Forschung über wasser- und schmutzabweisende Oberflächen
Oberflächenmaterialien mit wasserabweisenden und selbstreinigenden Eigenschaften bieten in der Architektur neue Gestaltungsmöglichkeiten. Forschungsteams haben die Basis gelegt für neue Anwendungen.
Quelle: KIT
Poröses Substrat mit geringem Wasserkontaktwinkel. Die Oberfläche nimmt viel Flüssigkeit auf.
Wenn Wasser verdunstet, kann dies auf Oberflächen zu unerwünschten Kalkablagerungen führen. Damit Wasser die adhäsive Wirkung weitgehend verliert und erst gar nicht auf Flächen haften bleibt, haben Forscherteams des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Indian Institute of Technology Guwahati (IITG) ein spezielles Oberflächenmaterial entwickelt. Dieses lässt das Wasser fast vollständig abperlen. Mithilfe von Kohlenwasserstoffketten veränderten die Forschenden auf Basis eines neuen Verfahrens dazu die metallorganischen Gerüstverbindungen MOF (engl. für Metal Organic Frameworks). Das Resultat sind Materialien mit hochgradig wasserabweisenden Eigenschaften. Als Anwendungen denkbar sind selbstreinigende Oberflächen, die zugleich robust gegenüber Umwelteinflüssen sind. Interessante Produktentwicklungen sehen die Forscherinnen und Forscher auch für Anwendungen in der Architektur.
Dünnschicht macht es aus
Dabei machte sich das Forscherteam die kristalline Struktur des Materials zunutze, indem es Kohlenwasserstoffketten auf dünnen MOF-Filmen verankerte, wobei ein Wasserkontaktwinkel von mehr als 160 Grad beobachtet wurde. Dabei gilt: Je grösser der Winkel, den die Oberfläche eines Wassertropfens mit einem Substrat bildet, desto wasserabweisender ist das Material.
Neu ist insbesondere die Verwendung homogener MOF-Dünnschichten für den Zweck superhydrophoben Oberflächen, wie das KTI in einer Mitteilung schreibt. Gemäss Christof Wöll vom Institut für Funktionelle Grenzflächen des KIT erzeugt die Methode Kontaktwinkel, die deutlich höher sind als bei anderen glatten Oberflächen und Beschichtungen, wobei auch die Benetzungseigenschaften von MOF-Pulverpartikeln erforscht wurden.
Wasserabweisend durch «Zustand der Unordnung»
Als Grund für die herausragenden Materialeigenschaften führt das Forscherteam die bürstenartige Anordnung der Kohlenwasserstoffketten auf den MOF-Dünnschichten an (engl. polymer brushes). Demnach fördert die Methode mit der Verankerung auf den MOF-Materialien die Bildung von «Knäueln», wie es in der Mitteilung heisst. Dabei handelt es sich um eine Art von Unordnung, was in der Wissenschaft als «Zustand hoher Entropie» bezeichnet wird. Die Entropie ist somit wesentlich für die wasserabweisenden Eigenschaften des Materials. Auf anderen Materialien habe man diesen Zustand für verankerte Kohlenwasserstoffketten nicht beobachten können, wie die Forschenden schreiben.
Quelle: KIT
Das neue Material weist einen grossen Wasserkontaktwinkel auf und ist somit nahezu völlig wasserabweisend.
Auch durch eine Perfluorierung der Kohlenwasserstoffketten erhöhte sich Wasserkontaktwinkel nicht. Bei der Perfluorierung werden Wasserstoffatome durch Fluor ersetzt. Bei Teflon beispielsweise führe die Perfluorierung zwar zu besonders wasserabweisenden Eigenschaften, nicht jedoch beim neu entwickelten Material. Im Gegenteil habe sich der Wasserkontaktwinkel sogar deutlich verringert, wie das Forscherteam mitteilt. Computersimulationen hätten bestätigt, dass die perfluorierten Moleküle im Gegensatz zu den Kohlenwasserstoffketten nicht den energetisch günstigen Zustand hoher Entropie annehmen könnten.
Wie sich die Haftung weiter reduzieren liess
Darüber hinaus variierte das Forschungsteam die Oberflächenrauheit im Nanometerbereich. Dadurch gelang es, die Haftung weiter zu reduzieren. Wassertropfen beginnen dann schon bei extrem kleinen Neigungswinkeln abzurollen, sodass die wasserabweisenden beziehungsweise selbstreinigenden Eigenschaften nochmals deutlich erhöht werden konnten. Das Forscherteam ist davon überzeugt, dass die Studie die Gestaltung und Produktion der nächsten Generation von Materialien mit optimalen hydrophoben Eigenschaften verändern wird. Die Arbeit biete eine umfassende theoretische Analyse, welche unerwartete experimentelle Verhaltensweisen mit dem Zustand hoher Entropie der an MOF-Filme angehefteten Moleküle verknüpfe, wie es weiter heisst.
Auch als Speichermaterial geeignet
Bei den Metal Organic Frameworks handelt es sich um künstlich kreierte Materialien, die aus Metallen bestehen, welche wiederum durch Verbindungsstreben aus organischen Molekülen zu Netzwerken verbunden sind. Dazwischen entstehen als spezielle Ausprägung des Materials leere Poren, einem Schwamm nicht unähnlich. Die schwammähnlichen Volumeneigenschaften lassen sich an einem Beispiel illustrieren: Zwei Gramm dieses Materials liesse sich auf die Fläche eines Fussballfeldes auffalten. Die Resultate der Grundlagenforschung bildet daher die Basis für völlig neue Anwendungen in unterschiedlichen Bereichen wie für Gasspeicherung und die Kohlendioxidabscheidung oder in der Medizinaltechnik. Doch neben den Vorteilen des Volumens richteten die Forscherinnen und Forscher ihr Augenmerk in der vorliegenden Studie auf die Aussenflächen. Die Analyse über die superhydrophoben Oberflächen wurde auch im Fachmagazin «Materials Horizons» veröffentlicht. (mgt / sts)