Beljana: Die einst wohl grössten Holzschiffe von Russland
In Russland gab es im 19. Jahrhundert sogenannte Beljanen: Riesige hölzerne Schiffe, die für den Holztransport über den Fluss gebaut wurden. Das Material, aus dem die teils über 100 Meter langen Riesen errichtet wurden, war gleichzeitig die Fracht.
Quelle: Gemeinfrei
Aufnahme einer grossen Beljana im Jahr 1917.
Die Beljanen wurden einzig und allein dafür gebaut, um riesige Mengen an Holz auf dem Fluss Wolga zu transportieren. Anstatt die Stämme darin einfach bis zum Zielort treiben zu lassen, wurden diese kurzerhand in riesigen Barken verbaut, die anschliessend flussabwärts geflösst wurden. Am Zielort angekommen, wurden die imposanten Konstrukte dann zerlegt und das Holz verkauft. Die Praktik wurde insbesondere zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert angewandt.
Bis zu 440 Baumstämme für ein Schiff
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden auf diese Weise jedes Jahr hunderte Beljanen gebaut und die Flüsse hinuntergetrieben. Das Holz dafür wurde jeweils im Winter geschlagen und nach dem Frühjahrshochwasser – wenn die Flüsse wieder normal flossen – startete der Bau der Holzschiffe. Die Bauarbeiten dauerten dabei oftmals den ganzen Sommer an, so dass die Transportmittel jeweils im Herbst fertiggestellt waren.
Der Rumpf einer Barke war meist aus Fichtenbalken und Kiefernbrettern gefertigt. Der flache Boden bestand aus Fichtenholz und die Wände aus entrindetem Kiefernholz. Für den Bau einer mittelgrossen Beljana wurden etwa 240 Kiefern- und 200 Fichtenstämme benötigt. Die Schiffe wurden zudem ursprünglich ohne einen einzigen Nagel gebaut. Erst später, im 19. Jahrhundert, wurden teilweise Eisennägel verwendet.
Quelle: Gemeinfrei
Die Schiffe hatten keine motorisierten Antriebe und bewegten sich nur durch die Bewegungen des Flusses. Zur Steuerung durch den Kapitän war am Heck aber jeweils ein grosses Ruder angebracht.
Holzteer, der im Schiffbau zum sogenannten «Kalfatern» – also zur Abdichtung von Holzplanken an der Aussenseite – genutzt wird, wurde tatsächlich nicht verwendet. Stattdessen wurden die Stämme lediglich sehr fest zusammengebunden. Durch den fehlenden Teer und das entrindete Holz erhielten die Barken ein weissliches Aussehen, woher auch der Name Beljana stammt, der vom russischen Wort für «verblasst» oder «weiss» abgeleitet ist.
Schiffe waren bis zu 120 Meter lang
Die Dimensionen, die die Holzschiffe aufwiesen, waren imposant: Sie erreichten eine Länge von bis zu 120 Metern, waren bis zu 25 Meter breit und fünf Meter hoch. Die Ladekapazität einer grossen Beljana lag zudem bei etwa 12‘800 Tonnen. Kleinere Varianten wiesen einen Tiefgang zwischen 2,5 und 2,8 Metern auf und konnten bis zu 1‘600 Tonnen transportieren. Mittelgrosse Schiffe hatten einen Tiefgang von 3,5 Metern und konnten 3‘200 Tonnen befördern.
Die Ladung aus Stämmen, Balken und Planken wurde auf den Barken in gleichmässigen Reihen mit breiten Öffnungen dazwischen verteilt. Dies, damit man im Falle eines Bruchs oder eines Unfalls schnell von Bord gelangen konnte. Genau wie der Rumpf und die Aufbauten bestand auch das Deck der Beljanen aus einer Holzladung, meist aus geschnittenen Brettern. Für die Mannschaft gab es auf dem Deck zudem üblicherweise zwei Kajüten, die als Quartier dienten.
Die Besatzung bestand meist aus etwa 15 bis 35 Matrosen. Auf den grössten Schiffen waren jedoch bis zu 100 Personen beschäftigt, die grösstenteils an Pumpen arbeiteten, die das Wasser aus dem Schiffsrumpf beförderten, da dieser während der Fahrt oft überflutet wurde. Die Schiffe hatten keine motorisierten Antriebe und bewegten sich nur durch die Bewegungen des Flusses. Zur Steuerung durch den Kapitän war am Heck aber jeweils ein grosses Ruder angebracht.
Quelle: Gemeinfrei
Die Holzschiffe erreichten eine Länge von bis zu 120 Metern, waren bis zu 25 Meter breit und fünf Meter hoch.
3‘000 Kilometer auf dem Fluss
Bis zu 3‘000 Kilometer legten die Beljanen auf der Wolga zurück, bis sie ihren Bestimmungsort erreichten. In der Regel waren dies die Anlegehäfen von Saratow, Zarityn (das heutige Wolgograd) und Astrachan. Dort wurden das Holz und der Rumpf dann zu Brennholz zerlegt oder für die Weiterverarbeitung in Sägewerke gebracht. Auch die Kajüten auf den Barken wurden wiederverwendet und als kleine Fertighäuser verkauft.
Die Beljanen erlebten ihre Blütezeit Mitte des 19. Jahrhunderts zeitgleich mit der Dampfschifffahrt auf der Wolga. Da die Dampfschiffe damals mit Holz betrieben wurden, gab es eine hohe Nachfrage nach Brennholz. Als die Schiffe später aber nur noch mit Öl betrieben wurden, ging die Holz-Nachfrage stark zurück. Mit der Entwicklung des Eisenbahnsystems wurden die Beljanen dann praktisch überflüssig, da die Transportkosten auf der Schiene billiger als auf dem Wasser waren.
Heute existieren von den riesigen Holzbarken deshalb nur noch historische Aufnahmen, die einen interessanten Einblick in die Praktik bieten.
Quelle: Gemeinfrei
Für den Bau einer mittelgrossen Beljana wurden etwa 240 Kiefern und 200 Fichtenstämme benötigt.
Quelle: Gemeinfrei
Bis zu 3‘000 Kilometer legten die Beljanen auf der Wolga zurück, bis sie ihren Bestimmungsort erreichten.
Quelle: Gemeinfrei
Kleinere Varianten wiesen einen Tiefgang zwischen 2,5 und 2,8 Metern auf und konnten bis zu 1‘600 Tonnen transportieren.
Quelle: Gemeinfrei
Auf den grössten Schiffen waren bis zu 100 Personen beschäftigt, die grösstenteils an Pumpen arbeiteten, die das Wasser aus dem Schiffsrumpf beförderten, da dieser während der Fahrt oft überflutet wurde.
Quelle: Gemeinfrei
Bau einer Beljana: Der Rumpf einer Barke war meist aus Fichtenbalken und Kiefernbrettern gefertigt.
Quelle: Gemeinfrei
Die Schiffe wurden ursprünglich ohne einen einzigen Nagel gebaut. Erst später, im 19. Jahrhundert, wurden teilweise Eisennägel verwendet.
Quelle: Gemeinfrei
Ein Schema zeigt den Aufbau einer Beljana.