14:34 VERSCHIEDENES

Ausstellungstipp: Von Menschen und Maschinen

Teaserbild-Quelle: Jakob Tuggener-Stiftung

Gewaltige Maschinen und winzige Menschen – der Fotograf Jakob Tuggener hat die Welt der Fabriken in eindrücklichen Bildern festgehalten. Davon und von Tuggeners Faszination für Technik erzählt die Ausstellung „Maschinenzeit“ in der Fotostiftung Schweiz in Winterthur.

Jakob Tuggener (1904–88) gehört zu den Ausnahmeerscheinungen der Schweizer Fotografie. Die Ausstellung präsentiert packende Fotografien und Filme aus der Welt der Arbeit und der Industrie. Sie reflektieren die rasante technische Entwicklung, sei es die Textilindustrie im Zürcher Oberland oder der Kraftwerkbau in den Alpen. Und sie zeugen von Tuggeners lebenslanger Faszination für alle Arten von Maschinen: von Webstühlen über Schmelzöfen und Turbinen bis hin zu Lokomotiven, Dampfschiffen oder Rennautos. Tuggener liebte ihren Lärm, ihre dynamischen Bewegungen und ihre unbändige Kraft, und er hielt sie in eindrücklichen Bildern fest. Gleichzeitig beobachtete er die Männer und Frauen, die mit ihrer Arbeit den Motor des Fortschritts am Laufen hielten.

Vom Maschinenzeichner zum Fotografen

Jakob Tuggener kannte die Arbeitswelt in Fabriken aus eigener Erfahrung. Bei der Firma Maag Zahnräder AG in Zürich hatte er eine Ausbildung als Maschinenzeichner absolviert und danach in ihrer Konstruktionsabteilung gearbeitet. Dabei war er auch in die Technik der Fotografie eingeführt worden. ln der Folge besuchte er in Berlin die Reimannschule, eine private Kunst- und Kunstgewerbeschule. Hier befasste er sich intensiv mit Plakatgestaltung Typographie sowie Film und liess sich mit seiner Fotokamera von der Dynamik Grossstadt mitreissen.

Ab 1932, nach seiner Rückkehr in die Schweiz, arbeitete er als freier Mitarbeiter für die Maschinen- fabrik Oerlikon (MFO) für deren Hauszeitung. In diesem Zusammenhang wurde er mit der Aufgabe betraut, eine Art fotografische Innensicht des Betriebs zu erarbeiten. Damit sollte die Kluft zwischen Arbeitern und Büroangestellten und der Geschäftsleitung überbrückt werden. So erschienen bis Ende der 30er-Jahre neben mehrteiligen Reportagen aus den Produktionshallen und Porträtserien von „Mitgliedern der MFO-Familie“ auch einseitige, albumartig angeordnete Bildreihen von unbeachteten Szenen aus dem Fabrikalltag. Zudem schuf Tuggener eine Reihe stummer 16-Millimeter-Kurzfilme, in schwarzweiss und im Spannungsfeld zwischen Fiktion und Dokumentation.

1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, erschien Tuggeners Buch „Fabrik“. Es umfasste eine Serie von 72 Fotografien ohne Text – eine Art Nachzeichnung der Geschichte der Industrialisierung – von der ländlichen Textilindustrie über den Maschinenbau und die Hochspannungs-Elektrotechnik bis hin zum modernen Kraftwerkbau in den Bergen. Zudem konzipierte er zwei weitere Bände: „Schwarzes Eisen“ (1950) und „Die Maschinenzeit“ (1952).

Elegante Frauen und schwitzende Arbeiter

Schon 1930 in Berlin hatte Tuggener begonnen die Bälle der Reimannschule zu fotografieren. Die Atmosphäre dieser Anlässe faszinierte ihn, das Fotografieren in spärlich beleuchteten Räumen erachtete er als grosse Herausforderung. Zurück in Zürich, tauchte er ins lokale Nachtleben ein, er fotografierte an Masken-, Künstler- und Neujahrsbällen. Immer wieder liess er sich von eleganten Damen mit ihren Seidenkleidern, ihren Decolletés, nackten Rücken oder Schultern in eine prächtige Märchenwelt entführen. Obwohl Tuggeners Ballaufnahmen lange nur von einem Insiderpublikum wahrgenommen wurden, sahen viele in ihm schnell „einen meisterhaften Schilderer unserer Welt der starken Gegensätze“, einer Welt im Spannungsfeld zwischen funkelndem Ballsaal und düsterer Fabrikhalle. Tuggener faszinierte beides, den verschwenderischen Luxus und die schmutzige Arbeit, die eleganten Frauen und die schwitzenden Männer. Er empfand sie als gleichwertig und wehrte sich dagegen, als Sozialkritiker eingestuft zu werden. (mai/mgt)

Maschinenzeitbis 28.Januar 2018
Schweizer Fotostiftung Winterthur
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11 bis 18Uhr, Mittwoch 11 bis 20 Uhr
Weitere Inforamtionen:www.fotostiftung.ch

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