Ausstellung «Back to the Future»: Die Zukunft beginnt im Toggenburg
Auch das Toggenburg ist von der Moderne geprägt worden. Vom Neuen Bauen jenseits berühmter Werke und von architektonischen Wagnissen erzählt eine Ausstellung im Toggenburger Museum Lichtensteig.
Hier wird ein Provinzmanhattan mit Flachdachhochhäusern für Flugzeuglandungen zelebriert. Und in der Ferne sind Kamine der prosperierenden Industrie aufgereiht», schreibt Marcel Just, Kurator der Ausstellung «Back tot he Future – Spuren der Moderne im Toggenburg 1920 – 1940» im Toggenburger Museum Lichtensteig, über ein Werk des grafischen Zeichners und Textildesigners Traugott Stauss (1898 – 1952). Dieser hatte 1924 seine Vision vom Wattwil der Zukunft auf Papier festgehalten. Sie ist eines der Ausstellungsstücke, die aufzeigen, wie die Moderne das Toggenburg architektonisch geprägt hat.
Strauss’ Illustration ist etwas weit von der gebauten Realität entfernt. Trotzdem hat sich das Neue Bauen während der Zwischenkriegszeit – wenn auch eher zaghaft – im von der Textilindustrie geprägten, in der Tradition verwurzelten Gebiet ausgebreitet. Von der neuen Ästhetik kündet zum Beispiel das Druckereigebäude aus der Feder des Architekten Fritz Engler (1895 – 1977) in Wattwil. Auf einer Fotografie lugt sie beinahe wie ein Fremdkörper zwischen Giebelhäusern hervor: die 1931 erbaute Blockfabrik (Bild). Laut Just weist sie beinahe das ganze Vokabular der Moderne auf. Sie hat ein Flachdach und Bandfenster, sie ist mit einem auskragenden Treppenhaus ausgestattet und der Name der Firma wurde als moderner Schriftzug auf dem Gebäude angebracht. Ein weiteres Beispiel ist die Bleicherei, die das St. Galler Büro Ziegler und Balmer für das Textildruckunternehmen Heberlein entworfen hatte und die zwischen 1924 und 1925 realisiert worden ist.
Neuartige Architektur fand nicht nur in Industriegebäuden ihren Ausdruck, sondern auch in öffentlichen oder Wohnbauten. Dies gilt etwa für die seinerzeit spektakuläre Innenraumgestaltung des Kino Eos, dessen Wände Traugott Stauss mit geometrischen Flächen in verschiedenen Grautönen schmückte. Oder für Anbauten wie jene des Hotels Sternen in Unterwasser, das Architekt Hans Brunner mit einer Art Schiffsbug versehen hatte. Die Ausstellung findet zu einem passenden Zeitpunkt statt, schliesslich wird das Bauhaus dieses Jahr hundert Jahre alt. Damit macht sie neugierig auf Neues Bauen jenseits berühmter Werke. Wem die Schau nicht genügt, der nimmt an Führungen in Wattwil und Lichtensteig teil, die Marcel Just anbietet. (mai)
Weitere Infos zu den Führungen
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