14:47 VERSCHIEDENES

Die Auswirkungen von Feinstaub wurden bisher unterschätzt

Teaserbild-Quelle: Ethan Brooke, Unsplash

Atmet man während Jahren belastete Luft ein, steigt das Risiko für eine Vielzahl an Erkrankungen. Dabei stehen im Verdacht: hochreaktive Bestandteile im Feinstaub. Weil sich innert Stunden verflüchtigen, wurden ihre Menge bislang unterschätzt. Dies konnte eine ein Forschungsteam der Universität Basel Dank einer neuen Messmethode einer Studie nachweisen.

Seoul im Smog.

Quelle: Ethan Brooke, Unsplash

Seoul hat von den insgesamt 31 OECD-Hauptstädten die höchste Feinstaubbelastung.

Pro Jahr sterben laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über sechs Millionen Menschen an den Folgen von erhöhten Feinstaubkonzentrationen. Die gesundheitlichen Schäden, welche die mikroskopisch winzigen Partikel anrichten sind vielfältig, sie reichen von chronischen Atemwegsproblemen bis hin zu Herzkreislauferkrankungen und Diabetes oder Demenz.  

Vielfältig ist auch die chemische Zusammensetzung dieser Partikel in der Luft. Welche von ihnen im Körper welche Reaktionen und langfristig Erkrankungen auslösen, wird intensiv erforscht. Dabei stehen die besonders reaktionsfreudige Komponenten im Fokus, das heisst, so genannte Sauerstoffradikale oder «Reactive Oxygen Species». Diese können in den Atemwegen mit Biomolekülen auf und in Zellen reagieren und sie dadurch schädigen, was wiederum Entzündungsreaktionen auslösen und Auswirkungen auf den ganzen Körper haben kann. - In der Wissenschaft spricht man dann von «oxidieren ».

Analyse von Feinstaub auf Filtern dauerte Tage bis Wochen

Bis anhin sammelten Fachleute den Feinstaub auf Filtern und analysierten die Partikel mit einer Verzögerung von Tagen bis Wochen. Dies sorgte wiederum dafür, dass die Auswirkungen des Feinstaubs unterschätzt wurden. Denn: «Weil diese Sauerstoffradikale so schnell mit anderen Molekülen reagieren, müsste man sie aber ohne Verzögerung messen», erklärt Atmosphärenwissenschaftler Markus Kalberer den Gedanken hinter der Studie, die er und sein Team vom Departement der Umweltwissenschaften der Universität Basel soeben in «Science Advances» veröffentlicht haben.

Für ihre Untersuchung haben Kalberer und seine Kollegen eine neue Methode entwickelt, mit der sich Feinstaub in Sekundenschnelle messen lässt: Dabei werden die Partikel direkt aus der Luft in einer Lösung gesammelt, wo sie mit verschiedenen Chemikalien in Kontakt kommen. In der Folge reagieren die Sauerstoffradikale und erzeugen Fluoreszenzsignale, die sich quantifizieren respektive messen lassen. Dabei zeigte sich: 60 bis 99 Prozent der Sauerstoffradikale verschwinden innerhalb von Minuten oder Stunden. Die bisherigen Analysen von Feinstaub über die Filterablagerung habe somit ein verzerrtes Bild geliefert, heisst es in der Medienmitteilung der Universität Basel.  

«Weil der Messfehler bei der verzögerten Analyse aber nicht konstant ist, lässt er sich nicht so einfach herausrechnen», so Kalberer. Der echte Anteil schädlicher Substanzen im Feinstaub liege deutlich höher als bisher angenommen. - Damit bestand die Herausforderung bei der neuen Methode laut dem Forscher vor allem darin, ein Messgerät zu entwickeln, dass autonom und kontinuierlich chemische Analysen unter stabilen Bedingungen nicht nur im Labor, sondern auch während Feldmessungen an unterschiedlichsten Standorten durchführt.

Messgerät für vertiefteren Einblick in Auswirkungen

Ausserdem lieferten weitere Untersuchungen mit Lungenepithelzellen im Labor Hinweise, dass insbesondere die kurzlebigen hochreaktiven Bestandteile des Feinstaubs anders wirken als die Partikel, die mit den bisherigen verzögerten Messungen analysiert worden sind. Die kurzlebigen Feinstaubpartikel lösten andere und stärkere Entzündungsreaktionen aus.  

Deshalb wollen Kalberer und sein Team nun ein einem nächsten Schritt das Messgerät weiterentwickeln, sodass tiefere Einblicke in die Zusammensetzung und Auswirkungen von Feinstaub gewonnen werden können. Kalberer dazu: «Wenn wir den Anteil hochreaktiver, schädlicher Komponenten genauer und zuverlässig messen, lassen sich auch besser Schutzmassnahmen ergreifen.»  (mgt/mai)

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