Forschung: Dank Keilschrift vier Mal mehr Daten abspeichern?
Die mit Keilschrift dicht beschriebenen Ton- und Steintafeln gewähren der Archäologie einzigartige Einblicke in das Leben vor Tausenden von Jahren im Vorderen Orient. Doch kürzlich lieferten sie einem australischen Forschungsteam eine Idee wie sich Daten vier Mal so effizient wie bis anhin und umweltfreundlich speichern lassen.
Quelle: Metropolitan Museum of Art , CC0
Tafel aus dem 1. Jahrtausend v. Chr. mit sumerischer Keilschrift, Hymne an Marduk, einer der Hauptgötter der babylonischen Religion.
Neben den ägyptischen Hieroglyphen gilt sie als älteste bekannte Schrift: die sumerische Keilschrift. Entstanden vor rund 5500 Jahren und im ersten Jahrhundert schliesslich in Vergessenheit geraten, hat sie einem Forschungsteam der australischen Flinders University die Idee für eine neuartige, effiziente Speichertechnologie geliefert.
Ihr Prinzip ähnelt demjenigen der Compact Disc, die Philips und Sony zunächst zur Speicherung von Musik entwickelt haben und 1979 auf den Markt gebracht haben. Denn sowohl bei den Jahrtausende alten Zeichen als auch bei der CD (später auch der DVD) werden die Zeichen respektive Daten als Vertiefungen auf eine Scheibe gekerbt.
Während sie auf der CD respektive DVD im Binärsystem kodiert sind – hierbei bedeutet eine Vertiefung eine "1", das Fehlen einer solchen eine "Null" – basiert der Keilschrift auf drei Variablen oder vielmehr auf dem sogenannten ternären Code: Das Fehlen einer Vertiefung bedeutet "0", eine 0,3 bis 1,0 Nanometer tiefe Delle ist eine "1" und eine 1,5 bis 2,5 Nanometer tiefe eine "2". Im Vergleich zum Binärcode wird die Datendichte so um das Vierfache erhöht, was laut dem Forschungsteam wiederum die aktuell technisch mögliche Datendichte deutlich übertrifft.
Rasterkraftmikroskop statt Laser
Der zweite Unterschied besteht in der Technik, mit der die Vertiefungen angebracht werden: Bei der CD schmilzt ein Laserstrahl den Kunststoff punktweise auf und schafft so eine Delle, die vom Lese-Laserstrahl gelesen wird. Derweil werden bei der Version der australischen Forscher die Kerben mittels physischer Kraft oder vielmehr mit einem Rastermikroskop in eine Folie aus Schwefel und der chemischen Verbindung Dicyclopentadien gedrückt. Gelesen werden die Kerben ebenfalls vom Rasterkraftmikroskop. - Rasterkraftmikroskope arbeiten mit einer Sonde, deren Spitze kaum dicker als ein einziges Atom ist und mit äusserst hoher Geschwindigkeit über die Folie geführt wird, wobei sie die unterschiedlich grossen Dellen in das Material hineindrückt. Anders als bei der CD geschieht dies ohne Wärmezufuhr, sodass der Energieverbrauch gering ist.
Sollen die Daten gelöscht werden, wird die Folie während zehn Sekunden auf 140 Grad Celsius aufgeheizt, sodass sie erneut beschrieben werden kann. – Laut Medienmitteilung blieb das Material in bisherigen Tests blieb über vier Schreib-Lese-Lösch-Schreib-Zyklen hinweg funktionsfähig. (mgt/mai)