Landschaftskunst an der Art Safiental erwandern
Das Bündner Safiental lockt derzeit zur analog-digitalen Kulturwanderung. Unter freiem Himmel können Besucher vielfältige Installationen von 18 Künstlerinnen und Künstlern entdecken – teils mithilfe des eigenen Smartphones.
Quelle: Micha Bietenhader
Erinnert an eine digitale Bildstörung, ist aber ganz real: die Installation des Künstlerduos frölicher / bietenhader.
Ist diese Bildstörung nun digital oder doch analog? Das
dürften sich die verwirrten Betrachter eines alten Walser Stalls fragen, der oberhalb
von Bäch im Safiental steht. Während der dritten internationalen Biennale für
zeitgenössischen Landschaftskunst präsentiert sich der von der Sonne versengte
Holzbau in einem real nachgebauten bunten Pixelfehler des Künstlerduos frölicher
/ bietenhader.
«Analog-Digital» lautet denn auch das Motto der
Freilicht-Ausstellung Art Safiental 2020, die es auf dem ganzen Gebiet der
Gemeinde Safiental GR im Naturpark Beverin – von der Rheinschlucht bis zum
Turrahus und hoch hinaus – kostenlos zu erleben gibt. 18 internationale
Künstlerinnen und Künstlern zeigen hier noch bis am 1. November ihre
Installationen an der Schnittstelle zwischen analog und digital.
Praktisch alle Werke sind durch Wanderwege erschlossen und
die meisten davon sind auch ohne technische Hilfsmittel erfahrbar. Nur für die
Augmented-Reality-Arbeiten muss der Besucher vorgängig eine kostenlose App aufs
eigene Smartphone runterladen.
Wie real ist die Realität?
Gleich drei Werke basieren auf AR, der mittels Überlagerung
von realen und computergestützten Ebenen erweiterten Realität. Die Amerikanerin
Nancy Baker Cahill nutzt hierzu ihre selbst entwickelte App «Fourth Wall», mit
welcher die Besucher 3D-Werke der Künstlerin in freier Natur erleben werden. Der
Bündner Curdin Tones und der Holländer Jan Robert Leegte erschaffen mit
AR-Kunst zwei Hausfassaden in Valendas und in Camanaboda neu.
Andere Künstler arbeiten mit Virtueller Realität (VR), also der
Darstellung und Wahrnehmung einer computergenerierten Wirklichkeit in Echtzeit
und im Falle der Art Safiental interaktiv und mit Videobrille. Der Deutsche
Manuel Rossner nistet sich mit seinem Hochleistungsrechner in einem Safier
Stall ein. Die Besucher können mit einer Videobrille in ein 3D-Modell des
Safientals eintauchen und dort digitale Skulpturen des Künstlers virtuell
erwandern.
Durchaus körperlich geht es dagegen bei der Virtual-Reality-Installation
des dreiköpfigen Künstlerkollektivs Fragmentin aus Lausanne zu: Auf dem 2283 Meter
hohen Schlüechtli stösst man auf eine solarbetriebene Wetterstation. Durch das
VR-Headset kann man nicht nur die reale Landschaft digitalisiert erleben, auch
Wetterdaten werden vom Rechner sichtbar gemacht.
Werke mit Tiefgang
Einige der Kunstschaffenden haben ihre Arbeit bereits seit
über einem Jahr entwickelt. So nutzte etwa die Französin Melodie Mousset
letzten Sommer die Wartungsarbeiten der Kraftwerke Zervreila, um im leeren Wasserstollen
über sieben Kilometer von Safien Platz nach Thalkirch durch den Berg zu laufen.
Dabei entstanden ein Film und Fotoarbeiten, die die nun ausserhalb der sonst
verborgenen Röhre in Thalkirch präsentiert werden.
Der Glarner Patrick Rohner tastete mit einer Drohne das
Delta der Rabiusa beim Eintritt in die Reinschlucht ab. Seine mehrteilige
Arbeit «Die Natur kennt keine Katastrophen» thematisiert den Klimawandel im
Safiental – und verknüpft diesen mit einer ähnlichen Situation im Bergell, wo
Rohner den zweiten Teil der Arbeit an der zeitgleich stattfindenden Biennale
Bregaglia 2020 präsentiert und so die beiden Biennalen verbindet.
Weitere Infos www.artsafiental.ch
Quelle: Curdin Tones
Mit Augmented Reality erschafft der Bündner Curdin Tones eine Hausfassade neu.