Architekturführer Kabul: Es blüht in den Ruinen
Während Jahrhunderten war Kabul eine reiche Handelsstadt, ein bunter Schmelztiegel von Kulturen und Religionen. In den 1970er Jahren avancierte Kabul zum beliebten Reiseziel von Hippies, die auf dem «Hippie Trail» nach Südasien zogen. Ein Architekturführer nimmt den Leser mit auf einen sehr persönlichen Rundgang durch die Metropole.
1979 besetzte die Sowjetunion die Stadt am Hindukusch. Schliesslich wurde sie das Zentrum eines blutigen, zehn Jahre dauernden Bürgerkriegs. Gotteskrieger, Fundamentalisten und Warlords verwandelten sie in ein einziges Ruinenfeld. Von der Spur aus Tod und Verwüstung, die sie hinterlassen haben, ist die Metropole bis heute gezeichnet.
Aber sie hat auch ein anderes Gesicht: «Dass Kabul noch da ist und trotz allem von Energie und Lebenslust durchflossen wird, zeugt vom zähen Durchhaltewillen seiner Einwohner (…) und davon, dass ihre Stadt bessere Zeiten erlebt hat. Und wieder erleben könnte», schreibt der deutsche Journalist Jan Dimog in seinem kürzlich erschienen Architekturführer über Kabul. Er nimmt den Leser mit auf einen sehr persönlichen Rundgang durch Kabul, indem er vom Alltag und eigenen Erlebnissen erzählt. Zudem berichtet er von Begegnungen mit Architekten, Bauleuten sowie Künstlern und davon, was sie umtreibt.
Im Zentrum des Führers stehen 50 ausgewählte Projekte. Sie umfassen historische Bauten wie der im 16. Jahrhundert angelegte und vor rund zehn Jahren wieder aufgebaute Garten des Mogulreich-Begründers Babur Shah, das Skatezentrum für Kinder und Jugendliche «Skateistan», Afghanistans erste Plattenbausiedlung oder ein luxuriöses Einkaufszentrum. Daneben stellt Dimog auch Bauwerke vor, die erst auf dem Papier bestehen. Dies gilt für das geplante neue afghanische Nationalmuseum der spanischen «AV62 Arquitectos». Ein weiteres Thema ist die Kunstszene. Dazu gehören die «Art Lords», von denen auch die Aufnahme rechts stammt. Die Künstlergruppe hat sich vor allem der Street-Art verschrieben, ihre Mitglieder nutzen die vielen Schutzmauern als Leinwand für ihre Werke. «Es ist keine Kunst, eine Stadt zu verschönern», zitiert Dimog den «Art Lord» Kabir Mokamel. «Aber diese Sprengschutzmauern machen aggressiv und verpassen der Stadt eine einschüchternde Wirkung. Mauern sind gewalttätig. Daher unser Ansatz Mauern zu einer schönen Erfahrung zu machen.» Solche Geschichten machen neugierig auf eine Stadt, die wohl bei den wenigsten ganz oben auf der Liste der Städte steht, die man unbedingt einmal besuchen will.