmachen auf www.pronatura.ch
Fakten zum Gartenschläfer
Gartenschläfer gehören zur Gattung der Bilche; in der Schweiz zählen zu dieser Familie nebst dem Gartenschläfer der Siebenschläfer, der Baumschläfer und die Haselmaus. Gartenschläfer werden zwischen 11 bis 15 Zentimeter lang und wiegen je nach Jahreszeit 36 bis 113 Gramm.
Der kleine Nager ist vor allem in der Nacht und in der Dämmerung unterwegs. Und er ist ein Allesfresser: Auf seinen Beutezügen verspeist er nebst Würmern, Schnecken und Insekten auch Frösche, Eidechsen oder junge Vögel. Früchte, Samen und Knospen stehen ebenfalls auf seiner Menukarte. Der Gartenschläfer dient wiederum dem Waldkauz, dem Fuchs, dem Marder oder der Wildkatze als Nahrung. Muss er sich aus den Fängen solcher Fressfeinde befreien, kann er im Notfall seinen Schwanz abwerfen.
Kaum ist der Gartenschläfer aus dem Winterschlaf erwacht , beginnt er sich zu paaren. Die Tragzeit dauert rund drei Wochen, ein Wurf umfasst in der Regel zwischen vier bis sechs Junge. Nachdem sie rund ein Monat gesäugt worden sind, werden die Kleinen innert weniger Wochen selbstständig – und schliesslich löst sich ihre Familie auf. Allerdings kann es vorkommen, dass sich die Jungtiere für den Winterschlaf noch einmal zusammentun. (mai/mgt)