BLS-Subventionsaffäre: Regierung war laut GPK zu passiv
In der Subventionsaffäre beim Berner Bahnunternehmen BLS hat die Aufsicht durch den Regierungsrat nicht gut funktioniert. Die Behörden waren zu wenig aktiv und liessen den Verwaltungsrat gewähren. Zu diesem Schluss kommt die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rates.
Sie hat ihren Bericht zur Behandlung durch das
Kantonsparlament im Herbst verabschiedet, wie sie am Mittwoch mitteilte. Die
BLS hatte von Bund und Kanton zu hohe Subventionen bezogen. Zuerst waren Mängel
beim sogenannten Zinsglättungsmodell aufgeflogen.
Dann wurde bekannt, dass das Bahnunternehmen zu tiefe Erlöse
aus dem Tarifverbund Libero in ihre Offerten eingerechnet hatte. Obwohl diese
Vorkommnisse «Stück für Stück an die Öffentlichkeit traten», seien die
zuständige Bau- und Verkehrsdirektion sowie der Regierungsrat passiv geblieben,
kritisiert die GPK.
So liess die Regierung namens des Kantons als Hauptaktionär
an den Generalversammlungen 2019 und 2020 Décharge erteilen. Man habe es
weitgehend dem Verwaltungsrat überlassen, die Unregelmässigkeiten
aufzuklären.
Ungenügende Mitarbeit der BLS
Dadurch hätten es Regierungsrat und Direktion verpasst,
«gegenüber der Öffentlichkeit ein klares Zeichen auszusenden, dass sie die
Angelegenheit minuziös durchleuchten und Transparenz schaffen wollen.»
Kritik äussert die Kommission auch an der ungenügenden
Mitarbeit der BLS sowie der Verkehrsdirektion gegenüber den kantonalen
Aufsichtsorganen. So musste die Finanzkontrolle die Arbeit im Juli 2020
auf Eis legen, weil sich sowohl die BLS als auch die Direktion ihrer
gesetzlichen Mitwirkungspflicht widersetzten.
Die BLS habe auch die Aufsichtsbefugnisse der GPK
angezweifelt, was unterstreiche, dass die Aufsicht letztlich «nicht richtig
funktioniert» hat. Die Kommission erwartet vom Regierungsrat, dass er seinen
Einfluss auf das Berner Bahnunternehmen verstärkt. Sie legt dazu acht
Empfehlungen vor und erwartet bis im Winter 2022 Antworten.
Berner Regierung wehrt sich
Die Berner Regierung wehrt sich in einer Medienmitteilung
gegen die Kritik der GPK. Die subventionsrechtliche Aufsicht über die
Abgeltungen im regionalen Personenverkehr obliege dem Bund. Das Bundesamt für
Verkehr (BAV) habe die Aufsicht wahrgenommen.
Zu viel erhaltene Abgeltungen seien zurückbezahlt sowie
Kontrolle und Aufsicht verstärkt worden. Zudem wolle der Bund mit einer Anzeige
prüfen lassen, ob strafrechtliche Tatbestände bestehen, hiess es weiter.
Auch weist die Regierung den Vorwurf mangelnder Transparenz
zurück. Angesichts der laufenden Strafanzeige sei verständlich, dass im
vertraulichen Bericht der BLS Namen eingeschwärzt worden seien. Dass die
GPK auf eine Einsichtnahme verzichtet habe, sei bedauerlich.
Aus Sicht der Regierung hat sie und die Verkehrsdirektion
entsprechend ihren Zuständigkeiten und Verantwortungen gehandelt. Eine
Verletzung der Aufsicht sei nicht erkennbar. Man sei aber offen für «allfällige
Verbesserungen». Doch bestünden zwischen Regierung und GPK unterschiedliche
Auffassungen zur Aufsicht von Unternehmen mit kantonaler Beteiligung.
Gutachten zu politischer Verantwortung
Die GPK fordert seit längerem eine aktivere Rolle der
Regierung bei staatsnahen Betrieben. Ende Mai präsentiere die Kommission ein
juristisches Gutachten zur Rolle der Aufsicht und Oberaufsicht. Darin kam
der Staats- und Verwaltungsrechtler Markus Müller zum Schluss, dass die
Regierung bei Unternehmen, die mehrheitlich dem Kanton gehören, die politische
Verantwortung trägt und im Notfall durchgreifen muss.
Bestehe die Gefahr, dass ein Unternehmen das Gemeinwohl aus den Augen verliere, sei ein Durchgreifen des Regierungsrates nicht nur erlaubt, «sondern sogar geboten». Die GPK hatte in der Vergangenheit bereits die «zu passive Rolle» der Regierung bei der Aufsicht über die BKW AG kritisiert. (sda/pb)