Kolumnen zum Donnerstag: SBV und Unia kreuzen die Klingen
Über 15'000 Bauarbeiter sind in den vergangenen Wochen in der ganzen Schweiz auf die Strasse gegangen. Der Baumeisterverband und die Gewerkschaften konnten sich nicht auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag einigen. Der grösste Zankapfel ist die von den Baumeistern geforderte Flexibilisierung der Arbeitszeiten.
Quelle: Manu Friederich
In Zürich demonstrierten 4000 Bauarbeiter.
Laut der Gewerkschaft Unia handelt es sich um «die grösste Protestbewegung seit über zehn Jahren»: Seit Mitte Oktober haben in der ganzen Schweiz über 15 000 Bauarbeiter für die Rente mit 60 und ihren Gesamtarbeitsvertrag demonstriert. 3000 Bauarbeiter protestierten in Bellinzona. In Genf haben je 2500 Bauarbeiter während zwei Tagen ihre Arbeit niedergelegt. In den Kantonen Fribourg, Wallis, Neuenburg und Jura waren es über 1500 Bauarbeiter. In Bern gingen 1000 Bauarbeiter auf die Strasse.
Zuletzt zogen jeweils 4000 Demonstranten durch Lausanne beziehungsweise Zürich. In Zürich legten die Bauarbeiter auf der Bahnhofbrücke einen Stopp ein, um gemeinsam zu Mittag zu essen. Aufgerufen zu den Protestaktionen hatten die Gewerkschaften Unia und Syna. Der Hintergrund der herbstlichen Kundgebungen: Der seit drei Jahren gültige Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe (LMV) läuft Ende dieses Jahres aus. Der LMV ist der Gesamtarbeitsvertrag zwischen dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) und den Gewerkschaften Uniaund Syna. Dem Landesmantelvertrag sind in der Schweiz rund 5000 Betriebe angeschlossen.
Der Vertrag regelt die Arbeitsbedingungen von rund 70 000 Angestellten der Baubranche. Die Baumeister sind bereit, die Frührente Bau mit 60 zu sanieren, ohne das Rentenalter zu erhöhen und die Renten zu kürzen. Sie fordern aber mehr Arbeitsstunden, die der Arbeitgeber flexibel einteilen kann. So sollen die auftragsschwachen Wintermonate mit längeren Arbeitstagen im Sommer kompensiert werden können. Das sei vor allem für den Tief- und den Strassenbau wichtig. Über den Umfang kann laut dem SBV diskutiert werden, und weitere «moderate» Lohnerhöhungen seien im Gegenzug nicht ausgeschlossen.
Für die Gewerkschaften sind die Bedingungen klar: Rente mit 60, eine Reallohnerhöhung und keine Verschlechterung im Landesmantelvertrag, das heisst keine erhöhte Flexibilität der Arbeitszeiten. Die Fronten zwischen den Sozialpartnern sind verhärtet. Der Baumeisterverband erklärt, die Verhandlungen seien von den Gewerkschaften über Monate hinweg blockiert worden. Die Gewerkschaften werfen dem SBV ihrerseits vor, sich den Gesprächen zu lange verweigert zu haben. Er habe so eine Lösung unnötig verzögert. Sie seien an einer Verhandlungslösung interessiert. Doch sie bereiteten sich gleichzeitig auch auf einen vertragslosen Zustand ab nächstem Jahr und weitere Streikaktionen vor. Die 18. Verhandlungsrunde zwischen den Gewerkschaften und dem SBV endete vor zwei Wochen ohne Einigung. Die nächste Runde steht am 28. November an. In den untenstehenden Kolumnen legen Nico Lutz, Sektorleiter Bau bei der Gewerkschaft Unia, und Benedikt Koch, Direktor des Baumeisterverbands, ihre Standpunkte dar. (stg)