Über 400 grosse Gruben im Grund von Stonehenge entdeckt
Stonehenge dürfte eine der am intensivsten erforschten archäologischen Stätten sein. Dennoch birgt ihr Grund Geheimnisse. Ein Forschungsteam der Universität Birmingham und der Universität Gent hat im Umfeld der prähistorischen Anlage mehr als 400 grosse und Tausende kleiner Gruben entdeckt.
Quelle: Ankti Sood, Unsplash
Der Grund um Stonehenge birgt Geheimnisse.
Eine der ältesten Vertiefungen ist vor mehr als 10‘000 Jahren in ein Stück Kreidefels gehauen worden, sie ist rund zwei Meter tief und etwa vier Meter breit. Entdeckt werden konnten sie und weitere solcher Gruben mit Hilfe „einer einzigartigen Kombination“ aus Daten der ersten umfassenden elektromagnetischen Untersuchungen des Bodens im Gebiet um Stonehenge, aus über 60 geowissenschaftlichen Bohrungen und aus 20 archäologischen Grabungen. Dies schreibt die Universität von Birmingham in einer Medienmitteilung.
Grabungen und Geophysik
Die Kombination aus modernster Geophysik und „traditioneller Archäologie“ habe ansonsten nur schwer zugängliche archäologische Zeugnisse rund um Stonehenge ans Licht gebracht, sagt Philipp de Smedt von der Universität Gent. „Geophysikalische Messungen helfen, sichtbar zu machen, was sich unter der Oberfläche einer Landschaft verbirgt“, führt der Wissenschaftler aus. Die mit diesen Daten erstellten Karten lieferten eine detaillierten Überblick über die unterirdische Merkmale des Bodens und trugen dazu bei, dass er mit einer laut de Smedt „noch nie dagewesenen Präzision“ erforscht werden konnte. „Auf dieser Grundlage hat man unterirdischen Ablagerungen Proben entnommen, sodass die komplexen Veränderungen, die wir in der Landschaft entdeckt haben, archäologisch einordnen konnten.“
De Smedt und seine Kollegen konnten so mehr als 400 grosse Gruben, respektive Gruben mit einem Durchmesser von mehr als 2.5 Metern, bei Stonehenge ausmachen. Sechs davon sind ausgegraben worden, sie lassen sich je nachdem auf die Zeit des frühen Mesolithikums – zirka 8000 v. Chr. – und bis zur mittleren Bronzezeit – zirka 1300 v. Chr. – datieren.
Fallen für Auerochsen, Rothirsche und Wildschweine
Als aussergewöhnlichen Fund wertet das Forschungsteam die Grube aus dem Mesolithikum oder vielmehr aus der Zeit zwischen 8200 bis 7800 v. Chr. Vermutlich diente sie als Jagdfalle für Grosswild wie Auerochsen, Rothirsche und Wildschweine. Sie gelte nicht nur als eine der frühesten der wenigen mesolithischen Fundstellen in der Nähe von Stonehenge, sondern auch als grösste bekannte frühmesolithische Grube in Nordwesteuropa, heisst es dazu in der Medienmitteilung. Zudem zeigen die von de Smedt und seinen Kollegen erstellten Karten, dass sich Gruben mancherorts häufen und dass sie im Lauf der Jahrtausende immer wieder aufgesucht worden sind. Das gilt vor allem für diejenigen in den höher gelegenen Gebieten östlich und westlich von Stonehenge. – Solches legt wiederum nahe,dass Stonehenge mehr als eine Kultstätte gewesen sein dürfte.
„Was wir sehen, ist keine Momentaufnahme eines einzigen Augenblicks“, kommentiert Paul Garwood von der Universität Birmingham, die entdeckten Gruben. Sie decken mehrere Jahrtausende Menschheitsgeschichte ab, die ersten waren von Jägern und Sammlern des frühen Holozäns angelegt worden und die jüngsten von Bewohnern Bauern der späteren Bronzezeit. Sie wiederspiegeln damit, dass die Nutzung der Landschaft einem stetigen Wandel unterworfen war.“ (mai)