Axpo erhält von Kantonen mehr Handlungsspielraum
Für die Axpo Holding AG hat sich mit der teilweisen Marktliberalisierung das Umfeld verändert. Die Kantone gewähren dem Unternehmen auf dem Strommarkt mehr Handlungsspielraum. Grundlage bildet ein neues Vertragswerk und eine Eignerstrategie. Das Unternehmen bleibt aber direkt oder indirekt mehrheitlich Eigentum der öffentlichen Hand.
Quelle: Axpo
Die Gewichtsstaumauer des Pumpspeicherwerks Limmern auf der Muttenalp GL, das die Axpo 2017 in Betrieb genommen hat.
Aufgrund der teilweisen Marktliberalisierung und mit Blick auf die Energiestrategie 2050 müssen Stromkonzerne in einem dynamischeren Umfeld agieren. Zu den energiepolitischen Anforderungen der Eigner kommen technische Herausforderungen wie die Speicherung von Energie und die Gewährleistung der Stromnetzstabilität.
Zentral für die Versorgungssicherheit der Schweiz bleibt der Beitrag des Axpo-Konzerns (früher Nordostschweizerische Kraftwerke NOK). Weil der NOK-Gründungsvertrag aus dem Jahr 1914 nicht mehr dem aktuellen Marktumfeld entspricht, wollen die Kantone als Eigentümer der Axpo das Vertragswerk auf eine zeitgemässe Basis stellen. Grundlage der Aufgabenteilung zwischen der Axpo und den beteiligten Kantonswerken bildet neben dem neuen Aktionärsbindungsvertrag (ABV) die Eignerstrategie sowie die angepassten Statuten.
Anpassungen bei Vertrag, Strategie, Statuten
Im ABV ist geregelt, dass innerhalb einer Frist von fünf Jahren Aktien nicht an Dritte veräussert werden dürfen. Danach können Aktionäre einen Teil ihrer Aktien verkaufen. Aufgrund von Vorkaufsrechten können die übrigen Aktionäre ihre Beteiligung mit freiwerdenden Anteilen erhöhen, falls es die Versorgungssicherheit erfordert. Die bisherigen Aktionäre müssen aber mindestens 51 Prozent der Aktien halten. Die Regelung kann mit einem Mindestquorum von 50 Prozent und der Zustimmung von mindestens fünf Vertragsparteien geändert werden.
Die Eignerstrategie legt die gemeinsamen strategischen Ziele der Aktionäre fest. Insbesondere wird sichergestellt, dass Kraftwerke und Stromnetze mehrheitlich direkt oder indirekt im Eigentum der öffentlichen Hand bleiben und von den Kantonen kontrolliert werden. Die Eignerstrategie hat grundsätzlich eine Geltungsdauer von acht Jahren, doch können nach regelmässigen Überprüfungen Anpassungen vorgenommen werden. Zudem soll die Axpo auf zusätzliche Beteiligungen im Bereich der Kernenergieproduktion verzichten.
Mehrheit ausreichend
Im Kanton Aargau, wo der Hauptsitz des Konzerns liegt, ist zur Ablösung des NOK-Gründungsvertrags eine Anpassung des Energiegesetzes nötig. Die Ausgestaltung des ABV und der Eigenerstrategie sowie die Anpassungen bei den Statuten sind in der Botschaft der Aargauer Regierung ans Kantonsparlment dargelegt. Im Aargauer Grossen Rat drehte sich dieses Frühjahr in der zweiten Lesung die Debatte noch um die Frage, ob gesetzlich verankert werden soll, «dass die Wasserkraftwerke sowie die Netze vollständig in öffentlicher Hand der Schweiz verbleiben müssen.»
Dabei ist es nach Ansicht der Regierung ausreichend, dass die Mehrheitsverhältnisse durch die vertragliche Regelung der Eigentumsrechte gewährleistet sind. Es sei keine realistische Option, dass Netze und Kraftwerke zu 100 Prozent im Eigentum der öffentlichen Hand sein müssten. Allerdings soll die Kompetenz des Grossen Rats bei Fragen der Mehrheitsbeteiligung gesetzlich festgelegt werden. Damit erhält das Kantonsparlament zukünftig mehr Mitspracherecht. Und die Axpo soll in Schweizer Hand bleiben. Bereits bei der ersten Beratung im Rat war die Anpassung unbestritten.
Entpolitisierung und indirekte Einflussnahme
Die Aktionäre sind nicht mehr direkt im Verwaltungsrat vertreten. Sie können aber über die Eignerstrategie, den ABV und die Statuten sowie durch die Wahrung der Aktionärsrechte indirekt Einfluss auf den Konzern nehmen. Damit sollte auch eine Entpolitisierung rund um das Versorgungsunternehmen erreicht werden. Auch wurde der Verwaltungsrat der Axpo verkleinert.
In den Statuten ist eine Anpassung des Zweckartikels und der Bestimmungen über die Corporate Governance an die heutigen Verhältnissen vorgesehen, wobei die Axpo Holding AG teilweise schon heute die strengeren Vorgaben für eine Börsennotierung erfüllt, auch wenn das Unternehmen dazu eigentlich nicht verpflichtet wäre.
Zustimmung bei Grossaktionären
Jetzt liegt der Ball bei den zuständigen Behörden in den einzelnen Kantonen, die Ablösung des NOK-Gründungsvertrags zu beschliessen, was eine Formsache zu sein scheint. Denn die Verwaltungsräte der vier Kantonswerke AEW, EKT, EKZ, und SAK haben der Ablösung des NOK-Gründungsvertrages durch einen ABV und der neuen Eignerstrategie bereits zugestimmt.
Der Kanton Zürich hält zusammen mit dem Elektrizitätswerke des Kantons Zürich knapp 37 Prozent des Aktienkapitals, der Aargau und die kantonseigene AEW Energie AG gemeinsam 28 Prozent. Die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke AG (SAK Holding AG) sind mit 12,5 Prozent beteiligt, das Elektrizitätswerk des Kantons Thurgau AG (EKT Holding AG) mit 12,25 Prozent, der Rest entfällt auf die Kantone Schaffhausen (rund 7,9%), Glarus und Zug.