Prächtiges Deckengemälde im Tempel von Esna entdeckt
Etwa 60 Kilometer südlich von Luxor liegen die Überreste eines dem altägyptischen Schöpfergott Chnum geweihten Tempels, heute als Tempel von Esna bekannt. Seine Mauern bergen einen Schatz: ein farbenprächtiges, reliefartiges Deckengemälde. Das Gemälde gelangte erst vor Kurzem ans Licht.
Quelle: Roland Unger, eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Bereits zu Zeiten Napoleons erregte der Pronaos respektive die Vorhalle des Tempels von Esna das Interesse von Fachleuten, weil man in ihm ein Idealbeispiel altägyptischer Tempelarchitektur erkannte.
Konkret handelt es sich Darstellungen der Kronengöttinnen Nechbet und Wadjet. Entdeckt haben die Bilder ein Team um Christian Leitz vom Institut für Alte Kulturen des Orients der Universität Tübingen und Hisham el-Leithy vom ägyptischen Ministerium für Tourismus und Altertümer. Die Forscher arbeiten seit rund vier Jahren an der Freilegung der Reliefs, Malereien und Inschriften des Tempels. Zudem sind sie daran, ihre ursprünglichen Farben wieder sichtbar zu machen.
„Tempel und Götterdarstellungen des Altertums waren oft mit leuchtenden Farben bemalt, die aber durch äussere Einflüsse meistens verblasst oder vollständig verschwunden sind“, erklärt Leitz. Der Tempel von Esna hatte Glück: Seine Farben sind beinahe 2000 Jahre von einer Schmutz- und Russschicht bedeckt gewesen und blieben auf diese Weise erhalten.
Zustand der Farben „einzigartig“
Die nun ans Licht gebrachten Malereien sind laut Medienmitteilung der Universität Tübingen auch der Fachwelt in ihrer Farbenpracht bislang unbekannt gewesen. „Der französische Ägyptologe Serge Sauneron hat ab den 1950er-Jahren den Tempel von Esna und die damals sichtbaren Bildwerke systematisch dokumentiert“, erklärt dazu Daniel von Recklinghausen von der Universität Tübingen. „Das Bildprogramm des Tempels ist hinsichtlich des Reichtums der Darstellungen und des Erhaltungszustands der Farben einzigartig.“
Bislang konnten von den Decken über die Hälfte und von den 18 Säulen acht gesäubert, konserviert und dokumentiert werden. Darüber hinaus sind nun im mittleren Deckenabschnitt die beiden Architrave– horizontale Balken, die den Oberbau tragen – von Russ befreit worden. „Damit lassen sich erstmalig sämtliche Dekorationselemente zueinander in Beziehung setzen“, so Leitz. „Dies war allein mit der Publikation Saunerons unmöglich.“ (mai/mgt)
Der Tempel von Esna
Quelle: Ernst Weidenbach / W. Leuillot
Säulenhalle des Tempels von Esna. Illistration aus "Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien", Band II von 1849, Autor Richard Lepsius, Illusrationen Ernst Weidenbach und Lithographien W. Leuillot.
Von dem Tempel in Esna, der zu einem grossen Teil in der ptolemäischen Epoche enstanden ist, ist nur noch die Vorhalle – respektive der so genannte Pronaos – erhalten geblieben, allerdings vollständig. Mit 37 Metern Länge, 20 Metern Breite und 15 Metern Höhe ist der Sandsteinbau spätestens unter dem römischen Kaiser Claudius, zwischen 41und 54 n. Chr., vor das eigentliche Tempelgebäude gesetzt worden. Dieser Anbau dürfte laut Fachleuten den bestehenden Tempel in den Schatten gestellt haben.
Vermutlich hat die Lage mitten im Stadtzentrum dazu beigetragen, dass die Vorhalle erhalten geblieben ist und nicht wie andere Gebäude während der Industrialisierung Ägyptens für die Gewinnung von Baumaterial als Steinbruch zweckentfremdet worden ist. – Bereits zu Zeiten Napoleons erregte der Pronaos in Fachkreisen viel Aufmerksamkeit, weil man in ihm ein Idealbeispiel altägyptischer Tempelarchitektur erkannte. (mgt/mai)
Weitere Informationen und Bilder auf der Website der Universität Tübingen.