09:11 VERSCHIEDENES

Nervenkitzel auf dem ferrariroten Oldtimer

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: zvg

190 Meter hoch ist die Hängebrücke von Niouc VS. Vor fast 100 Jahren war das Weltrekord. Danach geriet die für die Wasserversorgung gebaute Überquerung in Vergessenheit, bis ein Verein die Hängebrücke über die Schlucht im Val d’Anniviers 1988 wieder Instand setzte. Heute führen Wanderrouten über die «Spinnenbrücke» oder Bungee-Jumper in die Tiefe.

Der Bau der Hängebrücke von Niouc VS vor bald 100 Jahren war eine technische Meisterleistung, die in schwierigem Gelände realisiert wurde. 190 Meter spannt sich die Konstruktion über die Schlucht des Flusses Navizence und galt damals als die höchste Brücke der Welt. Die spektakuläre Überquerung konnten auch Fussgänger nutzen, doch war der eigentliche Zweck die Sicherstellung der Wasserversorgung auf den trockenen Talflanken oberhalb von Siders. 

Eigenes Wasserkraftwerk

Im nahen Chippis hatte die 1887 gegründete Aluminium Industrie AG (AIAG) 1908 ein neues Werk in Betrieb genommen und ein eigenes Wasserkraftwerk gebaut, welches das Nutzwasser von der Navizence bezog. Der Standort im Wallis war ideal, denn die Aluminium-Schmelzflusselektrolyse benötigt viel Strom. Das Leichtmetall fand Ende des 19. Jahrhunderts rasch Verbreitung und viele Anwendungsfelder, sodass das Unternehmen die Produktion zügig hochfahren konnte und im Verlaufe der Jahre im Wallis zu einem wichtigen Arbeitgeber wurde. Später kamen in Siders und Steg Walz- und Presswerke dazu. 

Doch wurden gleichzeitig die Emissionen der Fabrik den Bewohnern in der Umgebung von Chippis zur Belastung. Das Gebiet rund um den Weiler Briey, an der linken Flanke des Haupttals gelegen, sollte Ausweichmöglichkeiten für Menschen und Vieh bieten. Um dort den Ertrag von Äckern zu steigern und neue Weidegründe zu erschliessen, musste das Bewässerungsnetz ausgebaut und zusätzliche Wassermengen über die bestehenden Fuhren, Suonen oder Bisse genannt, zu den Feldern geführt werden. Schliesslich einigte sich die Consortage de Bisse de Briey mit den Kraftwerkbetreibern, jeweils von April bis September das Überlaufwasser oberhalb der Druckleitung zu nutzen.

Verein setzte Hängebrücke Instand

Dazu musste das Wasser von der Zuführleitung des Kraftwerks auf der rechten Talseite des Val d’Anniviers über die Schlucht auf die gegenüber liegende Seite geleitet werden. Eine Reihe von Varianten wurde geprüft, auch war eine Realisierung in der Zeit des ersten Weltkriegs schwierig. 1921 standen noch zwei Brückenprojekte im Wettbewerb. Am Ende fiel der Entscheid für eine 220 Meter lange Hängebrücke, über die eine Siphonleitung zur Bisse führt. Gebaut wurde die Brücke vom Unternehmer César Zufferey.

Mit dem Bau von modernen Wasserleitungsnetzen und Quellfassungen sowie der Erschliessung der Täler durch Strassen und Seilbahnen verlor die Hängebrücke allmählich ihre Funktion und wurde in der Folge nicht mehr unterhalten. Der 50 Zentimeter breite Holzstegs wurde morsch, die Passage über die Brücke zum waghalsigen Unterfangen. Ein 1988 gegründeter Verein setzte die Brücke dank Spendengeldern und viel Freiwilligenarbeit wieder Instand. Seit 1997 suchen Bungee-Jumper auf der Brücke – immerhin noch eine der höchsten Europas – den Adrenalinkick. Auch Seilrutschen bieten die Organisatoren vor Ort an. Für Spannung ist auf jeden Fall gesorgt – auf der Pont suspendu.

Geschrieben von

Redaktor Baublatt

Seine Spezialgebiete sind wirtschaftliche Zusammenhänge, die Digitalisierung von Bauverfahren sowie Produkte und Dienstleistungen von Startup-Unternehmen.

E-Mail

Auch interessant

Anzeige

Firmenprofile

LST Swiss AG

Finden Sie über die neuen Firmenprofile bequem und unkompliziert Kontakte zu Handwerkern und Herstellern.

Reports

analyse

Kostenfreie Reports zur Bauindustrie

Jetzt noch mehr inhaltsstarke Quartalsanalysen, kostenlos für Baublatt Abonnent*innen. Neben der Baublatt Analyse, die neu «Baublatt Project Categories» heisst, erhalten Sie ab April 2025 zwei brandneue Reports als Zusatz. Erfahren Sie hier was «Baublatt Top Players» und «Baublatt Regional Projects» zu bieten haben – wie gewohnt digital, prägnant und graphisch auf den Punkt gebracht.

Dossier

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten
© James Sullivan, unsplash

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten

Dieses Dossier enthält die Artikel aus den letzten Baublatt-Ausgaben sowie Geschichten, die exklusiv auf baublatt.ch erscheinen. Dabei geht es unter anderem um die Baukonjunktur, neue Bauverfahren, Erkenntnisse aus der Forschung, aktuelle Bauprojekte oder um besonders interessante Baustellen.

Bauaufträge

Alle Bauaufträge

Newsletter abonnieren

newsico

Mit dem Baublatt-Newsletter erhalten Sie regelmässig relevante, unabhängige News zu aktuellen Themen der Baubranche.