Architekturführer Liechtenstein: Im Osten viel Neues
Das Gute liegt so nah. Oder vielmehr spannende neuere Bauten. Davon erzählt der Architekturführer zum Fürstentum Liechtenstein, der vor Kurzem erschienen ist.
"Eine hohe Architektendichte ist in Liechtenstein vorhanden", konstatiert Nils Estrich im Vorwort zum Architekturführer Liechtenstein, der im Verlag "DOM publishers" erschienen ist. Viele Architekten hätten ihre Ausbildung im Ausland abgeschlossen, hauptsächlich in der Schweiz oder in Österreich. Dennoch sei Liechtenstein "schlicht und einfach zu klein", um auch in seiner Baukultur autark zu sein. Eine eigenständige Liechtensteiner Baukultur lässt sich laut Estrich nicht herauskristallisieren. Gut möglich, dass dieser Umstand den architektonischen Reiz des Fürstentums ausmacht: Dank seinen vielfältigen Bauten ist es ein regelrechtes Freiluftmuseum für jüngere Archi-
tektur.
Insgesamt stellt der Band rund 170 Bauwerke vor. Darunter sind auch ältere Kleinode wie das 1974 eröffnete Centrum für Kunst aus der Feder des Exilkubaners Ricardo Porro: Wegen seiner Fassade aus golden schimmernden Stäben scheint es selbst bei grauem Himmel zu leuchten. Die Inspiration dazu hat Porro in der alpinen Landschaft gefunden, im Erz und den Kristallen und in einem mythischen Bergriesen. Das Museum ist auch eines der Werke, die der Führer unter "Sechs Bauten, die man gesehen haben muss" auflistet: Das Kapitel spannt den Bogen vom 1933 errichteten "Haus Dr. Zickert" des Liechtensteiner Architekten Ernst Sommerlad, das ganz dem Neuen Bauen verpflichtet ist, bis hin zum Marxer Haus. Wie das Werk von Sommerlad befindet sich dieses in Vaduz. 2017 fertig gestellt, gilt es als wegweisendes Plus-Energie-Haus. Esversorgt sich selbst mit Energie, indem es Geothermie und Solarenergie zum Heizen nutzt sowie Photovoltaik zur Stromerzeugung.
Demjenigen, der wenig Zeit hat legt der Führer unter "Power Sightseeing in 15 Minuten" das Vaduzer Regierungsviertel nahe. Dieses umfasst mehr als 500 Jahre Baugeschichte, vom Landesmuseum, dessen nördlicher Gebäudeteil aus dem 15. Jahrhundert stammt, bis hin zum 2008 in Betrieb gegangenen Landtagsgebäude aus der Feder des deutschen Architekten Hansjörg Göritz. Wer mehr Zeit hat, begibt sich auf eine der Velotouren oder auf die Wanderung, die der Band vorschlägt. Daneben bietet der handliche Führer interessanten Lesestoff und viele Hintergrundinformationen.
Kurz: Er macht neugierig auf das, was beinahe vor der Haustüre liegt und darum leicht übersehen wird.
Architekturführer Liechtenstein, Nils Estrich,
«DOM publishers», 328 Seiten, 500 Abbildungen,
ISBN 978-3-86922-510-4 , 51 Franken 90