Forscher entwickeln winzige Sensoren nach Löwenzahn-Vorbild
Drahtlose Sensoren können Umweltbedingungen auf grossen Flächen messen. Forscher der University of Washington haben nun winzige Geräte nach dem Vorbild von Löwenzahnsamen entwickelt, die zu Tausenden mit dem Wind verteilt werden könnten.
Quelle: Mark Stone / University of Washington
Das batterielose Gerät verwendet kleine Solarpanels (schwarze Rechtecke), um seine Bordelektronik mit Strom zu versorgen.
Sensoren könnten einzigartige Erkenntnisse für eine Vielzahl von Anwendungen liefern, etwa in der digitalen Landwirtschaft oder auch zur Überwachung des Klimawandels, wie die University of Washington in einer Mitteilung schreibt. Um dies zu bewerkstelligen, müssten jedoch Hunderte Sensoren in einem grossen Gebiet platziert werden, was derzeit sehr zeitaufwändig und teuer sei.
Forscher der Universität könnten hierfür nun eine Lösung haben. Inspiriert von der Art, wie Löwenzahn respektive Pusteblumen den Wind zur Verbreitung ihrer Samen nutzen, hat das Team ein winziges, sensortragendes Gerät entwickelt, das ebenfalls mit dem Wind verteilt werden kann. Die Entwicklung ist aktuell zwar etwa 30 Mal schwerer als ein 1 Milligramm schwerer Samen, kann bei einer leichten Brise aber dennoch bis zu 100 Meter weit fliegen, nachdem sie von einer Drohne «ausgesetzt» wurde.
Auf dem Boden angekommen, nutzt das Gerät, das mindestens vier Sensoren auf sich tragen kann, kleine Solarpanels für die Stromversorgung seiner Bordelektronik und kann Messdaten über eine Distanz von bis zu 60 Metern übertragen.
75 unterschiedliche Designs getestet
Die Forscher veröffentlichten ihre Erkenntnisse zum winzigen Gerät kürzlich im Fachmagazin «Nature». Ein erster Prototyp zeige bereits auf, dass sich mit Hilfe einer Drohne Tausende dieser Geräte auf einen Schlag freisetzen liessen. Dies sei ein grosser Fortschritt für den Einsatz von Sensoren, da die manuelle Installation einer solchen Anzahl normalerweise Monate in Anspruch nehmen würde, erklärt Hauptautor Shyam Gollakota, Professor an der Paul G. Allen School of Computer Science & Engineering der Universität.
Da die kleinen Fluggeräte auch Elektronik für die Sensoren an Bord haben, stellt es eine grosse Herausforderung dar, sie hinsichtlich des Gewichts genauso leicht wie ihre natürlichen Vorbilder zu machen. In einem ersten Schritt habe sich das Team deshalb darauf konzentriert, eine geeignete Form zu entwickeln, mit der die Geräte langsam zu Boden gleiten und von einer Brise herumgewirbelt werden können. Dafür wurden insgesamt 75 Designs getestet, um festzustellen, welches davon schlussendlich die geringste Fallgeschwindigkeit aufweist.
Solarzellen für leichtes Gewicht
Das Resultat ist nun ein Design, das von Löwenzahnsamen inspiriert ist. Bei den natürlichen Vorbildern sind die Strukturen so aufgebaut, dass sie einen zentralen Punkt haben, von dem aus kleine Borsten herausragen, die ihren Fall verlangsamen. Das Team nutzte diese Struktur als Basis für das Grunddesign und erstellte davon eine 2D-Projektion. Zur Stabilisierung der Borsten wurde noch eine äussere Ringstruktur hinzugefügt, damit die künstlichen Samen mehr Fläche einnehmen und langsamer gleiten würden.
Um das Gewicht gering zu halten, wurden für die Bordelektronik Solarzellen anstelle einer schweren Batterie verwendet. In 95 Prozent aller Fälle landeten die Geräte laut den Forschern bei Tests mit den Solarzellen nach oben. Ihre Form und Struktur ermögliche es ihnen zudem, umzukippen und in aufrechter Position zu gleiten. Da die solarbetriebenen Geräte über keine Batterie verfügen, schalten sich die Sensoren nach Sonnenuntergang aber ab.
Quelle: Mark Stone / University of Washington
Am Boden angekommen, nutzt das Gerät, das mindestens vier Sensoren tragen kann, kleine Solarpanels, um seine Bordelektronik mit Strom zu versorgen, und kann Daten aus einer Entfernung von bis zu 60 Metern übertragen.
Daten zu Temperatur und Feuchtigkeit
Die auf den Geräten platzierten Sensoren können gemäss Mitteilung Messungen zu Temperatur, Feuchtigkeit, Druck und Licht durchführen und übertragen die Daten drahtlos über sogenannte «Rückstreuung» zurück an die Forscher. Um daneben feststellen zu können, wie weit sich die Geräte im Wind fortbewegen würden, liess das Team ihre Entwicklung aus verschiedenen Höhen fallen, teils von Hand und teils von einer Drohne. Damit sie sich zudem von einem zentralen Abwurfpunkt aus grossflächig verteilen, gestalteten die Forscher ihre Formen leicht variabel.
Ein Nachteil der künstlichen Löwenzahnsamen besteht aktuell noch darin, dass die Elektronik über das betroffene Ökosystem verstreut wird. Derzeit wird deshalb noch daran geforscht, wie die Systeme der Geräte so gestaltet werden können, dass sie biologisch besser abbaubar sind. (mgt/pb)
Zur Mitteilung der Universität: www.washington.edu
Quelle: Mark Stone / University of Washington
Die auf dem Gerät platzierte Elektronik umfasst Sensoren, einen Kondensator, der die Ladung über Nacht speichert, und einen Mikrocontroller, der das System steuert – alles in einem flexiblen Schaltkreis, der hier abgebildet ist.
Quelle: Mark Stone / University of Washington
Das Gerät ist so geformt und aufgebaut, dass es immer wieder in eine aufrechte Position fällt.