Kolumne zum Donnerstag: Willkommen in der Kreislaufwirtschaft
In der Kolumne zum Donnerstag schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Andreas Stauffer, Geschäftsführer von Stahlpromotion Schweiz.
Die Zyklen, in denen Konzepte neu erfunden werden, verkürzen sich immer mehr. Noch vor wenigen Jahren war die Nachhaltigkeit der Materialien im Bau ein ganz zentrales Thema. Doch auch wenn man auf die Rezyklierbarkeit der Materialien achtete, hatte das Konzept spätestens beim Abbruch von Gebäuden einen schalen Nebengeschmack und man spürte, dass das Konzept gerade im Bauwesen zu kurz griff. Wüest Partner hat im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu) berechnet, dass durchschnittlich rund 1,2 Kubikmeter Abbruchvolumen pro Einwohner und Jahr in der Schweiz anfallen. Insgesamt geht es um die ungeheure Menge von 10,1 Millionen Kubikmetern Bauabfall. Dies entspricht in etwa einem Würfel mit der Kantenlänge von 70 Zentimetern pro Sekunde, gefüllt mit Verschalungsbrettern, Steinen und abgebrochenen Betonwänden. Es lohnt sich in jedem Fall, unsere Ressourcen schonend zu verwenden. Geht es bei der Nachhaltigkeit klassisch besonders um soziale, ökonomische und ökologische Verträglichkeit, diskutieren wir heute auch den Rückbau und die Wiederverwendung ganzer Gebäude oder von Gebäudeteilen.
Die Ansätze der sogenannten Circular Economy sind die Zukunft der Bauwirtschaft, besonders, wenn man an die Möglichkeiten von Building Information Modeling (BIM) denkt. Hier lassen sich einzeln Teile eines Gebäudes genau identifizieren und es liegen detaillierte Beschreibungen vor. Die Stahl- und Metallbauweise ist für die Wiederverwendung prädestiniert und in der Entwicklung von Konzepten an vorderster Front. Entsprechend haben geschraubte Verbindungen an Bedeutung gewonnen, da sie natürlich sehr einfach demontiert und wieder montiert werden können.
Nicht nur dadurch lassen sich Stahl- und Metallbauten einfach in ihre Bestandteile zurückbauen. Auch die oft zwangsweise detaillierte Planung und Dokumentation unserer Bauweise begünstigen eine Wiederverwendung oder Umnutzung. Ganze Fassadenelemente aus Metall können abgenommen und wiederverwendet werden. Metallwände und Stahlträger können ebenso ihren Weg wieder in ein neues Gebäude finden. Erst wenn eine weitere Nutzung nicht zielführend ist, werden die Teile in den Recyclingkreislauf gegeben. Hier werden sie eingeschmolzen und können häufig ohne Qualitätsverlust in ein neues Produkt eingehen. Teilweise ist es im Sinne des Upcyclings sogar möglich, dass eine höhere Güte entsteht. In Zahlen gesprochen: Stahl und Metall als Baustoffe können bis zu 40 Prozent wiederverwendet werden und sind zu 100 Prozent rezyklierbar!
In der EU wird das Kreislaufwirtschaftspaket als grosser Wurf der Kommission gefeiert. Eine Steigerung der Ressourcenproduktivität soll zwei Millionen neue Arbeitsplätze bringen, das BIP um ein Prozent steigern und die Umwelt entlasten. Die Kreislaufwirtschaft ist hingegen in der Schweiz auf politischer Ebene noch nicht ganz oben auf der Agenda. Der gute Status quo und die hohen Recyclingquoten dürften ein Grund sein. Zudem ist die Schweizer Industrie deutlich weniger abhängig von Rohstoffen. Doch auch in der Schweiz kann man sich dem Thema nicht verschliessen. Der Metall- und Stahlbau ist bereits heute hervorragend aufgestellt. Unser Rohstoff ist nachhaltig und bildet die Kreislaufwirtschaft vorbildlich ab.