Bündner Bergdorf Brienz droht Evakuierung wegen Bergsturz
Das seit Jahren von einem Bergsturz bedrohte Bündner Bergdorf Brienz/Brinzauls muss sich auf eine vorübergehende Evakuierung einstellen. Laut den Gemeindebehörden kann ein Ereignis noch in diesem Jahr nicht ausgeschlossen werden.
Quelle: Orlando Mugwyler, Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0
Blick auf das Bündner Bergdorf Brienz.
Ein Teil des über dem Dorf im Albulatal rutschenden Berges bewegt sich immer schneller, wie die Gemeinde am Montag mitteilte. Ein Bergsturz könnte sich ab dem Frühsommer ereignen. Gemäss Fachleuten sollte sich das Ereignis über Wochen ankündigen, sodass «ausreichend Zeit bleibt, um das Dorf geordnet zu evakuieren».
«Der Gemeindeführungsstab hat am Montag beschlossen, die Pläne für eine allfällige Evakuierung wiederaufzunehmen und an die aktuellen Verhältnisse anzupassen», sagte Christian Gartmann, Mediensprecher der Gemeinde, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die Gemeinde will die Bevölkerung am 13. April über die angepassten Pläne informieren.
Die Evakuierung würde geordnet während mehreren Tagen durchgeführt. Sie sollte vorübergehend sein und nach Möglichkeit aufgehoben werden, sobald sich die Gefahr entschärft hat.
Quelle: gartmann.biz flickr CC BY-NC 2.0 / (c) CSD Ingenieure - Kurt Winkler
Das talwärts rutschende Dorf Brienz/Brinzauls in der Gemeinde Albula/Alvra (GR) wird von einem Bergsturz bedroht.
Dorf rutscht seit Jahren
Die Bedrohung für das 100-Seelen-Dorf ist seit Jahren bekannt. Das ganze Dorf rutscht langsam aber sicher zu Tal und zudem bewegen sich Felsmassen über dem Dorf. Ins Gestein oberhalb des Ortes ist in letzter Zeit Bewegung gekommen. Ein Teil des Berghanges, «Insel» genannt, bewegt sich mittlerweile mit bis zu 32 Metern im Jahr – mit weiterhin zunehmendem Tempo.
«Falls diese Entwicklung so weitergeht, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Insel oder Teile davon zwischen Frühsommer und Ende des Jahres abgleiten oder abstürzen», schrieb die Gemeinde in der Mitteilung.
Wann und wie ein solches Ereignis stattfindet, könne zurzeit noch nicht vorausgesagt werden. Es bestehe im Moment aber keine unmittelbare Gefahr für das Dorf Brienz/Brinzauls, betonten die Behörden. In den nächsten Wochen müsse mit einem Bergsturz nicht gerechnet werden.
Quelle: zvg
Blick in den Sondierstollen unter der Rutschung Brienz während der Bauarbeiten.
Im Extremfall wird Dorf verschüttet
Unklar ist auch die Dimension des Bergsturzes, wie der Mediensprecher erklärte. Das Szenario reicht von kleineren Felsstürzen über einen grossen Rutsch bis hin zu einem ausgewachsenen Bergsturz. Ersteres ist das wahrscheinlichste Szenario, letzteres das am wenigsten wahrscheinliche.
Entsprechend gross ist die Bandbreite der möglichen Schäden. Es könnten gar keine oder nur einzelne Häuser beschädigt werden. Im Extremfall würde der Bergsturz jedoch das ganze Dorf unter sich begraben.
Im Gegensatz zum Berg über dem Dorf hat sich die Bewegung des Gesteins, auf dem Brienz steht, verlangsamt auf noch einen Meter im Jahr. Die Gemeinde führt das auf den schneearmen Winter zurück und auf einen Sondierstollen, der seit 2021 unter dem Dorf gegraben wird.
«Die Tiefenentwässerung durch einen Stollen unter der Rutschung kann funktionieren», schreibt dazu die Gemeinde. (sda/pb)