Schwermetalle aus der Bronzezeit
Der Mensch rodet Wälder, beackert Böden, baut Erze ab und stellt Werkzeuge und Geräte her - seit Jahrtausenden. Und er veränderte die Erde damit derart nachhaltig, dass die Wissenschaft von einem neuen, von der Zivilisation geprägten geologischen Zeitalter spricht, dem Anthropozän. Dass es eigentlich bereits in der Bronzezeit und nicht erst in den 1950er-Jahren begonnen hat, stellten kürzlich österreichische Forscher anhand von Schwermetallrückständen im Rahmen einer Studie fest.
Quelle: Didier Desouens, CC BY-SA 3.0, Wikimedia
Das mit Abstand bedeutendste Bleimineral ist das Galenit.
Solche Rückstände können auch auf einen möglichen neuen Abschnitt der Erdgeschichte hindeuten. In diesem Fall ist es das Anthropozän, das Zeitalter des Menschen. Allerdings hat sich Einfluss des Menschen auf die Erde nicht plötzlich manifestiert, sondern ist über Jahrhunderte und Jahrtausende langsam gewachsen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die Auswirkungen der Zivilisation beschleunigt und nahmen massiv zu. „Man kann sich die plakative Frage stellen, ab wann der Mensch begonnen hat, die Erde zu vergiften", sagt Geoswissenschaftler Michael Wagreich von der Universität Wien der zusammen mit seinem Kollegen Erich Draganits von der Universität für Bodenkultur Wien dazu verschiedene Daten und Bodenproben ausgewertet hat. Sie analysierten etwa Eisbohrkerne, Proben aus Torfmooren und Gewässersedimente.
Mehr als 5000 Jahre alte Bleiüberreste
Die bisher ältesten Spuren für unbestritten menschlichen Einfluss finden sich laut ihren Untersuchungen beispielsweise in Eisbohrkernen der Nordhalbkugel: Wagreich und Draganits stellten erhöhte Konzentrationen von Schwermetallen, wie Kupfer und Blei, fest. Sie konnten nachweisen, dass diese eindeutig vom menschlichen Erzabbau und der Verhüttung aus der Kupfer-, Eisen- und Römerzeit stammen. Der ältesten Hinweis darauf ist zwischen 3’200 und 2’500 Jahre alt und wird der phönizisch-griechischen Kupfer- und Silberproduktion zugeordnet. Die damit einhergehende Bleianreicherung liess sich unter anderem in einem Eisbohrkern aus dem arktischen Kanada feststellen, der ungefähr das Dreifache der natürlich vorkommenden Bleiwerte enthält.
Wenige Jahrhunderte später - oder vielmehr vor rund 2’000 Jahren - zeigt sich sogar eine noch stärkere Bleikontamination mit bis zu fünffach erhöhten Ausgangswerten. Diese geht laut den Forschern auf die intensive römerzeitliche Metallproduktion zurück. Sie schlug sich vor allem auf der iberischen Halbinsel nieder – die Isotopenzusammensetzung des Bleis lässt dabei direkt auf die Herkunft aus Erzlagerstätten im heutigen Spanien schliessen. „Die Verschmutzung durch Blei und andere Metalle wurde nicht nur durch Flüsse verbreitet, sondern auch in der Atmosphäre in Form von Aerosolen, die vor allem bei der Metallerzeugung, dem Rösten bzw. Verhütten des metallführenden Erzes entstanden sind2, erklärt Erich Draganits.
„Frühes Anthropozän“
„Wir sehen eine sehr frühe Anreicherung von Schwermetallen durch bronzezeitlichen bis römerzeitlichen Bergbau“, führt Wagreich aus. Allerdings sei das Ausmass nicht global und wesentlich kleiner als später ab der Industriellen Revolution und dem verbleiten Benzin in den 1950er Jahren gewesen. Und so legt die internationale Arbeitsgruppe, deren Mitglied Michael Wagreich ist, den Beginn des Anthropozäns zwar weiterhin um die 1950-er Jahre fest, weil etwa die ersten Nachweise von durch Atombombenversuche freigesetzten Radionuklide aus dieser Zeit stammen. Aber die Schwermetallspuren, die etwa Phönizier und Römer hinterlassen haben, gelten als Hinweise für das „Frühe Anthropozän“. Der Ausdruck hat bereits Eingang in die Fachliteratur gefunden. (mai/mgt)