Archäologen haben 5000 Jahre alten Palast in Girsu entdeckt
Girsu – heute Tello im Süden des Irak – ist eine der ältesten bekannten Städte der Welt, errichtet hat sie das Volk der Sumerer. Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes sind der Herrscherpalast und eine Tempelanlage entdeckt worden.
Quelle: Sébastien Rey, The Girsu Project
Luftaufnahme des Tempelhügels von Girsu, Blick nach Süden, mit dem ummauerten heiligen Bezirk im Hintergrund. Die Überreste stammen aus der Zeit zwischen 3.000 v. Chr. bis 2.000 v. Chr.
Vor rund 5000 Jahren erfand das Volk der Sumerer die Schrift,
entwickelte ein Rechtssystem und gründete in der Region zwischen Euphrat und
Tirgris Städte. Als Entdecker der
Hochkultur gilt der französische Archäologe Ernest de Sarzec: Etwa zwei Jahrzehnte nachdem Kollegen auf die
Überreste der sumerischen Metropolen Ur, Uruk und Lagasch – ebenfalls im heutigen Irak –
gestossen waren, begann de Sarzec mit Grabungen in Tello, einer
Ortschaft rund 200 Kilometer nördlich von Basra. Er stiess dort auf die Mauern
von Girsu, einer weiteren sumerischen Metropole, deren Anfänge bis ins vierte
Jahrtausend v. Chr. zurückreichen.
Unter anderem förderte de Sarzec damals eine Gruppe von Gudea-Statuen zu Tage, steinerne Abbilder des gleichnamigen Fürsten von Lagasch. Später sollten zahlreiche Funde hinzukommen. Archäologisch bedeutend sind nebst einer Zikkurat, einer Art Stufenpyramide, und einem Tempel 50‘000 Verwaltungsdokumente in Form von Keilschrifttafeln.
Nun ist ein weiterer Fund hinzugekommen: die Ruinen des
Palastes der Herrscher von Girsu aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. Entdeckt hat
die unter der Erde verborgenen Mauern ein Team des Britischen Museums, der
irakischen Antikenbehörde sowie des J. Paul Getty Trust und Museums mit Hilfe
von geophysikalischen Prospektionsmethoden und Analysen von Drohnenaufnahmen im
Rahmen eines gemeinsamen Projektes, bei dem Girsu erforscht wird.
Daneben konnten die Forscher auch einen Eninnu-Tempel lokalisieren: Das dem Stadtgott Ningirsu geweihte Heiligtum stammt aus der Zeit zwischen 2000 und 3000 v. Chr. Von der Kultstätte wusste man bislang lediglich dank schriftlicher Überlieferungen aus Girsu.
Licht in die Vergangenheit der sumerischen Kultur
Nach wie vor
sei das Wissen über die sumerische Kultur begrenzt, erklärt Hartwig Fischer,
Direktor des Britischen Museums. Die Grabungen in Girsu und die Entdeckung von Palast und Tempel haben laut Fischer „enormes Potenzial“, Licht
in das Dunkel der Vergangenheit zu bringen. – So legt der aktuelle Fund laut den
Wissenschaftlern nahe, dass sich im Grund noch weitere antike Überreste befinden.
Mittlerweile konnten erste Lehmziegelmauern des Palastes identifiziert werden. Zudem haben die Archäologen über 200 Keilschrifttafeln zutage gefördert, die im 19. Jahrhundert in die Abraumhalden geworfen und nun in das irakische Museum in Bagdad überführt worden sind. Im Verlauf der letzten zwei Jahrhunderte hat die Stätte im Verlauf der letzten Jahrhunderte unter Zerstörungen gelitten, sei es durch Ausgrabungen im 19. Jahrhundert, bei Konflikten im 20. Jahrhundert und Plünderungen. (mai)
Quelle: Das Girsu-Projekt
Archäologische Überreste des Palastkomplexes, gefunden unter den Schutthalden der Grabungen des 19. Jahrhunderts.
Quelle: The Girsu Project and artefacts-berlin.de 005:
Rekonstruktion des E-ninnu-Tempels von Girsu, der dem Gott Ningirsu geweiht war.
Quelle: Foto von Sébastien Rey, The Girsu Project
Luftaufnahme der französischen Ausgrabungen, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert auf dem Tempelhügel durchgeführt worden sind. Zu sehen sind ausgedehnte Rampengräben und grossflächige horizontale Gruben sowie ein langer, schmaler, tiefer Graben, der von Norden nach Süden verläuft, und einige Gruben.
Quelle: Foto von Dani Tagen, The Girsu Project
Der dem Gott Ningursu geweihte Tempel aus Zeit um 2.100 v. Chr.: Ein Blick auf die Ausgrabungen des Teams des Britischen Museums und im Hintergrund eine Abraumhalde aus dem 19. Jahrhundert, die die archäologischen Überreste überragt.