Ein Vorhang, auf dem Spitalkeime nicht überleben
Wenn ein Vorhang Krankheitserreger hemmen oder gar abtöten kann: Ein Team der Empa hat mit dem Chemiekonzern BASF, dem Labor Spiez und der TU Berlin beschichtete Textilien entwickelt, die als antimikrobielle Vorhänge eingesetzt werden können.
Quelle: Empa
Das an der Empa entwickelte Verfahren ergab eine gleichmässige Verteilung der antimikrobiellen Beschichtung auf den Textilfasern. Rasterelektronenmikroskopie, 30.000-fache Vergrösserung, koloriert.
Ob Patient, Besucherin oder medizinisches Personal - unzählige Male berühren sie Oberflächen jeglicher Art. Dabei können Krankheitserreger auf Türgriffe, Geländer oder Liftknöpfe gelangen. Glatte Oberflächen lassen sich vergleichsweise einfach reinigen, nicht aber porösen Strukturen wie Textilien. Spezielle Textilien könnten das Problem lösen.
Ein Team der Empa hat nun zusammen mit Fachleuten des Labors Spiez, der BASF und der Technischen Universität Berlin ein Beschichtungsverfahren entwickelt, mit dem Stoffe so behandelt werden können, dass bakterielle und virale Krankheitserreger abgetötet oder im Wachstum gehemmt werden. Derart imprägnierte Textilien liessen sich laut Empa zum Beispiel in Spitälern als antimikrobiell-wirkende Vorhänge zwischen Patientenbetten einsetzen.
Textil mit Benzalkoniumchlorid-haltigem Desinfektionsmittel beschichten
«Wir haben ein Verfahren gesucht, das Keime zuverlässig daran hindert, Textilien zu kontaminieren, die während des Gebrauchs mit einer Vielzahl von Menschen in Kontakt kommen», wird Peter Wick vom «Particles-Biology Interactions» Labor der Empa in St. Gallen in der Medienmitteilung zitiert. So könne man Infektionsketten unterbrechen, bei denen sich etwa multiresistente Bakterien oder virale Krankheitserreger auf Spitalvorhängen festsetzen und sich dann von Menschen weitertragen lassen. Schliesslich entwickelten die Forscher ein Beschichtungsverfahren, bei dem Benzalkoniumchlorid-haltiges Desinfektionsmittel gleichmässig in die Spitalvorhänge eingearbeitet wurde. Nachdem Variablen wie Konzentration, Einwirkzeit, Verarbeitungsdruck und Trocknung optimiert waren, haftete die Beschichtung stabil auf den Textilien.
Spitalkeime wurden nach zehn Minuten reduziert
Ob die beschichteten Textilien auch Keime abtöten, zeigten Analysen der antimikrobiellen Aktivität der ersten Stoffproben. «Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen waren sehr erfreulich», sagt Wick. Denn als die Bakterienkulturen einiger typischer Problemkeime mit den Stoffproben inkubiert wurden, hemmten die beschichteten Textilproben das Wachstum beispielsweise von Staphylokokken und Pseudomonas-Bakterien. «Die Spitalkeime wurden bereits nach zehn Minuten deutlich reduziert oder sogar abgetötet», so Wick. Ausserdem war die Beschichtung auch gegen virale Erreger aktiv: Über 99 Prozent der untersuchten Viren konnten durch die beschichteten Stoffproben abgetötet werden.
Zudem bleiben die Beschichtungen auch nach mehrmonatiger Lagerung wirksam. Dies erlaubt eine Produktion auf Vorrat. Denn mit dem neuen Verfahren könnten künftig auch andere Textilien respektive Filter oder Reinigungsutensilien laut Wick bei Bedarf zügig und sicher antimikrobiell ausgerüstet werden, etwa bei einer anrollenden Epidemie. (mgt/mai)