Patrick Schoeck: «In Kreisläufen denken und handeln»
Wie gelingt das Umdenken in Richtung Kreislaufwirtschaft und CO2-Neutralität? Das fragt sich Patrick Schoeck in seiner Kolumne. Nur wenn wir gemeinsam unser Wissen und unsere Erfahrung teilen und miteinander neue Wege suchen, wird unser Handeln enkeltauglich und zukunftsorientiert, ist der Geschäftsleiter des Bundes der Schweizer Landschaftsarchitektinnen und -architekten (BSLA) überzeugt.
Quelle: BSLA
Patrick Schoeck ist Geschäftsleiter des Bund der Schweizer Landschaftsarchitektinnen und -architekten (BSLA).
Baustellen verursachen heute rund 80 Prozent der Abfallmenge in der Schweiz. Auch wenn sich viel unbedenklicher Aushub in die Statistik mischt: Die Bau- und Planungsbranche steht vor immensen Herausforderungen: Die Deponien sind voll, und noch immer wird viel zu viel Material nicht im Sinne der Kreislaufwirtschaft wieder- und nachverwertet.
Die grossen Investoren – Bund, Kantone und institutionelle Anleger – haben sich Nachhaltigkeitsziele auferlegt. Bis 2050 muss auch die Bau- und Planungsbranche nachhaltig wirtschaften. Lösungen sind zu liefern. Wer seine Geschäftsmodelle nicht aktualisiert, wird über kurz oder lang auf der Strecke bleiben. Nur: Wie gelingt das Umdenken in Richtung Kreislaufwirtschaft und CO2-Neutralität? Und wie gelingt es, jahrzehntealte Gewissheiten infrage zu stellen und daraus Kraft für die Zukunft zu schöpfen?
Auch der Bund Schweizer Landschaftsarchitektinnen und -architekten (BSLA) ist gefordert. Die Fachleute der Landschaftsarchitektur müssen heute bereits Antworten auf den Klimawandel und den Verlust an Biodiversität liefern. Auf immer weniger Fläche müssen immer mehr Anliegen auffangen und in ästhetische und nachhaltige Projekte überführt werden.
Die Anpassung an sich radikal ändernde Verhältnisse verlangt
ein Umdenken und eine Neuerfindung von allen Akteuren. Nur wenn wir gemeinsam
unser Wissen und unsere Erfahrung teilen und miteinander neue Wege suchen, wird
unser Handeln enkeltauglich und zukunftsorientiert. Der im März veröffentlichte
Standpunkt «Kreislauffähigkeit in der Landschaftsarchitektur» bietet einen
Impuls und Input zum Dialog. Der BSLA wirft sechs Punkte in den Ring. Sie
sollen Anreize bieten, um über das eigene Handeln nachzudenken, und in den
Dialog über die Zukunft unserer Brachen zu diskutieren.
1.Den Bestand wertschätzen und erhalten: Bestehende Elemente
wie Topografie, Boden, Artenzusammensetzung oder alte Bäume sind das Ergebnis
historischer Kreisläufe und sollten die Ausgangslage der Auseinandersetzung mit
Projekten bilden.
2. Demontierbarkeit und Nachnutzung gewährleisten:
Materialien sind so zu planen, dass sie nach der Nutzung vollständig recycelbar
sind. Sortenreine Demontierbarkeit und Wiederverwertbarkeit der Baumaterialien
müssen von Beginn an ein integraler Bestandteil der Planung sein.
3. Digitale Ressourcenpässe für verbessertes
Ressourcenmanagement etablieren: Materialpässe dokumentieren kreislauffähige
Materialien und minimieren Bauabfälle. Mithilfe von BIM- und LIM-Methoden
können diese Daten im Planungsprozess integriert und Ökobilanzmethoden
angewendet werden.
4. Ökologische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale
Werte schätzen: Die Kreislaufwirtschaft bezieht sich nicht nur auf Materialien,
sondern umfasst ebenso ökologische, kulturelle und soziale Werte. Der Einbezug
dieser Werte stärkt den Diskurs und schafft eine neue Dynamik in der Planung
und Organisation von Projekten.
5. Partizipative und konzeptionelle Vielfalt in der
strategischen Planung ermöglichen: Wer über die eigenen Fachgrenzen hinweg an
neuen Lösungen mitarbeitet, fördert Kreativität, ästhetische Vielfalt und trägt
zur Stärkung der Identität bei. Regionale Netze fördern die Kreislaufwirtschaft
und die nachhaltige Wertschöpfung.
6. Kreislaufwirtschaft betrifft alle Phasen: Von der
Bestandsanalyse bis hin zur Pflege müssen Prinzipien der Kreislaufwirtschaft
konsequent angewendet werden. Gesetzliche Instrumente und flexible
Nutzungsansätze wie «Repurpose», «Reprogram» und «Reuse» unterstützen die
Umsetzung kreislauffähiger Projekte in urbanen und naturbelassenen
Landschaften.