16:13 VERSCHIEDENES

Forscher entwickeln selbstständigen Desinfektionsroboter mit BIM

Teaserbild-Quelle: © Fraunhofer Italia

Forscher des Fraunhofer Instituts haben einen Desinfektionsroboter entwickelt, der selbstständig Türklinken und Co. desinfizieren kann. «Balto» kann dabei auch auf Menschen in seinem Umfeld reagieren. Möglich macht dies Building Information Modeling (BIM).

Desinfektionsroboter im Technologiepark NOI in Bozen

Quelle: © Fraunhofer Italia

Am Technologiepark NOI in Bozen ist ein Demonstrator des Desinfektionsroboters im Einsatz.

Der auf den Namen «Balto» getaufte Roboter wurde im Rahmen des «Anti-Corona Förderprogramm» von einem Team des Fraunhofer Italia Innovation Engineering Center in Bozen und des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart entwickelt. Der mechanische Helfer soll – als einer von vielen Bausteinen – bei der Bekämpfung der Pandemie helfen und zukünftige möglichst vermeiden, wie die Institute in einer gemeinsamen Mitteilung erklären.

Roboter ist mit BIM vernetzt

«Balto kann autonom Türklinken und andere Bereiche desinfizieren, die von vielen Personen in hoher Frequenz berührt werden», erklärt Michael Riedl, stellvertretender Direktor des Fraunhofer Italia Innovation Engineering Center. Auf diese Weise liesse sich das Risiko für Besucher ebenso verringern wie das Risiko für Personen, die mit der Desinfektion beauftragt werden.

Das spezielle am neuen Desinfektionsroboter: Er ist mit Building Information Modeling (BIM) vernetzt und kann dadurch unter anderem auf sein Umfeld reagieren. Denn in den Modellen sind nicht nur die Gebäude-Geometrien gespeichert, sondern auch alle grundlegenden Bauteil-Attribute wie Funktion oder Materialien. Dadurch könnten beispielsweise Türklinken erkannt und exakt lokalisiert werden.

Um seine Arbeit zu verrichten, braucht der Roboter die entsprechenden Gebäudedaten. Hierbei sei es aber nicht zielführend, eigens für den Roboter eine Gebäudekarte aufzubauen, da man sonst nicht nur die BIM-Daten regelmässig aktualisieren müsste, sondern auch jene des Roboters, wie die Institute erklären. Dies würde das System teurer, aufwändiger und fehleranfälliger machen.

Effiziente Desinfektion mit Gebäudedaten

Vor diesem Hintergrund haben die Forscher auf Basis des offenen Roboter-Operating-Systems ROS eine Schnittstelle geschaffen, über die Balto direkt mit BIM sprechen kann. Auf diese Weise weiss er, wo im Gebäude sich Türen befinden, welche davon oft genutzt werden und aus welchem Material die Türklinken bestehen. Der Roboter kann somit sein Desinfektionsprogramm entsprechend anpassen.

Ist ein Korridor aufgrund einer Baustelle nicht zugänglich, weiss der Roboter dies bereits via BIM und kann diese Information direkt in seiner Navigationsplanung berücksichtigen. Wichtig ist diese Schnittstelle laut den Forschern aber auch bei der Mensch-Roboter-Interaktion. Denn begegnet Balto einer oder mehreren Personen, soll er ausweichen. Ist dies nicht möglich, bleibt er stehen.

Desinfektionsroboter Balto

Quelle: © Fraunhofer Italia

Der Roboter «Balto» ist direkt mit Building Information Modeling vernetzt und plant seine Desinfektionsaufgaben selbst.

Dass der Roboter hierbei nicht in einem Fluchtweg stehen bleibt, lässt sich ebenfalls mit den BIM-Daten vermeiden, da dies darin verzeichnet ist. Die Schnittstelle ist zudem laut den Forschern nicht nur einseitig, sondern bidirektional. So kann der Roboter seine Desinfektionsaufgaben mit weiteren Balto-Kollegen abstimmen und die gemeinsam erledigten Aufgaben an das System zurückmelden.

Schnittstelle mit digitalem Gebäude-Zwilling

Balto kann seine Desinfektionsroutinen ausserdem selbständig planen. «Man braucht ihn nicht mit entsprechenden Koordinaten zu füttern, sondern kann die Desinfektion einer ganzen Klasse von Objekten in Auftrag geben», erklärt Günter Wenzel, Abteilungsleiter am Fraunhofer IAO. Die Aufgaben müssen ihm also nicht einzeln genannt werden, es reicht ein genereller Auftrag wie: Alle stark genutzten Türklinken sollen mit einer Frequenz von X Minuten desinfiziert werden.

Über eine weitere Schnittstelle etwa zum digitalen Zwilling eines Gebäudes wären laut den Forschern auch weitere Szenarien denkbar. Findet laut der Raumplanungsdatei beispielsweise in einem Raum zu einer gewissen Zeit ein Meeting statt, soll der Roboter dort zu diesem Zeitpunkt nicht desinfizieren. Auf diese Weise kann Balto vollkommen selbstständig seine Routen und Aufgaben planen.

Am Technologiepark NOI in Bozen sind derzeit bereits drei Balto-Demonstratoren im Einsatz. Dies vorerst jedoch noch unter der Überwachung des Forschungsteams. Im Future Work Lab des Fraunhofer IAO – einer Kombination von Produktionsumgebung und Ausstellungsfläche – und im Zentrum für Virtuelles Engineering ZVE ist ein weiteres System im Einsatz.

Weitere Anwendungen denkbar

Laut den Instituten ist der Roboter jedoch keineswegs auf die Desinfektion beschränkt. Stattdessen könne er die Desinfektion auch mit einer Reinigung kombinieren und langfristig sogar Aufgaben im Bereich des Monitoring und der Wartung übernehmen. Die Forscher untersuchen nun gemeinsam mit Unternehmen aus dem Desinfektionsbereich, was für die Industrialisierung noch nötig ist. (mgt/pb)

Weitere Infos: www.fraunhofer.de

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