Beinahe die Hälfte der Schweizer Wälder ist unnatürlich und darum verletzbarer
Bei gut zwei Fünfteln oder 45 Prozent der Schweizer Wälder ist die Zusammensetzung der Baumarten unnatürlich. Dies macht sie verletzbarer. Das heisst anfälliger für Schädlinge und Stürme, wie eine neue Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WLS) zeigt.
Quelle: Sebastian Unrau, Unsplash
Ein grosser Teil der Wälder im Mittelland ist nicht mehr natürlich. (Symbolbild)
Auf den höchsten Anteil an unnatürlichen Wäldern stiess das Forschungsteam der WSL im Mittelland. „Von Natur aus würde das Mittelland von Laubwäldern dominiert“, erklärte der Erstautor der Studie, Daniel Scherrer, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Seit dem 19. Jahrhundert wurden im Zuge der Holzproduktion aber im grossen Stil Nadelhölzer, hauptsächlich Fichten, angepflanzt. Derweil befindet sich der höchste Anteil natürlicher Wälder in der Schweiz in Höhenlagen zwischen 1400 und 1700 Metern über Meer. Hier dominieren die Fichten und Weisstannen - die beiden wirtschaftlich wichtigsten Nadelbäume - von Natur aus die Bestände.
Borkenkäfer befällt gestresste Bäume
Als „natürlich“ eingestuften Wälder waren dabei deutlich weniger störanfällig als die „unnatürliche“. Besonders störanfällig sind den Angaben zufolge die Fichtenwälder im Mittelland: Weil Fichten von Natur aus nicht in derart tiefen Lagen wie dem Mittelland gedeihen, macht ihnen die Hitze mehr zu schaffen als anderen Baumarten. Und nicht nur das: „Borkenkäfer befallen die bereits gestressten Bäume sehr erfolgreich“, sagt Scherrer. Zudem profitieren die Schädlinge laut der Studie von den warmen Tieflandbedingungen, die mehrere Insektengenerationen pro Jahr ermöglichen. Mit der Klimaerwärmung werde dieser Stress bei den Fichten noch zunehmen. Es sei deshalb wichtig, die Wälder wieder natürlicher zu gestalten.
Aus Fichtenaufforstungen werden Laubwälder
Laut Scherrer läuft dieser Wandel bereits: Die historischen Fichtenaufforstungen werden langsam wieder in Laubwälder umgewandelt. Wegen der Langlebigkeit der Bäume und des langsamen Regenerationsprozesses dauern diese Veränderungen jedoch Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte. Zudem werden Fichten auch heute noch genutzt, nach wie vor ist sie die wichtigste Holzart in der Schweiz.
Zum Vergleich: Der Anteil natürlicher oder naturnaher Wälder ist in der Schweiz laut der Studie mit insgesamt 43 Prozent höher als der Anteil in Deutschland , wo sie 36 Prozent ausmachen. In Österreich sind es 25 Prozent.
Die Studie ist im Fachblatt "Forest Ecology and
Management" publiziert worden. (sda/mai)